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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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Ungeschickt ausgestellte Wettbewerbe, [2]
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Das "Meister-Archiv" Ruhmesinserate: (ein neues "Prachtwerk-Geschäftchen")
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0358

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35H Die Werkstatt der Kunst. Heft 26.

stimmung vorbehalten blieb, ob und in welcher Weise sie
einen der preisgekrönten Entwürfe zur Ausführung bringen
lassen will, und glauben dies damit zu beweisen, daß Sie
aus den „Grundsätzen" erwähnen: „Die Entscheidung dar-
über, ob einer der preisgekrönten Entwürfe zur Ausführung
geeignet ist und ob der Verfasser desselben eine gute Aus-
führung gewährleistet, steht ausschließlich dem Preisgericht
zu." Unsere „Grundsätze" verlangen also, daß die Jury
bestimmen soll, welcher Entwurf zur Ausführung geeignet
ist und dieses Recht blieb auch in unseren Wettbewerbs-
bedingungen der Jury gewahrt, da sie der Kunstdeputation
durch die Preisverteilung diejenigen Entwürfe bezeichnen
wird, welche sie als zur Ausführung geeignet hält.
Abgesehen aber davon, haben wir nicht die geringste
Veranlassung, in den Vorbehalt der Kunstdexutation be-
züglich der Ausführung den Zweifel zu setzen, als wollte
sie sich damit das Recht wahren, entgegen der Entscheidung
des Preisgerichts einen der nicht preisgekrönten Entwürfe
zur Ausführung bringen zu lassen.
Zu Z. Ferner kollidieren wir nach Ihrer Meinung
mit den „Grundsätzen" bezüglich der fehlenden Bestimmung
über das Urheberrecht nach K 7 der „Grundsätze", welcher
dem Künstler das Urheberrecht an seinem Entwürfe sichert.
Daran wird aber unseres Erachtens durch unsere Be-
stimmungen nichts geändert, denn mit dein Erwerb des
Eigentumsrechtes ist das Urheberrecht auf die Stadt Berlin
nicht übergegangen.
Zu H. Sie halten die Bestimmung über die Jury
für vollkommen unklar und erwähnen daraus, „jeder
Teilnehmer soll auf einem Stimmzettel den besten Ent-
wurf bezeichnen".
Der betreffende Absatz der Bedingungen lautet da-
gegen: „Das Preisrichteramt übernehmen die am Wett-
bewerb Beteiligten selbst, indem sie durch Verzeichnung
auf einem Stimmzettel diejenigen Entwürfe namhaft
machen, welche sie für die zweckentsprechendsten und künst-
lerisch wertvollsten halten. Der Modus der Stimmabgabe
wird noch bekannt gemacht."
Ls stand in Ihrem Belieben, diese angekündigte nach-
trägliche Bekanntmachung erst abzuwarten, Sie hätten sich
dadurch vielleicht einen klareren Einblick irr die Iuryfrage
verschafft. Jedenfalls werden Sie zugeben, daß mit den
Worten „die Teilnehmer verzeichnen diejenigen Entwürfe
usw." nicht dasselbe gesagt ist, wie mit den Worten, welche
Sie gebrauchen, „jeder Teilnehmer verzeichnet den besten
Entwurf," da nach unserer Fassung jeder Teilnehmer sechs
und mehr Entwürfe nennen könnte."
Abgesehen aber von dieser falschen Textwiedergabe
sind Sie in diesem Punkte überhaupt eine Aufklärung
schuldig geblieben, inwiefern wir damit gegen unsere
„Grundsätze" verstoßen. Nach tz t dieser „Grundsätze" soll
die Mehrzahl der Preisrichter aus bildenden Künstlern be-
stehen, und in diesem Falle besteht sogar die Jury aus
so viel Künstlern, wie Teilnehmer am Wettbewerbe sind.
Zu 5. Auch darin, daß wir der Ausstellungskommission
zur Pflicht machten, nach Möglichkeit eventuelle Wünsche
der Bewerber zu berücksichtigen, wollen Sie einen Verstoß
gegen unsere „Grundsätze" sehen?
tz 9 der „Grundsätze" sagt: „Bei der Aufstellung muß
für möglichste Gleichmäßigkeit der Plätze Sorge getragen
werden."
Daß nach diesen: Prinzip die Kommission, welche nur
aus Fachleuten besteht, verfahren wird, konnten wir als
selbstverständlich voraussetzen und haben die Bestimmungen
nur noch im Interesse der Bewerber in obigem Sinne er-
weitert, so daß also auch in diesen: letzten Punkte Ihre
Behauptung falsch ist. Selbst wenn wir uns aber bei Auf-
stellung der Bedingungen weniger um unsere „Grundsätze"
als Richtschnur gekümmert hätten, wäre dies jedem be-
greiflich erschienen, der sich eingehender mit der Entstehung
unseres Wettbewerbs beschäftigt hat, war es doch für
diesen offensichtlich ein außergewöhnlicher Fall, dessen Unter-
ordnung unter eine Norm größte Schwierigkeiten bereiten
mußte. Lin nach jeder Richtung hin vollständig freier

Wettbewerb wie dieser, und deswegen in künstlerischer Hin-
sicht so verlockend und erstrebenswert wie selten einer!, der
mehr als Ideenwettbewerb auszusaffen ist, würde ein ge-
legentliches Abweichen von den Grundsätzen wohl gerecht-
fertigt haben. Zwar hätte dann eine Kritik unserer Be-
dingungen uns begreiflich erscheinen müssen, in diesem
Falle aber bedauern wir, weiter aus allgemein interessante
Punkte des Ausschreibens nicht eingehen zu können, da
uns nach Ihrer bedauerlich scharfen Art, gegen uns vor-
zugehen, nur noch daran liegen konnte, Sie Punkt für
Punkt zu widerlegen.
Der Vorstand.
8. Wernelcinclr, I^einlrolcl Loelr-i^,
t. Vorsitzender. t- Schriftführer.
(Wir behalten uns eine eingehende Erwide-
rung bis Nttch Rückkehr unseres auf Reisen be-
findlichen Redakteurs vor. — Die Schriftleitung.)

(Eingesandt.)
Hinsichtlich des Wettbewerbes um ein Brunnen-
denkmal in Eickel läßt der letzte Satz von K 9 des
Programms: „Der Lntwurfsverfasser soll bei der Aus-
führung zur Mitwirkung herangezogen werden" verschiedene
Auffassungen zu. Anscheinend ist die Ausführung der
Architektur bereits im Voraus dem Stadtbauamte gesichert
und die Ausführung der Plastik wird wohl schon im voraus
den Hintermännern in Düsseldorf-Gberkassel reserviert sein,
so daß der preisgekrönte Lntwurfsverfasser „eventuell"
den Gehilfen derselben spielen darf. (? — Red.)
Ferner zu beanstanden wäre die Zusammen-
stellung der Jury aus nur einem Künstler, aber fünf
anderen Herren, „welche sich — auch — für die Kunst
interessieren", und gar die Auswahl des anzufertigenden
Entwurfes erfolgt durch den Vorstand eines „Verschöne-
rungsbazars" ! Angenommen der Deutsche Apothekerverband
schriebe einen Wettbewerb für ein Medikament gegen
Schwindelansälle, oder ein Landrat bezw. Amtmann erließe
eine komplizierte Polizeiverordnung gegen unlautere Wett-
bewerbe, oder ein Amtsbaumeister hätte ein neues Feuer-
spritzenhaus zu entwerfen, oder ein Provinzialkonservator
hätte eine Konservenbüchse in westfälischer Frührenaissanee zu
konservieren, würde man in diesen Fällen einen Künstler
zu Rate ziehen? Nein, niemals! sondern höchstens Fach-
leute. Aber warum wendet man sich bei Entscheidungen in
künstlerischen Fragen nicht nur an Fachleute, nämlich an
Künstler anstatt an Kunstamateure? Nochmals die Frage:
„warum?"
Antwort: „weil die Künstler es sich gefallen
lassen!" Mehrere Bildhauer.
Vas „Weister-Krckiv" Kukmesmsei-ate!
(Lin neues „Prachtwcrk-Gcschäftchen".)
Wir empfingen folgendes Schreiben:
„Die Berliner Firma Adolf Eckstein, „Kckiteur"
(Lharlottenburg, Bismarckstraße tH schickt einen
„Reckacteur en clieb" namens Georges Lzirmay in den
Balkanstaaten herum (und vielleicht auch in Kamerun?),
um neue „Kunstgrößen" zu entdecken und um dieselben
auch zu „verewigen". — Natürlich ums Geld.
wenn es sich nur um dieses „unschuldige Geschäftchen"
handeln möchte — so wäre es nichts Neues — aber der
liebe Mann zeigt ein Prachtwerk — betitelt „Meister-
Archiv", vor, wo wirklich die berühmtesten Meister unserer
Gegenwart nebst Biographien reproduziert sind!
Nun aber: wie kommen z. B. ein Fritz A. Kaulbach,
Stuck, Lenbach usw. dazu, neben verschiedenen orientalischen
Kunstnullen dem kunstliebenden Publikum vor Augen ge-
führt zu werden? (!)
 
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