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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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Roth, Hermann: Die Halbjahrhundertfeier der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0553

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Die Werkstatt der Kunst

keäakteur: fritz HeUrvag.

VII. Jakrg. I)ekt 40. 6. Juli 1908.

In clieleni ^eil« unserer Leitsckrisr «rieilen vir jecleni Rünsller Uss freie Mort. Mir sorgen ctsfür, clsS keinerlei
Angriffe auf Personen ocler SenoNensckaften sbgeclruckt tverclen, okne clsS vorder cisr Angegriffene clie kllSglicdkeit gekabt
KLtte, in ciernselben I^efte zu erviclern. Oie kecisktion kält Ncd voilstLnclig unpsrteiiscd unct gibt cturcd clen Hbclruck keinesvreg»
-— - eine Lledereinstirnrnung rnit cien auf cliese Meise vorgetragenen Meinungen zu erkennen. -

Oie I)albjakrkunctertfeier cler Allgemeinen Oeullcken Runstgenossensckast.*)

München, Ende Juni 1908.
Zu Düsseldorf war es, wo im Malkasten nach
einem Besuch des Malers Gisbert Flüggen deutsche
Künstler den Beschluß faßten, zu einem deutschen
Bund sich zu vereinen, der auf einem nach Bingen
einberufenen Gage zur Tat wurde. Erst später wurde
die Abhaltung der „ersten deutschen allgemeinen und
historischen Kunstausstellung in München" beschlossen,
und am Dienstag, den 15. Juli 1858 ist sie in feier-
licher weise eröffnet worden. Prof. Moritz Larriere,
der bekannte Aesthetiker, damals Sekretär der bilden-
den Künste, hielt die Festrede. Ts sprach weiter der
badische Hofmaler Feodor Dietz, dessen die Zeitverhält-
nisse trefflich charakterisierende Ausführungen den
Lesern dieses Blattes in der letzten Nummer schon
bekannt geworden sind. Damals, vor einem halben
Jahrhundert erst, fanden sich vor der Eröffnung der
Ausstellung die Künstler noch in der Bonifazkirche
zusammen und der gelehrte Abt Haneberg, später
Bischof von Speyer, hielt ein Festamt. So religiös
wäre man heute kaum mehr,- es war vielleicht da-
mals noch die kirchliche Kunst, das Nazarenertum in
ihr, stärker betont. Ein Vertreter gerade dieser Rich-
tung, der alte Historienmaler Julius Frank, einer der
wenigen lebenden Zeugen der Binger Gründungsfeier,
fiel erst kurz vor dem Fest, auf das er sich so ge-
freut hatte, einem Verkehrsunfall zum Opfer.
Die Zeiten sind andere geworden, auch die Kunst.
Ob diese, ob jene die vollwertigere, das wird erst wieder
eine spätere Zeit endgültig zu entscheiden haben. Das
darf man auch heute sagen, daß die Ausstellung der
Deutschen Kunstgenossenschaft von 1908, für die der
ganze Westflügel des Glaspalastes zur Verfügung
steht, jener inhaltsreichen und bedeutungsvollen vom
Fahre 1858 an wert keineswegs nachsteht. In
jener ersten Ausstellung waren die besten Meister
ihrer Zeit vertreten. Da zeigte Peter Cornelius seine
apokalyptischen Reiter, Pilotp den berühmten und
volkstümlich gewordenen „Seni an der Leiche Wallen-
steins", Moritz von Schwind seine „Lieben Raben",
Menzel die „Schlacht bei Hochkirch", Führich seine

„Trauernden Juden", Lessing die „Hussitenpredigt",
Overbeck den „Triumph der Religion in den
Künsten", Enhuber sein „Unterbrochenes Karten-
spiel", Rethel seine Kartons für das Aachener Rat-
haus. Das war eine Heerschau über alle Könner in
Deutschland: Kaulbach, Andreas Achenbach, Rottmann,
vautier, Bürkel, Dörner, Preller, Schirmer, Ramberg,
Schleich, Heß, Adam, die Ausstellung eine nationale
Tat, die das völkische Gefühl der Deutschen mächtig
steigerte. Cornelius erst griff ins Herz der Nation,
er war der Philosoph unter den Malern zu der Zeit,
da unsere Historiker Weltgeschichte schrieben und die
Maler Weltgeschichte malten. Dazu kam die ganze
Innigkeit des deutschen Gemütslebens in den Dar-
stellungen von Moritz von Schwind, in den Illustra-
tionen deutscher Dichtungen durch den feinen Lebens-
künstler Ludwig Richter. Idealisten und Realisten
waren, wie der Kunsthistoriker und Universitätsprofessor
Berthold Riehl in seinem Festvortrag „zum Ge-
dächtnis deutscher Kunst vor fünfzig Fahren"
treffend ausführte, tätig auf jener Ausstellung, deren
Hintergrund das München der Könige Ludwig I. und
Max II. bildete, deren Kern die monumentale deutsche
Malerei mit Cornelius als Hauptvertreter war. Der
Realismus in der deutschen Kunst, so legte der Redner
weiter dar, ist nicht erst aus holländischem oder fran-
zösischem Einfluß erwachsen, sondern die Deutschen
selber, so Menzel, Heß, Adam, Achenbach, Schleich usw.
sind an dieses Problem herangetreten. Allerdings
wirkten dann auch Anregungen von Paris und Belgien
auf unsere Schulen herüber.
Eine festliche Eröffnung hat, wie vor fünfzig
Fahren, auch diesmal der großen Glaspalastausstellung
nicht gefehlt. Des Königs Ludwig I. edler Sohn,
Prinzregent Luitpold, hatte sich mit den Prinzen
und Prinzessinnen des Hofes eingefunden und ließ sich
durch den Vorstand der Münchener Künstlergenossen-
schaft, Prof. Hans von Petersen, und dem Vorsitzen-
den der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft, Prof.
Löwith, die Vorstandschaftsmitglieder der ersteren,
den Hauptausschuß und die auswärtigen Delegierten
der Kunstgenossenschaft, die Vorsitzenden der Furp und
die Hängekommission vorstellen. Professor Löwith
dankte dem hohen Herrn, daß an dieser Stelle und
 
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