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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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Beauclair, A. W. de: Wir Ausnahmen!
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R. Piper & Co. in München
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Briefkasten der Schriftleitung
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Die Industrie und die Künstler, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0206

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202

Die Werkstatt der Kunst.

Heft 15.

und wird euch eher einen Phantasiepreis für ein Gemälde
bezahlen, als einem, von dem man weiß, daß er sein Geld
verjubelt und verpraßt. Und das ist auch ganz in der
Ordnung. Auch ich würde keinen Künstler unterstützen,
der einer trostlos grauen Gegenwart wegen nichts weiter
kann, nichts anderes weiß, als sich einen „christlichen Rausch
antrinken"! Das Trinken ohne Feste feiern ist verwerflich
und gemein, der Gewohnheitstrinker gewiß nie ein Künstler.
Mein Neujahrswunsch wäre, die Rollegen möchten den
Sinn der Zeit verstehen lernen. Reine Zeit war geeigneter,
starke, originale Menschen emporwachsen zu lassen, wie die
jetzige, wo inan alles unter einen Hut packen will und
unter der Flagge: Seid Geschäftsleute! Jawohl, Geschäfts-
leute! Aber im wahren Sinne. Lin kluger Geschäftsmann
weiß etwas aus seinem Geschäft zu machen. Schaut euch
das Leben der alten Meister an. Sie lebten im Strahlen-
glanze ihres eigenen Lebens, in der Szenerie des eigenen,
selbstgeschaffenen Heimwesens, umgeben von Schülern und
Freunden. Reine Zeit ist geeigneter, solche Runstheim-
stätten von neuem ausleben zu lassen. Die Runstvereine
und Dutzendausstellungen würden verschwinden! was soll
man auch dazu sagen, daß selbst Dilettanten von Rünstlern
aufgesordert werden, einen Verein zu bilden, wie ich es
neulich, glaube ich, von Metz aus lesen mußte, welche
Schwächezeichen, welche Ohnmacht. Also soweit kommt es,
daß man vor dein Dilettantismus Angst bekommt und einen
Pakt schließt! Rollegen! Erwacht zu eigener Rrastentfaltung.
wir brauchen keine Vereine, keine Reform des Runst- oder
Geschäftslebcns. wir brauchen nur starke Persönlichkeiten,
in Wahrheit Ausnahmemenschen! Und damit „Prosit
Neujahr"!
Ascona Lago Maggiore, 3t- XII. 07.
W. cks 8sLucls.tr.
k. Plpsr L Qo. 'm Müncken.
Die Firma hat uns in einem Schreiben vom
3s. Dezember vor. Hahres zugesagh daß bis zum
s. Februar alle noch bei ihr lagernden Blätter
zurückgesandt und die Konten erledigt werden sollen.
Line Lrklärung auf die von uns in Heft sO
angcdeuteten Beschwerden der Künstler behält sich
die Firma noch vor. O. W. O. K.
Vrieskalten cler Scbristisrturrg.
8r. X. in Frankfurt a. M. Sie fragten in Heft to
nach einer Run stku pferdruckerei (zum Druck von Radie-
rungen und hauptsächlich für Probedrucke), die von Frank-
furt a. M. am schnellsten zu erreichen und zu empfehlen
sei. — Aus dem Leserkreise wird uns von vielen Seiten
die Runstdruckerei Rünstlerbund G. in. b. H. in
Rarls ruhe i. B. genannt, so daß wir Ihnen einen Ver-
such mit ihr empfehlen können. Die Druckerei ist auf
Steindruck und Rupserdruck gut eingerichtet und verlegt die
Originallithographien des Rünstlerbuudes Karlsruhe.
8. O. in Düsseldorf. Auf Ihre Anfrage erwidern
wir Ihnen, daß der Runstsalon Rrone 6c Lüders, Han-
nover, wenig künstlerische Bedeutung besitzt. Das geht
auch daraus hervor, daß die presse gar keine Notiz von
ihm nimmt und nie Berichte über die dort ausgestellten
Sachen erscheinen. Auch iu Hannoverschen Rünstlerkreisen
besteht keine große Meinung für dies Unternehmen. Rrone
hatte, bevor er sich mit Lüders vereinte, eine Malschule,
wo ein sogenannter Malunterricht gegeben wurde, von ganz
unbedeutenden Leuten. Er selbst ist Raufmann, der da-
neben einen Ritschladen führte. Das ganze führte den
pomphaften Titel „Vereinigte Rünstler-Ateliers",
eine Benennung, die vielleicht auf eine Täuschung des
Publikums auslief. Hätte die Sache noch weiter be-
standen, wären mir wahrscheinlich dagegen angegangen.

Gb das jetzige Unternehmen „reell" im Sinne des Kauf-
manns ist, entzieht sich leider unserer Kenntnis.
X. 8. in Stuttgart. Als „Rünstlerversicherung"
empfehlen wir Ihnen die „Renten- und Pensionsanstalt für
deutsche bildende Künstler" in Weimar, die unter dem Pro-
tektorate Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs von
Sachse,i steht. Die Anstalt hat den Zweck, ihren Mitgliedern
nach den Bestimmungen ihrer Satzung bei Vollendung des
sechzigsten Lebensjahres oder bei eintretender Invalidität
eine Pension zu gewähren. Die Pension besteht in
einer Alters- und Invalidenrente und einem Zuschüsse.
Lassen Sie sich von dort einen Prospekt kommen. Je früher
Sie eintreten, desto geringer ist Ihr jährlicher Beitrag.
Ole Inäultrie rmä Äie Nimsller. II.
DieAdler-Fahrradwerkevorm. Heinrich Kleyer
in Frankfurt am Main halten sich ein eigenes „Lite-
rarisches" Bureau, das die Presse und die Künstler zu
inspirieren hat. Es ist selbstverständlich, daß der „Ehef"
dieses stolzen Literarischen Bureaus ein großer Herr ist,
der nur mit seinesgleichen zu verkehren pflegt. Niemand
wird sich daher wundern, daß er, als seine Firma ihre
Inserate künstlerisch gestalten wollte, sich geradeswegs an
den berühmtesten und teuersten Künstler Münchens wandte.
Dieser wies ihn an einen seiner Schüler, und wenn der
Herr Reklamechef auch hauptsächlich „auf ein erstklassiges
Talent reflektierte", so war es ihn: doch recht, einem weniger
bemittelten Künstler eine „angenehme" Einnahmequelle zu
eröffnen.
Nun, der Schüler, ein begabter Künstler, sandte
Proben seiner bisherigen Arbeiten, die sehr gefielen, und
wurde gebeten, „in kurzen Zügen" Entwürfe „verfertigen
zu wollen". Man gab ihn: dazu folgende Direktive: „Die
deutsche Märchenwelt ist schon oft Gegenstand moderner
Reklamekünstler geworden, und so wäre es vielleicht auch
möglich, wenn Sie das Märchen vom Schneewittchen ver-
wenden könnten. Das Erwachen des Schneewittchen iu
seinem Glassarge, während des Transportes durch
ein Automobil, wobei als Lhauffeur der Königs-
sohn verwendet werden kann und als lachende
Leidtragende die sieben Zwerge." Man sieht, der
Ehef des Literarischen Bureaus empfindet wahrhaft lite-
rarisch. Und da es nach dem Kuß der Muse in seinem
Kopfe dergestalt zu dämmern begonnen hatte, so wünschte
er auch, daß „der Moment des Erwachens" wiedergegeben
werde und nicht das schlafende Schneewittchen. „Ein secessio-
nistisches, blühendes Laudschaftsgemälde als wirksamer
Hintergrund könnte die Frühlingsstimmung des Entwurfes
erhöhen. Die Gestalten der sieben Zwerge könnten alle-
gorische Figuren der Industrie sein, einer davon könnte
auch als eine Amorkarikatur (!) auftreten; das Automobil
könnte vielleicht über eine, in kühnen Bogen konstruierte
alte Brücke fahren, die den Durchblick auf einen Wildbach
gewährt." Dieser hohe Flug der edelsten Phantasie mußte
selbst einem Stuckschüler zu kühn sein, denn es gelang ihn:
nicht, in die gewünschte „Frühlingsstimmung" zu kommen.
Sein Auftraggeber hatte es aber gerade auf die Verwirk-
lichung dieser Idee abgesehen und deshalb fanden zahl-
reiche andere Entwürfe keine Gnade vor seinen Augen.
Und nun wendete der so ideal veranlagte Schwärmer den
allerbilligsten Händlertrick an: er will alle Entwürfe, die
ihm allerdings nicht gefielen, behalten, und ist bereit, den
Künstler für seine „bis dato gehabten Bemühungen" mit
30 (dreißig) Mark zu entschädigen, wer beschreibt sein
Erstaunen, als der Künstler diese fürstliche Entlohnung
zurückwies und dafür um Rücksendung seiner Entwürfe
bat! Er geriet ganz aus der Fasson und vergaß, daß eine
so große Firma auch das Abbrechen einer Geschäftsverbin-
dung unbedingt in eine anständige Form kleiden muß.
Er schrieb dein Künstler einen Brief, den wir unseren
Lesern nicht vorenthalten wollen, wenn uns auch in: all-
gemeinen das Veröffentlichen von Schriftstücken, die nicht
 
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