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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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Die Künstler-Baugenossenschaft in München, [2]
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Die Werkstatt der Kunst

keäaklem: fritz heUwag.

VII. Jakrg. Helt 14. s 6. Jan. 1908.


Vie Rünlller-kaugenossensckafl in Müncken.

Wir bringen auf Wunsch noch folgenden Brief,
der aus Münchener Finanzkreisen stammt, zur Kennt-
nis unserer Leser.
„München, ss. Dezember s9O7.
In Heft 2 vom Mktober ^90? bringen Sie einen
Artikel „Künstler-Baugenossenschaft München", der ein
Projekt des Herrn Zlrchitekten Möstel behandelt und dem
ein „Nachwort der Schriftleitung" beigefügt ist.
Gestatten Sie einem Unbeteiligten und Nichtkünstler
im Interesse der Sache einige Bemerkungen:
Bei Gründung einer Genossenschaft zum Zwecke der
Errichtung von Künstler-Wohnhäusern ist m. L. vor allem
zu erörtern: sollen Häuser gebaut werden zum Zwecke
der Vermietung oder der Wiederveräußerung an Mitglieder;
sollen nur Einfamilienhäuser mit Ateliers oder Mühäuser
und Ateliergebäude errichtet werden?
Diese Frage muß zuerst gelöst werden, damit nicht
ein Terrain erworben wird, auf welchem nur einstöckige
Häuser erbaut werden dürfen.
Die Aufbringung der Mittel zum Erwerb der Plätze
und zur Erbauung der Häuser wird Sache der Genossen-
schaft bleiben müssen; sie kann erfolgen durch Einzahlung
auf Geschäftsanteile im Sinne des Genossenschaftsgesetzes
und auf Darlehenskonto der Mitglieder, durch Aufnahme
von Hypotheken usw.
Daß die Genossenschaft zurzeit von Privatleuten oder
Banken zu H—5"/<> Zins Baugelder bekommen sollte, halte
ich für ausgeschlossen; es dürfte schon der Zins für erst-
stellige Hypotheken —P/^/o betragen.
Ihre Bemerkung, daß eine 30/yige Amortisation zzffz,
eine ^/^/gige HO Jahre erfordert, möchte ich als nicht ganz
richtig bezeichnen, denn die Amortisationsraten sind gleich-
bleibend während der ganzen Tilgungsperiode; es ist also
H bezw. p/Z/giger Zinseszins zu rechnen und würden
daher Kapitalien zu
-p/o Zins und H/Zo Amortisation in 55^/2 Jahren,
^0 l /v ,, ,,
/o l H,g ,, ,, 33 ,,
/o // 2 0/0 ,, ,, 28 ,,
^°/o „ „ 2 0/0 „ „ 2P/2
getilgt sein, bei einer P/.ch/„igen Verzinsung und
V2O/0 Amortisation sind zur Tilgung benötigt 52 Jahre,
O^O
Ihre weitere Bemerkung, daß GeschLftsguthaben
(Mitgliederbeiträge) verzinst werden sollen, kann mit Rück-
sicht auf die Bestimmungen des Genossenschaftsgesetzes nicht
aufrecht erhalten werden. Der erzielte Gewinn kann in
Form von Dividende auf die Geschäftsguthaben verteilt
werden, feste Zinsen sind nur für Darlehen der Mitglieder,
nicht aber für deren Mitgliederguthaben zulässig.
Recht sehr möchte ich die Auswahl des zu erwerben-
den Grundes, wie schon eingangs erwähnt, mit in den
Vordergrund rücken; es kann nicht gleichgültig sein, in
welcher Gemeinde das Terrain gelegen ist; Staats- und
Kreisumlagen sind wohl die gleichen, dagegen sind die Ge-

meindeumlagen sehr verschieden. So z. B. erhebt Mbcr-
menzing (Grundstücke vom Schloßparke Nymphenburg gegen
Pasing gehören teils dorthin, teils nach Pasing) fOO"/o
Gemeindeumlage, während Pasing 2000/0 erheben will pro
t9O8; zwei, nur durch die Flurgrenze getrennte, mit den
Zäunen aber zusammenstehende Nachbaranwesen unter-
liegen also einer ganz namhaft differierenden Besteuerung."

Ferner sandte uns Herr Architekt Gottlieb
Möstel in München 23, Belgradstraße f8, I, der
„Vater des Gedankens" folgenden überschauenden
Bericht über die Münchener Baugenossenschaft
und ihre Ziele:
„Gern folge ich einer freundlichen Einladung des
Herrn Hellwag, im Schlußwort über den bisherigen Stand
der Vorarbeiten zu referieren.*)
Zunächst sei mitgeteilt, daß die Statuten in Bälde
der gesetzlich vorgeschriebenen Generalversammlung vorge-
legt werden können. — Nachdem nunmehr die formalen
Arbeiten erledigt sind, wird der Arbeitsausschuß einfluß-
reiche, hervorragende Persönlichkeiten zu einer ein-
maligen Sitzung behufs definitiver Festlegung der Statuten
einladen.
Sehr wünschenswert wäre, wenn auch die
Vorstände der verschiedenen (Münchener) Künstler-
korporationen diesem Arbeitsausschüsse beitreten
würden.
Das Bedürfnis, die Wohnungsverhältnisse vor allem
der bildenden Künstler in München zu verbessern, gab
die erste Anregung zur Gründung einer Baugenossenschaft.
Dieses Bedürfnis wurde bisher von allen Seiten als
durchaus berechtigt anerkannt.
Ich habe schon in dein Zirkular**) ganz nebenbei be-
merkt, daß Künstler jeder Berufsgattung und Kunst-
freunde der Baugenossenschaft beitreten sollten. Diese
Anregung fand allgemein Anklang.
Dies ist aus schon rein praktischen Gründen erfreulich.
Denn je zahlreicher die Beteiligung, je höher die Zahl der
Anteilscheine ist, desto leistungsfähiger ist eine Baugenossen-
schaft, desto vorteilhafter ist auch die Mitgliedschaft zu gestalten.
Allen geistigSch affen den — dazu gehören natür-
lich auch die bildenden Künstler und die Kunstgewerbler
— steht der Eintritt offen.
Aufnahme finden auch verheiratete Frauen und
„alleinstehende" Künstlerinnen. Ebenso können Vereine
und andere Genossenschaften beitreten. Ueber die Aufnahme
entscheidet der Vorstand, der in gewissen Fällen auch ab-
lehnend verbescheiden kann.
Die Aufnahmegebühr soll zehn Mark betragen; die
Höhe der Anteilscheine wurde auf zweihundert Mark fest-
gesetzt; die erste Einzahlung hierauf muß mindestens fünfzig
Mark betragen, der Rest ist in Raten einzubezahlen.
losem Zusammenhänge mit dieser Baugenossenschaft stehen. G. NU —
**) Siche Heft der „Werkstatt der Kunst".
 
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