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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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Die Eröffnung der "Großen Berliner Kunstausstellung"
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E. L.; Pixis, Ervin: Der Münchener Kunstverein und seine künftigen Vereinsgaben
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0442

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438

Die Werkstatt der Kunst.

Heft 32.

stellung, insbesondere der Königlicher: Regierung für die
Gewährung einer Lotterie.
Wie weit die künstlerischen Absichten unserer Aus-
stellung erreicht worden sind, stelle ich Ihrem wohlwollenden
Urteil anheim und bitte Sie, hochverehrter Herr Unterstaats-
sekretär, die Ausstellung eröffnen zu wollen!
Oer Mimckener Runstverem uricl seine
künftigen Vereinsgaben.
In der in: Januar stattgefundenen Mitgliederversamm-
lung des Münchener Kunstvereins (M. K. v.) fand der Vor-
schlag des Ausschusses, als Vereinsgabe für 1908 eine
Rembrandtmappe auszugeben, Annahme, und auch gegen das
Programm, „in angemessenem wechsel weitere lehrreiche
Mappen alter Meister folgen zu lassen, so daß in einer
Reihe von Jahren die Mitglieder im Besitz eines das
Studium klassischer Kunst fördernden Nachschlagewerkes sich
befinden," wurde ein Widerspruch anscheinend nicht erhoben.
So erfreulich nun an sich das Bestreben ist, das
Studium der alten Klassiker der Kunst auch bei den Mit-
gliedern des Kunstvereins zu fördern, so möchte der Schreiber
dieses, ein auswärtiges Mitglied, doch gegen diesen plan
im nachstehenden einige Bedenken äußern:
Die Herausgabe einer Rembrandtmapxe verstößt zwar
nicht gegen den Wortlaut der Vereinssatzungen, da in
denselben ein Unterschied zwischen alter und neuer Kunst
nicht gemacht wurde, erscheint aber doch dem Zwecke, oder-
wollen wir sagen der Aufgabe eines Kunstvereins nicht zu
entsprechen. Als die Kunstvereine in Deutschland gegründet
wurden, beabsichtigte man, den Sinn des Publikums für
die zeitgenössische Kunst zu wecken und für die leben-
den Künstler Käufer zu gewinnen. Und soviel man gegen
die Kunstvereine auch sagen mag, diese Aufgabe haben sie
seither allenthalben, und zwar glänzend erfüllt, man wolle
nur in Ludwig Richters Selbstbiographie in dem Kapitel
über seinen Aufenthalt in Meißen nachlesen! Diese Auf-
gabe haben sie aber auch heute noch und auch der M.K. v.,
einer der größten und verdienstvollsten Vereine, hat sie.
Und wenn auch in den Sätzen über den Zweck desselben in
den Statuten die moderne Kunst nicht besonders betont ist,
so geht doch aus dem Sinn der betreffenden Satzungs-
bestimmungen unzweifelhaft hervor, daß nur die Pflege der
zeitgenössischen Kunst seine Aufgabe ist. Diese Aufgabe
wird auch durch die Verlosungen erfüllt und wurde seither
auch durch die Ausgaben der Iahresprämien erfüllt, warum
soll nun davon abgegangen werden? Es gibt ja Heutigen-
tages eine gar nicht mehr zu überblickende Flut von Re-
produktionswerken alter Kunst, insbesondere Rembrandts,
und zwar in allen Preislagen und in jeder Ausstattung,
in mechanischer und künstlerischer Reproduktion, wovon sich
jedermann beim Betrachten der Auslagen unserer Kunst-
handlungen überzeugen kann. Es ist nicht einzusehen,
warum der M. K. v. die Zahl derselben vermehren will.
weitere Bedenken betreffen die gewählte Form des
Vereinsgeschenkes in Gestalt von Reproduktionen und die
Art deser Reproduktionen.
Fürs erste: warum denn Nachbildungen und nicht
Originale? Ausnahmsweise ist ja die Nachbildung eines
berühmten Gemäldes sehr erwünscht, aber die Regel sollte
dies nicht werden.
Und sodann: warum denn diese Bevorzugung der
mechanischen Reproduktionsart? Mit der Lenbachmappe
hat man angefangen, mit der Spitzwegmappe hat man
diesen weg weiter verfolgt und nun soll diese Art noch
mehr an Boden gewinnen und sogar zu einem „Nach-
schlagewerk" anwachsen! Man möge doch auch bedenken,
welch enormer Geldbetrag hierdurch den lebenden Künstlern
verloren geht und dafür einer gewerblichen Anstalt zufällt.
So wichtig nun für die Kunstwissenschaft und auch
für die Kunstliebhaberei die Photographie und die auf ihr
beruhenden anderen mechanischen Methoden der Reproduktion
sind, so wolle doch immer im Auge behalten werden, daß

eine Photographie und eine Photogravüre kein Kunster-
zeugnis ist. Ich darf in dieser Beziehung wohl auf die Aus-
führungen Vr. H. w. Singers auf S. 138 seiner Mono-
graphie über den Kupferstich verweisen. Publikationen
eines Kunstvereins sollten aber doch Kunsterzeugnisse sein,
und zwar um so mehr, als die graphischen Künste,
welche sich gerade in unserer Zeit zu einer seit Rembrandt
nicht mehr dagewesenen Blüte entwickelt haben (soweit es sich
um die Radierung handelt), noch sehr der materiellen
Unterstützung bedürfen.
Mögen doch die hier maßgebenden Kreise sich dieser
Aufgabe erinnern und auch die Graphiker, deren Werke
viel weniger dem Zeitgeschmack unterworfen sind als die
der Malerei, in erhöhtem Maße in Berücksichtigung ziehen!
Dabei erscheint es aber gar nicht empfehlenswert, das un-
förmliche große Format der Vereinsblätter wie
seither beizubehalten, denn wir haben keine so großen und
zahlreichen Wohnräume, um alle Prämien rahmen zu lassen,
und die großen Mappen, welche für derartige Blätter not-
wendig sind, sind auch keine besondere Annehmlichkeit.
Auch wächst nicht der ästhetische Genuß mit der Größe des
Formats.
Zweimal hat der M. K. v. nach Ansicht des Schreibers
das Richtige getroffen, das war in den Jahren 1897 und
1902 mit den Mappen mit Originalradierungen. Ls ist
mir unbekannt, warum diese Art der Vereinsaabe nicht
beibehalten wurde. Nebenbei bemerkt wäre es vielleicht
eine mit Rücksicht auf die große Mitgliederzahl des M. K. V.
empfehlenswerte Variation derselben, wenn immer nur für
je tausend Mitglieder je eine oder zwei oder mehr Original-
radierungen oder -Lithographien gewählt würden und für
das nächste Tausend andere, so daß die Zahl der Abdrucke
von einer Platte nicht so ins Ungeheure stiege, und wenn
Abdrücke von der unverstählten Platte den Mitgliedern zum
Selbstkostenpreis bereitgehalten würden.
Die Vorstandschaft des M. K. v. hatte selbst das Ge-
fühl, daß die gewählte Form der Vereinsgabe die graphischen
Künstler benachteilige, weshalb sie eine erhöhte Anzahl
graphischer Anrechtscheine in Aussicht stellt, wenn nun
auch hierdurch die Ziffer der für Graphik jährlich auszu-
setzenden Summe die gleiche bleiben sollte, was natürlich
nur durch beträchtliche Kürzung der Beträge für Gemälde
ermöglicht werden kann, so wird doch eine moralische
Schädigung der graphischen Künste nicht vermieden, weil
die Verbreitung derselben geschmälert bleibt. Auch wird
der Zweck, das Publikum zum Verständnis dieses Kunst-
zweiges zu erziehen, vereitelt, und gerade hier wäre
ein gesteigertes erzieherisches Linwirken auf das
Publikum vonnöten.
Endlich besteht Gefahr, daß die Menge zu Ver-
fälschen Ansicht erzogen oder darin bestärkt wird, eine
mechanische Reproduktion sei einem Originalkunsterzeugnis
gleichwertig, und sie erhalte in einer Lenbach-, Spitzweg- oder
Rembrandtmappe wirkliche Kunsterzeugnisse. Der M. K. V.
würde sich sonnt an der Förderung oder Unterhaltung dieses
leider weitverzweigten Irrtums mitschuldig machen, anstatt
in Befolgung seines Zweckes der Kunst gedient zu hahcn.
Mögen vorstehende Ausführungen, mit welchen nie-
mand gekränkt, sondern nur der edlen Sache der Kunstpflegc
gedient sein soll, die wünschenswerte Beachtung finden und
der M. K. v. dadurch in Zukunft vor Irrungen bewahrt
bleiben.
Der Kunst verein München sandte uns hierzu
folgende Erwiderung:
München, den 2. Mai 1908.
Hochverehrte Redaktion!
Ihre freundliche und entgegenkommende Haltung,
für die wir Ihnen verbindlichst danken, ermöglicht uns,
den vorhergehenden Ausführungen einige Worte anzusügen.
Herr L. L. hat unserm Jahresbericht nur den Antrag
unserer Vorstandschaft bezüglich der Vereinsgaben entnommen,
 
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