Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

DOI Artikel:
Künstlergenossenschaft München
DOI Artikel:
Aus dem Reichstage
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0345

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Werkstatt der Kunst

keäakteur: tzsUrvag.

VII. Jalirg. I)ekt ^Z. 23. März 1908.

In Listern t^eiie unsere,- Leiitckriti erleUen rvir jeclein «üntrter Las freie Mori. Mir sorgen Lstür, Lak keineriei
Angriffe auf Personen ocler Senottsntckatisn abgecirucki wercien, okne LaS vorder cler TIngsgriffsn« Lis MögULrkeir gekabr
kätte, in Lernteiben tzefte zu erivictern. Vie keLakrion Kali tick voiittänLig unpsrteiitL» unci gibi ciurci» cten ^IbLruck keineswegs
- eine klebsreinstirnrnung rnii cien auf Liese Meise vorgeiragsnen Meinungen zu erkennen.

KünstlerbaugsnossensckLft München.

Gegenüber noch vielfachen irrigen Ausstreuungen
solcher Leute*), welche ein Interesse daran haben, daß
diese Baugenossenschaft nicht zustande kommt, sehe ich
mich zu meinem Bedauern genötigt, nochmals das Wort
zu ergreifen.
Ich bemerke zunächst, daß die Baugenossenschaft
— und nicht das einzelne Mitglied — Bauherr ist. Die
Baugenossenschaft ist als „juristische Person" vollkommen
geschäftsfähig, wie ein Kaufmann, allerdings innerhalb der
vom Gesetze vorgeschriebenen Grenzen. — Aengstliche Ge-
lullter brauchen nicht zu fürchten, daß die Mitgliedschaft
einen Bauauftrag im Gefolge haben müßte.
Keineswegs!
Diese Baugenossenschaft ist eine Genossenschaft mit
beschränkter Haftpflicht, und zwar ist die Höhe der Haft-
summe nicht höher als der Anteilschein. — Die Aus-
streuung, als ob man als Mitglied dieser Baugenossenschaft
mit feinem ganzen Vermögen haften müsse, ist durchaus
unzutreffend. (Stimmt! — Red.)
Zur Beruhigung hebe ich ausdrücklich nochmals her-
vor, daß die Statuten vom Registergericht gar nicht ge-
nehmigt würden, wenn sie in irgendwelchen Be-
stimmungen mit dem Genossenschaftsgesetz kollidieren;
des weiteren diene zur Beruhigung, daß die Statutei: unter
ständiger Mitwirkung eines tüchtigen Rechtsan-
waltes beraten werden.
Gewiß, das einzelne Mitglied kann und soll seine
Wünsche vorher bekannt geben, in bezug auf feine wohn-
lichen Bedürfnisse; die Ateliers und Atelier-Einfamilien-
häuser werden zu normalem Preise vermietet. Die Höhe
der Miete ist ebenfalls vorher zu vereinbaren. Als Grund-
lagen dienen die Pläne und der Kostenanschlag.
Daß die Mieten niedriger sind als in Unternehmer-


bauten, ist selbstverständlich. Ein Verkauf der päuser an
Mitglieder ist statthaft. Das Mietsverhältnis ist in der
Regel von feiten der Genossenschaften unkündbar. Auch
eine Erhöhung der Miete findet nienials statt. Dagegen
können sich Mieter durch jahrelanges Wohnen verschiedene
finanzielle Vorteile (Amortisation, Dividende) sichern. —
Das Mietsverhältnis kann von seiten der Genossenschaft
nur gekündigt werden, wenn sich das Mitglied statuten-
widriges Verhalten zuschulden kommen läßt.
Durch zahlreichen Beitritt muß aber die Münchener
Künstlerschaft dokumentieren, daß sie ernstlich gewillt
ist, die Wohnungs- und Atelierzustände zu verbessern durch
solidarischen Zusammenschluß in eine Baugenossenschaft.
Ich wiederhole ferner, daß in Schwabing geeignete,
billige Plätze zu haben sind.
Ausdrücklich sei auf die zahlreichen bestehenden ge-
meinnützigen Bauvereine, Baugenossenschaften hingewiesen,
die durchweg gut gedeihen.
Ueber das Wohnen und Schaffen in einem Familien-
hause gegenüber dem Wohnen im vierten Stock einer Miets-
kaserne brauche ich wohl weitere Ausführungen nicht mehr
zu machen.
Ich stelle nur fest, daß die Einlagen in der bei allen
bestehenden Genossenschaften üblichen pöhe, zchp/g, verzinst
werden.
Alles andere ist aus dem Prospekte und den Statuten
ersichtlich, die demnächst der Generalversammlung vor-
gelegt werden.
Wer eine Karte zu dieser Generalversammlung wünscht,
zu der auch Frauen und alleinstehende Künstlerinnen gerne
Zutritt haben, müßte baldigst feine Adresse bekanntgeben,
und zwar an Architekt Gottlieb Möstel, München-Schwa-
bing, Belgradstraße tsl, der auch zur persönlichen Auskunft-
erteilung gern bereit ist. Sprechzeit jeden Tag von bis
t Uhr.

Aus clem
Am tt. März hat der Abgeordnete Or. Pfeiffer,
nachdem der Vizepräsident Or. Paafche es vorher mit bureau-
kratifchen Mitteln zu verhindern versucht hatte, eineKuust-
red e gehalten, die in seinem Munde — er ist Zentrums-
abgeordneter und katholischer Priester! — als ein Beweis
von Liberalismus besonders denkwürdig klang. Wir heben
einige Sätze aus ihr hervor.
Meine perren, zu einem noch steigen meine Gedanken
bei diesem Etat: das ist die Kunst! Es ist bitter wahr,
die Kunst geht nach Brot. Zwar tun hier die Einzel-
staaten Rühmliches. So hat z. B. Bayern in seinem Etat
-ty 000 Mark jährlich für Künstlerpensionen stehen, die See-
königin pamburg hat ihrem freisinnigen Lyriker Gustav
Falke einen Lhrensold ausgesetzt; auch andere Staaten
handeln ähnlich. So hat der schwedische Reichstag im
Jahre t9O7 jährlich ;oooo Kronen den Dichtern des Landes
als Lhrensold ausgeworfen. Preußen hat den von Kaiser
Wilhelm I. im Jahre ;859 gestifteten Schillerpreis von
ursprünglich ;ooo Talern in Gold, der jetzt mit 6800 Mark
nur alle 6 Jahre zur Verteilung gelangt. Der Kaiser ehrt
Detlev v. Liliencron durch eine Spende; seiner Munifizenz
ist es auch zu danken, daß im sonnigen Süden die Villa

Ksickstage.
Falconieri nun zu einem Ruhe- und Erholungsort für
deutsche Maler, Bildhauer und Schriftsteller hergerichtet
wird. Aber da- Reich tvt irr dieser Hinsicht bi-
jetzt noch nichts. Und doch haben wir nicht eine Kunst
der Einzelstaaten, — wir haben eine deutsche Kunst!
Wir alle wissen und lesen und klagen oft darüber, daß
mancher junge Künstler zugrunde geht, weil an die Schwin-
gen seines Geistes sich die Ketten materieller Sorgen heften.
Alan muß sich hüten, nach dem Schema alles zu beurteilen,
sondern dem Genie seinen Tribut zollen. Nicht Elique
und Llaque darf auf dem Gebiet dominieren — der Frei-
heit de- vollen Aünstlergefüh!- eine Gasse! wenn
eine reine, große Kunstkritik auf diesem Gebiete einsetzt,
kommen wir hoffentlich voran; denn der Posaruf: Geben
Sie Gedankenfreiheit! — muß gerade in der Kunst gelten.
Das muß oberster und vornehmster Grundsatz sein.
(Wiederholte Zurufe: Das sagen Sie?!)
— Das ist mein künstlerisches Eredo schon lange! Ich
habe gesagt, ich sage meine Meinung! Und dann muß
die Kunst weiter sagen: „Ich kann nicht Fürsten -
diener sein." — Wenn Sie hier vorhin Zwischenrufe
 
Annotationen