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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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Schmidkunz, Hans: Die Bildhauer-Petition
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Der "Werdani"-Verlag in Liquidation
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Ausstellungen / Preisausschreiben / Staatsankäufe etc. / Staatliche Kunstpflege
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0430

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^-6 Die Werkstatt Ser Kunst. Pefl Is.

des Marktes sowie eine Vortäuschung von nicht vorhandenen
Bedürfnisten bedeuten. Die Sehnsucht nach plastischer Kunst
sei gar nicht so unstillbar, als daß inan dafür pilfe bringen
müßte; und der gegenwärtige Mangel eines eigentlichen
plastischen Bedürfnisses sei in mannigfacher Meise sachlich
begründet, also durch Petitionen nicht ans der Welt zu
schaffen.
Mit der Annahme jedoch, daß heute das Bedürfnis
nach Plastik und ihre Leistungen selbst gering seien, würde
ja jene Petition erst recht motiviert sein. Ist es aber
einmal soweit gekommen, und leidet die vielleicht deutscheste
der bildenden Künste, die Plastik, so sehr, daß ihre Ver-
treter die naheliegende Scheu abwerfen und sich zu einer
derartigeri „Bitte nur Geld" entschließen müssen, dann be-
darf es eben eines außerordentlichen Eingreifens. „Wer
dein Altäre dient, soll auch vom Altäre leben"; in gegen-
wärtige Sprache übersetzt: die soziale und wirtschaftliche
treite der Kunst, zumal das Verhältnis zwischen Geber und
Nehmer, ist heute ein nicht mehr auszustreichendes Problem.
Dazu bedenke inan noch, daß so gut wie jeglicher Künstler-
regelmäßig im Stücklohn, nicht im Zeitlohn bezahlt und
noch weniger für Gratisleistungen „alimentiert" wird, wie
es in so vielen mehr verstandesmäßigen Bernfsfächern der-
mal! ist. Eine der wenigst beachteten und doch einschnei-
dendsten Gefahren des Kunstlebens!
Weiterhin heißt es: „Die Bildhauer können meist zu
wenig." Welche? etwa die meisten der 7 Unterzeichner
jener Petition? Und wär's wirklich der Fall, so würde es
kein Wunder sein! Der Künstler bedarf der Entfaltung
durch Schaffensgelegenheit, und zwar durch eine ihm ge-
mäße. Damit kommen wir auf das Programm von ;y06
zurück, das Förderung fr ei schöpfe risch er Tätigkeit ver-
langt (es war von einer ungefähr gleichen Gruppe Berliner
Bildhauer dem Landeskunstfonds und anderen beteiligten
Faktoren unterbreitet worden). Bestenfalls erhalten unsere
Plastiker Aufträge aus fremdem Kopf heraus, also die
richtige Pensenarbeit, und müssen noch froh fein, wenn
ihnen wenigstens eine solche blüht. Gelingt diese Arbeit
dann eben nur schulungsgerecht, ohne daß der Künstler-
sein eigenstes Können hinein legen konnte, so ist inan rasch
mit bekannten Klagen bei der pand.
Anch diese Pensenarbeit hält Referent bei den Künst-
lern und selbst bei den ihnen verwandten Berufen des
Schriftstellers usw. für einen so schweren Schaden, daß er
gerne die von unserer Redaktion dargebotene Gelegenheit
nut Dank für die Ermöglichung dieser Aussprache, die nun
einmal ausnahmsweise keine Pensenarbeit ist, ergreift.
Auf eine frühere derartige Darlegung des Referenten hin
wurde ihm u. a. entgegengehalten, alle Renaissancekunst
sei bestellte Kunst gewesen. Nehmen wir nnn an, daß sie
es wirklich war: vergißt man denn ganz die Gegensätze
zwischen damals und jetzt? die weit einheitlichere Kultur
von damals? die weit größere Andacht des bestellenden
und betrachtenden Publikums zur Kunst, seine sachlichere
Verehrung des Künstlers? Vergißt inan ganz, oder hat
man noch niemals beinerkt, daß in unserer Kultur das
Angebot hinter der Nachfrage herlaufen, der Produzent
dem Konsumenten die pand küssen muß, während es in
früheren Zeiten wenigstens zum Teil entgegengesetzt war?
Uebersieht man ganz den schweren Schaden unserer Zeit,
die den Produzenten zwingt, vorwiegend im fremden statt
im eigenen Kopfe zu arbeiten, und die dadurch dein Konsu-
menten einen augenblicklichen Vorteil, aber einen nm so
schwereren künftigen Schaden bereitet? Dieses Denken
unserer herrschenden Mächte in Pensengedanken, das natür-
lich immer einen berechtigten Bestandteil enthält, ist es ja
auch, was so vielen richtigen Klagen über unser Schulwesen,
zumal der Gymnasien, zugrunde liegt.
Endlich wendet sich jene Kritik gegen die „prämoderne
Anschauung" von den gegenüber dem Kunstgewerbe idealeren
Ausgaben der mehr darstellenden Künste. Wir alle müssen
uns nicht erst sagen, daß eine gute Nutzkunst besser ist als
eine schlechte Idcalkunst, und daß sich in jene ein großer
Idealismus hineinlegen läßt, für den ja anch der Unter-

zeichnete bereits auf mannigfaltige Weiss eingetreten ist.
Allein angesichts der heutigen Neigung, die Wege zu de«
Zielen der Kunst zu überschätzen, darf doch auch einer —
sagen wir: vorläufig veralteten Anschauung Ausdruck ge-
geben werden. Sie meint, daß die schöpferische Darstellung
menschlicher Vorgänge und Zustände, zumal von einem
(sei es weltlich oder kirchlich) gesteigerten Gehalt, eine
höhere Aufgabe bedeutet, als beispielsweise die nur male-
rische Malerei oder das durchschnittliche Kunstgewerbe. In
jener schöpferischen Darstellung versagt auch leichter das
Können als in diesem Gebiete; und geschieht es, dann
stellt man den monumentalen Plastiker oder Maler in den
Winkel, während der Landschafter oder Gewerbekünstler
mit seiner Leistung auch vor Kennerblicken triumphiert.
Im perbste ;Z08 wollen die Berliner Bildhauer ihre
Petition auf Grund der bisherigen Erfahrungen wieder-
holen. Wir wünschen ihnen, daß sie ihr Vorgehen technisch
geschickter anlegen als das vorige Mal; wir wünschen aber
auch allen beteiligten Faktoren genügend Erleuchtung, daß
sie den Kern der Sache erfassen und würdigen und fördern.
Der „Merckaridi"-Verlag in Liquidation.
Auf der letzten Hauptversammlung des „werd and i-
Bundes" teilte, wie wir der „Allgemeinen Zeitung" ent-
nehmen, der Vorsitzende mit, daß der zur Verausgabe der
Zeitschrift vom Bunde und einem Verleger gemeinsam ge-
gründete „Werdandi-Verlag, G. m. b. p. in Leipzig" mit
Verlust gearbeitet habe und daß der Bund nach sofortiger
Deckung seines Anteiles am Verlnstsaldo von dieser G. m. b. V.
zurückzutreten beabsichtige. Die Versammlung beschloß ein-
stimmig, daß die Zeitschrift aus den von Gönnern inzwischen
eingegangenen neuen Beiträgen so lange in etwas ver-
kleinerten! Umfange im S e I b stv erlag e des Lundes
herausgegeben werden solle, bis sich nach weiterem Zu-
fließen von Mitteln aus Mitgliederkreisen die Rückkehr aus
den Umfang und die Ausstattung der ersten Nummer er-
möglichen lasse.
Au dieser Nachricht bringt das „Börsenblatt für den
deutschen Buchhandel" folgende Ergänzung:
„Es ist nicht zutreffend, zu sagen, daß der Werdandi-
Verlag, G. in. b. 6. in Leipzig mit Verlust gearbeitet habe,
denn von eineur Aeitschriftennnternehmen in der Art des
Werdandi ist kurz nach Ausgabe der ersten Nummer kein
Gewinnsaldo zu erwarten. Die Gesellschaft mußte viel-
mehr aufgelöst werden, weil der Gesellschafter .Wer-
dandi-Bund' nicht in der finanziellen Lage war,
den von ihm übernommenen Stammanteil in voller pöhe
einzuzahlen, sondern nur soviel, als auf ihn zur Deckung
der bereits eingegangenen Verflichtungen fiel.
Demzufolge mußte die Liquidation des Ver-
lages, die inzwischen bereits eingetragen ist, erfolgen. In
der Kasse des Werdandi-Verlages sind die genügenden
Barmittel vorhanden, mn alle Forderungen in voller pöhe
zu begleichen."

Eröffnete Ausstellungen.
Lreuning (2), F. Türcke, I. Mancher, P.Wallat, K. Schleibner
(2); Aquarelle und Zeichnungen von F. Türcke (sä), F.
Kunz (9) usw.
Stuttgart. (Jin Württemberg. Kunstverein)
wurden verkauft die (Delgemälde: „Sierta" von Jul.
Adam; „Mondnacht", „Winterdämmernng" von Perm.
Drück; „In der Kirche" von Leo Bauer; „Landschaft^ von
Theod. Lauxmann; ferner Simplizissimusserie von H Aeich-
nungen „Jugend" von Andr<5 Lambert.
Wien. Jin Laufe dieser Woche wurden nachstehende
Werke in der „G österreichisch en Jubiläums-Kunst-
ausstellung" angckauft: Prof. Karl Kundmann, „Porträt
Kaiser Franz Josef I."; Gottlieb von Kempf, „Weihnacht";
Josef Kinzel, „Altes Stadttor"; Prof. Artur Straßer, „Der
 
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