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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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Briefkasten der Schriftleitung
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Ein Kunstfreund!
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Katsch, Hermann: Unsere Wertzeichen
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0163

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Heft s2.

Die Werkstatt der Kunst.

15Z

in Hamburg berechtigt war, Ihre Original-Verkaufspreise
ohne Ihren Willen zu erhöhen, auseinandersetzt.
lr. Q. in Paris. Auf Ihre Anfrage in Heft ;o
werden Ihnen aus dem Leserkreis die Bücher: A. Roller,
Technik der Radierung (Verlag von A. Hartleben in Wien)
und Walter Ziegler, Vie Techniken des Tiefdrucks (Verlag
von Wilhelm Anapp in Halle a. Saale) empfohlen.
6m Kunstfreund!
An einen Berliner Künstler wurden folgende
Briefe gesandt:
Hamburg, den 2H- August sHON
Sehr geehrter Herr!
Ihre werte Adresse einem Kunstfreunde verdankend,
gestatte ich mir mit Gegenwärtigem an Sie mit einer ganz
ergebenen Bitte heranzutreten, durch deren Erfüllung Sie
mir eine enorme Freude bereiten würden. Wäre es wohl
möglich, daß Sie mir ein kleines Bildchen verehrten, und
wäre solches noch so klein? Betrachten Sie meine ergebene
Bitte nicht als eine Aufdringlichkeit meinerseits, denn es
trägt vielmehr die unendliche Liebe zur Kunstmalerei die
Schuld, welche mich heute zu dieser Bitte an Sie leitet. —
Versuchen Sie daher meinen Herzenswunsch zu erfüllen,
denn Sie bereiten damit einem jungen Manne eine enorme
Freude.
In Erwartung einer wohlwollenden Antwort begrüße
ich Sie
gehorsamst
V. I,.
Hamburg, den 6. November sHON
Sehr geehrter Herr!
Ich nehme höflichst Bezug auf mein ergebenes
Schreiben vor längerer Zeit und bedaure aufrichtig, bis
dato leider ohne Ihre geschätzte Rückäußerung geblieben zu
sein. Ich gestatte mir daher nochmals meine ganz er-
gebene Bitte zu wiederholen. Versuchen Sie, werter Herr,
mir ein kleines Bildchen zu verehren, denn Sie bereiten
damit einem ehrlichen jungen Manne eine ganz enorme
Freude. Ich bedaure sehr, Sie mit dieser Bitte abermals
belästigen zu müssen, aber wie gesagt, die unendliche Liebe
zur Kunstmalerei verleitet mich immer wieder dazu, alles
daran zu setzen, unter meiner kleinen Kunstsammlung auch
Ihren sehr geschätzten Namen zählen zu dürfen. Hoffend,
daß ich dieses Mal keine Fehlbitte getan habe, zeichne ich
gehorsamst
V. N.
Ls wäre interessant zu erfahren, ob auch andere
Leser der „Werkstatt der Kunst" ähnliche Schreiben
desselben Autors erhalten haben. Der kaufmännische
Stil der Briefe läßt darauf schließen, daß es sich
um eine zielbewußte Geschcnksammlung künstlerischer
Werke, wahrscheinlich zu Verkaufszwecken, handelt.
O. XV. O. K.
Unsere Mertzeicken.
Von Hermann Katsch.
Ls ist in verschiedenen Tageszeitungen und in der
„Werkstatt der Kunst", Heft 9, zu lesen gewesen, daß der
neue, von der Reichsdruckerei herausgegebene Reichskassen-
schein zu ;o Mk. allgemein geschmacklos und häßlich ge-
funden wird, daß es unerhört sei, daß das Reich dadurch
ebenso blamiert sei, wie durch die „Germania"-Brief-
marken usw. Wenn die Entrüstung aber irgendein greif-
bares Resultat haben soll, muß sie nicht bloß unter dem

Strich oppositioneller Blätter und nicht bloß hinter dem
Bierglas im Wirtshaus ihr Leben fristen. Wenn wir —
und es hat wohl jeder eine Zeitlang durch Liebhaberei
eine Kenntnis unserer alten Marken erworben — wenn
wir unsere alten deutschen Marken betrachten, ob sie nun
ein Wappen — Württemberg — einen Kopf — Preußen,
Hannover — eine große Zahl — Thurn und Taris —
enthalten, immer sind sie von einer Klarheit der Raum-
einteilung, der Wertbezeichnung, der Verteilung von hell
und dunkel, daß man eine reine Freude daran hat. Und
auf welcher Stufe stand damals die Kleinkunst in Deutsch-
land? Ohne Kunstgewerbeschulen, ohne Musterschutz war
die Industrie auf den Import der Modelle aus England
und Frankreich angewiesen. Ls war die Zeit, die der
Franzose die Zeit des inanvuls Zont nennt. Auch das
Papiergeld — ich erinnere mich des letzten preußischen
25 Thalerscheines, den mir in Tirol im September ;875
kein Mensch wechseln wollte, weil es kein preußisches Geld
mehr gäbe, noch sehr genau, weil ich ihn zwei Tage lang
beständig vorzeigte, um schließlich, ohne daß ich daran
schuld war, umsonst verpflegt zu werden; der Schein ent-
hielt eine Reihe kleiner markanter, blauer, silhouettierter
Minervaköpfe in sehr feiner Ausführung und sehr glück-
licher Raumverteilung. Der neue Reichskassenschein bringt
den Kollegen der Minerva, Hennes, den Gott des Handels
und der Diebe, als Wasserzeichen und in einer Zeichnung!
Ist das das Resultat der Entwicklung unserer Kleinindustrie?
unseres Zeichenunterrichts? der unzähligen Bestrebungen,
die Freude an der schönen Form in die Keller- und Man-
sardenwohnungen tragen zu wollen? Ein Land, dessen
Briefmarken in alle Länder gehen und einen fo niedrigen
Stand desGeschmackes dokumentieren wie unsere augen-
blicklich geltenden „ Germani a"-Marken, ein Land,
welches dem darin reisenden internationalen Publikum einen
so schauerlich häßlichen Kassenschein in die Hand gibt, kann
für sein Kunstgewerbe und für seine Künstler im Auslande
keinen Respekt und keine Aufträge erwerben. Das
Geschrei nach dein Schuldigen, nach dem für diese Dinge
Verantwortlichen hat gar keinen Zweck, denn die Behörden,
die diese Wertzeichen anfertigen lassen, werden wahrschein-
lich hilflos dastehen, wenn man ihnen befehlen wollte, die
Sachen zu bessern.
Es ist nur ein kleiner Kreis Gebildeter, der Künstler-
namen kennt, der die Eigenart eines Künstlers kennt und
eventuell den Geeigneten für eine Aufgabe nennen würde.
Dieser Kreis gehört nie zu einer Behörde, sondern er be-
steht in einer namenlosen Gemeinde ohne Organisation, ohne
Mittelpunkt, wenn man nun den amtlichen Organen mit
einem praktischen Vorschläge kommen will, der einige Aus-
sicht auf Beachtung haben soll, muß es von seiten einer großen
Gemeinde geschehen, und das ist in diesem wie in
hundert anderen Fällen die Allgemeine Deutsche
Kunstgenossenschaft. wenn wir Mitglieder dieser
großen Organisation nicht alle die durch unsere Brief-
marken und unser Papiergeld uns zugefügte Herabsetzung
und ich möchte sagen Schande fühlen und den Schaden,
den wir alle davon haben, dann mag die Sache ruhig so
weiter getrieben werden wie bisher. Spüren wir aber die
nationale Blamage als Schaden an unserem Leibe, dann
müssen und werden wir die Sache ändern. Wer wird
froher sein als die Reichsbehörden, wenn die A. D. K. G.
die Garantie für schöne Wertzeichen übernähme! Und wie
einfach ist das zu machen. Man kann an den Reichs-
kanzler eine Petition richten und darum bitten, der A. D. K. G.
die Ermächtigung zu erteilen, unter ihren Mitgliedern durch
Wettbewerb z. B. eine neue Briefmarke für das deutsche
Reichspostgebiet zu erhalten. Der Wettbewerb würde alle
Stifte mobil machen, und der Sieger würde wahrscheinlich,
wenn das Reich bei seinen ungünstigen Finanzen darauf
bestünde, den Entwurf gratis hergeben für den Ruhm, der
sich an seinen Namen heften würde, dem deutschen Reiche
eine anständige Marke verschafft zu haben.
Oder — wie wäre es, wenn man den Wettbewerb
ohne Veranlassung jetzt gleich veranstaltete? wenn nun
 
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