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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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Hellwag, Fritz: Die Stuttgarter Gemälde-Galerie, 2
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Künstler-Baugenossenschaft in München, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0095

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Heft 7.

Die Werkstatt der Kunst.

91

schrieben („Man hat sich immer dagegen erklärt usw.").
Ich habe, um zu begründen, aus welchem Bedürfnis der
Galerieverein hervorgegangen ist, gesagt, daß der staatlichen
Kunstkommission für den Ankauf der Gemälde durch die
Beschränktheit der Mittel „eine gewisse Richtung ge-
geben" werde, nämlich die von dem werdenden Künstler
zu kaufen und nicht auf Namen, sondern auf gute Bilder
zu sehen. Dieser Gedanke ist in der Ankaufskommifsion
dutzendmal von verschiedenen Seiten ausgesprochen worden;
selbst der bisherige Galerieinspektor hat in der Sitzung der
Ankaufskommission vom 2-ü Januar die Frage zur
Debatte gestellt, ob man nicht auf den Ankauf der allzu
teuer gewordenen großen Namen bei der Beschränktheit
unserer Mittel grundsätzlich verzichten solle. Ls handelte
sich um einen Segantini, der 56 000 Mk. kosten sollte und
also die Mittel der Galerie (25000 Mk. im Jahr) auf
mehr als zwei Jahre erschöpft hätte. Der Staatsminister
des Kirchen- und Schulwesens sagte in der Kammer der
Abgeordneten am 2. Juni t9O7:
„Daß alte kirchliche Bilder an sich besser auf ihrem
Platze verbleiben, wenn das möglich ist, damit bin ich ein-
verstanden. Hiernach ist auch die Galerieverwaltung bisher
verfahren; es sind solche Bilder in die Galerie nur dann
ausgenommen worden, wenn sie an ihrem bisherigen
Standort gefährdet waren. Im übrigen bin ich auch der
Meinung, daß die Mittel, die aus dem Anschaffungsfonds
zur Verfügung stehen, und die ja verhältnismäßig beschränkt
sind, in erster Linie zur Anschaffung neuer Bilder
zu verwenden sind, daß damit die jetzt lebenden Künstler
unterstützt und gefördert werden sollen. Und auch darin
bin ich mit dein Herrn Berichterstatter einverstanden, daß
cs die Aufgabe ist, gerade mit Rücksicht auf den geringen
Betrag der zur Verfügung stehenden Mittel die Bilder-
lebender Künstler zu erwerben, so lange sie noch keine
zu hohen Preise angenommen haben. Nach diesem
Grundsatz sind wir bisher verfahren und werden wir auch
künftig verfahren."
Genau das habe ich in meinem Jahresbericht nicht
als meine Forderung, sondern als die tatsächlich in den
Jahren des Aufschwungs der Galerie eingehaltene, durch
die beschränkten Mittel der Galerie zu erklärende Richtung
gekennzeichnet. Daraus machen meine Gegner eine pro-
grammatische Forderung von mir, nur von der jüngsten
von mir zu entdeckenden Künstlergeneration zu kaufen.
Genau mit derselben Gewissenhaftigkeit hat Heyfeld er-
den Satz des Abgeordneten von Gauß, daß die besonderen
Aufgaben der hiesigen Galerie und ihre besonderen Ver-
hältnisse einen „erprobten Mann von weniger kunsthistorischer
als ästhetischer Veranlagung und Vorbildung erfordere",
durch grobe Entstellung in die allgemeine Behauptung ver-
wandelt, ein Kunsthistoriker könne nicht Galeriedirektor sein.
Ich hoffe nun der allgemeinen Zustimmung sicher zu
fein, wenn ich wiederhole, daß eine solche Art von Polemik
einer Widerlegung nicht wert ist. Aber die Redaktion wird
mir erlauben, noch eine Bemerkung allgemeiner Art hinzu-
zufügen. wenn ein Gelehrter in einer Nebensache, die
ihn nicht direkt beschäftigt, der Erinnerung eine Angabe
entnimmt, die sich nachher als falsch erweist, so ist das ein
verzeihlicher Irrtum. Begegnet ihm eine solche falsche
Angabe in einem Hauptpunkt seiner Beweisführung, fo ist
das eine schwer verzeihliche wissenschaftliche Nachlässigkeit,
was es aber ist, wenn ein Mann der Wissenschaft eine
Schrift auf eine „Tatsache" gründet, die er nicht einmal
genau geprüft hat, wenn diese Schrift noch dazu eine
polemische Tendenz hat und einen Standesgenossen durch
falsche Behauptungen herunterzusetzen sucht — das zu charak-
terisieren überlasse ich meinem Leser.
wir haben uns sofort mit der Anfrage an
Herrn Or. Heyfel der-Tübingen gewandt, ob er die
Verantwortung für seine Angaben übernähme und
sich Herrn Or. Diez für eine Auseinandersetzung zur
Verfügung stelle.

Herr Or. Hetzfelder antwortete telegraphisch:
„Uebernehme selbstverständlich für jedes Wort
meiner Broschüre volle Verantwortung und stehe
Herrn D. zu jeder in anständiger Form gehaltenen Aus-
einandersetzung zur Verfügung." Hetzfelder.
Die Zeit war leider zu kurz, die Erwiderung
des Herrn Dr. Hetzfelder auf die Erklärung des
Herrn Or. Diez abzuwarten, weil mit dem Druck
dieser Nummer begonnen werden mußte.
Herr Or. Hetzfelder wird also in der nächsten
Nummer das Wort erhalten, und wir bitten unsere
Leser, nach dem Grundsatz „aucliatur et altera pars",
zu warten, wie Herr Or. Hetzfelder seine von
Herrn Or. Diez in Abrede gestellten Angaben be-
gründen wird, bevor sie sich ein Urteil in dieser
Streitsache bilden.
Rünsller-VaugenossLnsckasl
in Müncken.
wir empfingen folgende Zuschrift eines angesehenen
Münchener Architekten:
Ich hatte, was in Nr. 2 zum Abdrucke kam, bereits
früher gelesen, ohne indes Klarheit darüber zu bekommen,
wie sich der Autor eigentlich die Finanzierung der ganzen
Sache denkt, was er z. B. Absatz 5 sagt, Baukapital be-
treffend, ist leichter gesagt als getan, welche Bank, welcher
Privatmann gibt ohne Sicherung ohne weiteres Baukaxital
her? von den ersteren keine, von den anderen einer unter
zehntausend, zumal jetzt, wo flüssiges Geld nur äußerst
schwer zu bekommen ist. Daß bei jedem Unternehmer
i/z der Bausumme zu erlegen sei, bevor die Arbeit be-
gonnen wird, ist nicht zutreffend. Erst muß in den weitaus
meisten Fällen ein Stück Arbeit geleistet sein, ehe eine Teil-
zahlung erfolgt. Ich vermisse bei der ganzen Sache einen
klargestellten Finanzplan, der Rechte und Pflichten der Teil-
haber präzis festlegt. Mhne einen solchen steht die ganze
Angelegenheit auf durchaus unsicherer Basis. Ls erhellt
auch aus den Mitteilungen des Herrn Verfassers nicht, ob
er eine Betriebsmittel-Genossenschaft ins Leben rufen will
oder ob jeder Teilhaber feine Beiträge, die bis zur In-
angriffnahme des Baues selbstverständlicherweise verzinst
werden müßten, ausschließlich für seine eigenen Zwecke
einbezahlt. Gerade in Künstlerkreisen spielt die Unwissen-
heit in finanziellen Dingen eine leider sehr bedeutsame
Rolle. Ls wäre schon aus diesem Grunde geboten, eine
Aufstellung der Geschäftspraxis einer solchen Baugenossen-
schaft in leichtverständlichster Form zu geben, vielleicht
unterzieht sich der Herr Verfasser dieser Mühe, was außer-
ordentlich dankenswert wäre. So, wie das in Ihrem
geschätzten Vrgan publizierte Schreiben den Ideengang
entwickelt, fehlt es an richtig aneinander gereihten Anhalts-
punkten durchaus.
Inzwischen hat aber, wie wir erfahren, im Hotel
Lernrinus eine Zusammenkunft einer größeren Anzahl be-
teiligter Künstler stattgefunden, die zu dem erfreulichen
Ergebnis führte, daß ein fiebengliederiger Arbeits-
ausschuß gewählt wurde — bestehend aus sechs Künstlern
und einem Juristen — der sofort mit der Ausarbeitung
der vom Gesetze vorgeschriebenen Satzungen beginnen
wird. Soviel kann heute schon mitgeteilt werden, daß die
Vereinigung in Gestalt einer Genossenschaft mit beschränkter
Haftpflicht ins Leben treten wird. Sobald die Satzungen
im Entwürfe feststehen, werden dieselben einer Haupt-
versammlung zur Beschlußfassung unterbreitet werden.
Dem Unternehmen sind, außer in der Villenkolonie Riesen-
feld und Schwabing, neuerdings auch hinsichtlich des Ge-
ländes zwischen dein Schloßparke in Nymphenburg und
Pasing außerordentlich vorteilhafte Angebote gemacht worden.
 
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