Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

DOI Artikel:
Delegiertentag der Kunstgewerbevereine in Hannover
DOI Artikel:
Anfragen aus dem Leserkreis
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0386

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
382

Die Werkstatt der Kunst.

Heft 28.

sei, am Gewinn beteiligen könnte, erscheint fraglich, weil
man ihn gerechterweise auch am Risiko bezw. Verlust be-
teiligen müßte.
Direktor Prof. Moser-Kaiserslautern referierte über
Kunstgewerbe und Gewerbemuseen. Gr befürwortete,
die Kunstgewerbemuseen historisch zu fassen, den Gewerbe-
museen dagegen die Kunst und das Gewerbe der Gegen-
wart vorzubehalten. Als besonders wichtig wurde die von
Herrn Direktor Moser eingeführte Erweiterung feines Mu-
seums nach der technologischen Seite hin angesehen. An
der Debatte beteiligten sich die Herren Kunsthistoriker Glüen-
stein und Prof. Scharrvogel. Letzterer betonte, man solle
im Gewerbemuseum direkt lesen können, d. h. den Werde-
prozeß des einzelnen Stückes, wie es ans dem Material
herauswächst, erkennen können. Der Handwerker solle sich
wirklich Instruktionen holen können. Prof. Pfeiffer-München
wünscht für die süddeutschen Sammlungen ein Zugänglich-
machen nach Art der nordeutschen Museen. Fabrikant
Stöffler-Pforzheim betonte die wirtschaftliche Seite. Der
Zug der Zeit heiße: Spezialisierung. Die alten mit den
neuen Beispielen in Fühlung zu erhalten, sei wichtig, damit
auch die heutige, noch anders vorgebildete Generatien be-
stehen könne. Or. Graul warnt die Kunstgewerbemuseen
vor der Erwerbung moderner Stücke. Direktor Hoffacker
wendet sich gegen die Zeichenbureaus der Museen, die
meistens nur eine faule Brücke für die Gewerbetreibenden
bedeuten.
Direktor Thormählen referierte über Lehrwerk-
stätten, er wünscht, da die Werkstätten an Schulen an-
gegliedert seien, die Einführung der präziseren Bezeichnung
Schulwerkstätten. Er betonte, daß aus den Zöglingen
derjenigen Schulen, denen keine Werkstätten angegliedert
seien, meistens nur Zeichner würden, ein Umstand, der dem
praktischen Gewerbe nicht zugute käme. Den Schülern
der Werkstätten aber würde eine Beschäftigung mit dem
Material ermöglicht, die in der Lehre selten sei und ihnen
Liebe zum Material, zur Steigerung der (Dualität einslöße.
Das Resultat einer solchen Beschäftigung sei, daß die
Schüler ganz von selbst gezwungen würden, die Gesetze
des Materials zu befolgen. Sie lernen vor allem eine
richtige Kalkulation und wissen, aus wie vielen Kleinigkeiten
schließlich der Preis des Werkes entsteht. — An diesen
Vortrag schloß sich eine sehr lebhafte Diskussion, an der
sich viele Herren beteiligten. Die Aeußerungen der Fabri-
kanten und Handwerker bewiesen, daß sie Herrn Prof. Thor-
mählen in einigen Punkten vollkommen mißverstanden
hatten. Der Referent betonte deshalb nochmals, daß durch
die Schulwerkstätten durchaus kein Ersatz der Meisterlehre
angestrebt werden solle, ganz im Gegenteil. — Herr Geh.
Mberregierungsrat Dönhoff führte die Diskussion auf das
wesentliche zurück. Er betonte, daß von den Schulwerk-
stätten nicht etwa dem Beruf neue Kräfte zugeführt
werden sollten, sondern daß ganz im Gegenteil die Besucher
der Schulwerkstätten aus dein Beruf Herkommen und in
ihnen weitergebildct werden sollen. Die Werkstätten würden
nur nach dringendem Bedürfnis errichtet. Die Schüler sollen
nicht für einen bestimmten Zweck ausgebildet werden,
sondern sie sollten ihren Gesichtskreis und ihre Fähigkeiten
derartig erweitern, daß sie imstande wären, das Handwerk
als Ganzes zu erfassen. Der Zug nach den Bureaus fei
ein Zug der Zeit. An einen Ersatz der Meisterlehre werde
nicht gedacht, sondern höchstens an eine Ergänzung der-
selben. Nicht diejenigen würden als Schüler in die Werk-
stätten ausgenommen, die leicht durch die Meister selbst
ausgebildet werden könnten, sondern nur die Vorwärts-
strebenden , die sich auf eine höhere Stufe zu erheben
wünschten. Es wurde folgende Resolution angenommen: „Der
Delcgiertcntag erblickt in den Schulwerkstätten ein wichtiges
Erzichungs- und Förderungsmittel des Kunstgewcrbes."
Herr Fabrikant Stöffler befürwortete den Antrag des
Kunstgewerbevereins Pforzheim, die besten Erzeugnisse der
kunstgewerblichen Lehrwerkstätten in Form von Wander-
ausstellungen den Verbandsvereinen wechselseitig vor-
zusühren. — Der Plan wird von der Versammlung sym-

pathisch ausgenommen. — Prof. Pfeiffer-München betonte,
daß allerdings durch die Arbeiten von Lernenden nichts
gelehrt werden könnte, daß es aber, wie auch Herr Prof.
Scharrvogel sagte, ein gutes Mittel fei, dem Publikum ein
Verständnis für das Kunstgewerbe zu vermitteln. — Direktor
Meyer-Hamburg glaubte ebenfalls, daß dem Verbände hier-
mit ein Mittel gegeben sei zur Anregung des Publikums
und zum Propagieren der Ziele des Verbandes. Er wünschte,
daß diese Schülerausstellungen auch in den höheren Lehr-
anstalten zirkulieren sollten. — Herr Lahmeyer betonte, daß
derartiges ja eigentlich in den kunstgewerblichen Läden zu
sehen sei. — Prof. Scharrvogel widersprach und wies dar-
auf hin, daß in den Läden leider meistens der Kitsch ge-
zeigt würde, weil man daran mehr verdiene. — Kunst-
historiker Glüenstein warnt davor, daß diese Schüleraus-
stellungen nicht zu einem Wettrennen der Vereine ausarten.
— Nachdem Direktor Schulze-Elberfeld hervorgehoben hatte,
daß die besten Schülerarbeiten wirklich würdig seien, öffent-
lich ausgestellt zu werden, beschloß der Verband, einen
Versuch mit solchen Wanderausstellungen zu machen. Der
Kunstgewerbeverein in Pforzheim wird die erste Ausstellung
vorbereiten.
Zu später Stunde verstand es Herr Direktor Vr. Pabst-
Leipzig, die ermüdeten Teilnehmer durch einen außerordentlich
interessanten Vortrag über die technische Arbeit als
Erziehungsmittel zu erfrischen. Der Aufsatz ist in seinen
wesentlichen Punkten bereits erschienen in Heft 5 des
„Kunstgewerbeblattes", das in zahlreichen Exemplaren durch
den Vortragenden an die Zuhörer verteilt wurde und ihnen
das Verständnis wesentlich erleichterte. — Die Technik sei
zu allen Zeiten ein sehr wichtiges Erziehungsmittel auf
allen Gebieten gewesen, leider sei aber in unseren Tagen
die Ausbildung von Hand und Auge in unverantwortlicher
Weife vernachlässigt worden. Der Zusammenhang von
Kopf und Hand sei so einleuchtend, daß man die in unseren
Tagen geübte abstrakte Lehrmethode kaum verstehen könne.
„Es müsse die Ausbildung von Hand und Auge schon bei
Kindern angestrebt und auf allen Stufen der Erziehung
fortgesetzt werden." — Herr Geh. Regierungsrat Dr.-Ing.
Muthesius hob im Einverständnis mit der ganzen Ver-
sammlung hervor, daß dieser Vortrag nicht nur für das
engere Gebiet des Kunstgewerbes Bedeutung habe, sondern
daß irr ihm ein Mittel liege, die ganze Nation zu heben
und auf einen lang ersehnten weg zu bringen. Infolge-
dessen wurde noch folgender Nachtrag zu der Resolution
des Referenten beschlossen: „Die Vertreter der Kunstgewerbe-
vereine sind von der Wichtigkeit der Ausführungen des
Herrn Direktor Vr. Pabst überzeugt und beschließen, bei
den maßgebenden Behörden vorstellig zu werden, damit die
neue Erziehungsmethode obligatorisch eingeführt werde."
Damit war die Tagesordnung erschöpft und die Ver-
sammlung schloß mit einem Hoch auf den verdienstvollen
Vorsitzenden, Herrn Geh. Regierungsrat Dr.-Ing. Muthesius
und mit einem Dank an den vielbeschäftigter: Schriftführer,
Herrn Or. Lehnert.
Außerhalb der Tagesordnung befürwortete noch Herr
Prof. Pfeiffer-München, daß der Verband der Kunstgewerbe-
vereine den Bestrebungen des Werkbundes aufmerk-
sam folgen und dem Bunde seine Sympathien aussprcchen
möge. — Der Antrag fand Aufnahme in das Protokoll.
wir konnten an dieser Stelle nur kurz den Gang
der Beratungen andeuten, da ein eingehenderes Referat
einen erheblich größeren Raum beansprucht haben würde,
der uns leider nicht zur Verfügung steht, wir behalten
uns deshalb vor, die Themata noch im einzelnen ausführ-
licher zu behandeln.
Anfragen aus äem Leserkreis.
8. in Berlin. Ich möchte gern einen Kupfer-
schmied in Berlin wissen, der billig Kupferplatten für
Radierungen anfertigt.
 
Annotationen