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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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Schmidt, Karl Eugen: Kunst und Brot
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Juristischer Briefkasten der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0246

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Die Werkstatt der Kunst.

Heft s8.

2H2

Gelde her, ärger als die Mehrheit eben dieser geldgierigen
Spießbürger. Sie machen die Mode mit und hängen ihr
Mäntelchen nach dem Winde, sie umschmeicheln den jeweilig
herrschenden Geschmack des Publikums, mag der nun gut
oder schlecht sein, und sie lassen sich zu Dingen herbei, die
von den meisten Spießbürgern verschmäht würden, um nur
auf den Kunstmarkt, das heißt an die Kunsthändler und
in die Ausstellungen zu kommen. Gerade diejenigen Künstler
tun das, die immer von „uns Künstlern" reden und sich
aus besonderem Holze geschnitzt wähnen. Und gerade die-
jenigen Künstler, die wirklich nicht imstande wären, ihre
Kunst um der Groschen willen zu verraten, sträuben sich
am wenigsten, wenn man ihnen auch die geringste, in ihr
Fach einschlagende Arbeit zumutet. Schwind hat Entwürfe
für Tabakspfeifen und Teekannen gezeichnet, piloty hätte
den Besteller solcher Dinge vermutlich stolz aus dem Hause
gewiesen.
In Paris existiert seit einigen Jahren eine Künstler-
gesellschaft, die sich entschieden aus den Standpunkt gestellt
hat, daß der Künstler seine Arbeit verkaufen und sein Brot
verdienen muß, so gut wie irgendein anderer Handwerker.
Und im Vorwort des letzten Katalogs des Herbstsalons
wird klar herausgesagt, daß diese Ausstellung gemacht ist,
um die Arbeiten der Künstler an den Käufer zu bringen.
Diese Erklärung freut mich sehr. Nimmermehr hätten die
Herren vom Ehamp de Mars oder gar die Bonzen der
Lhamps-Llysöes eine solche Erklärung gewagt. Sie haben
das freilich auch nicht nötig. Man braucht nur ihre genau
wie im Magazin eines Händlers von oben bis unten voll-
gehängten Ausstellungssäle zu betreten, um zu wisseu, daß
man sich auf dem Bildermarkte befindet. Ganz im Gegen-
teil müssen diese Leute die Fiktion des von Lust und Ideal
lebenden Künstlers aufrechterhalten und verächtlich von dem
Louisdor reden, dem sie nachlaufen wie der Hund dein
Hasen. Die Leute vom Herbstsalon dagegen können sich
den Luxus der Wahrheit gestatten, weil sie mit der Tat
beweisen, daß es ihnen nicht bloß um Geld und Verdienst
zu tun ist. Sie beweisen es individuell, indem sie unver-
käuflichen Blödsinn malen, der wohl niemals zur Mode-
ware des Marktes werden wird, und sie beweisen es kollektiv,
indem sie die Hälfte des ihnen zur Verfügung stehenden
Raumes retrospektiven Ausstellungen überlassen, die keinem
von ihnen einen Heller einbringen können. Im ver-
flossenen Jahre haben sie es schlagender als je bewiesen,
indem sie einem bisher völlig unbekannten jungen Spanier,
der überhaupt zum erstenmal in Paris ausstellt, nicht nur
den ganzen Ehrensaal, sondern außerdem noch zwei Gale-
rien für sich allein eingeräumt haben. Ehe die nur für
das Ideal arbeitenden Leute der beiden Frühjahrssalons
so etwas tun, stürzen alle Ausstellungspaläste der Welt ein.
Mit der falschen Eitelkeit der Künstler hängt es zu-
sammen, daß es keine rechte Verbindung mehr gibt zwischen
dem arbeitenden Volke und der Kunst. Der Künstler ist eben
der Hofnarr der reichen Leute, er arbeitet für die Millionäre,
das arbeitende Volk existiert nicht für ihn, weil es keine
Bestellungen macht. Deshalb darf er sich auch nicht um
die materiellen Sorgen des Proletariats kümmern, nein,
er muß in den Wolken schweben oder auf dein Parnaß
mit den Musen schwärmen; so oft er kommt, soll er da
willkommen sein; die Erde und alles Irdische geht ihn
nichts an.
Dürer, Michelangelo, Rubens, Velasquez, sie alle
hielten sich nicht für zu stolz, um mit ihrer Kunst nach
Brot zu gehen. Im Gegenteil: sie waren zu stolz, um
den Hofnarren zu spielen, sie ließen sich für ihre Arbeit
bezahlen, aber schenken ließen sie sich nichts. Das ist der
wahre Künstlerstolz wie der wahre Mannesstolz. Die aller-
erste Pflicht ist, daß man sein Brot verdient, daß man
nirgends bitten und betteln muß, daß man von keinen:
Menschen Almosen heischt oder empfängt. Und wenn inan
diese erste Bedingung erfüllt hat, dann mag man den Flug
iu die blauen Fernen des Ideales wagen und die Knust
um der Kunst willen betreiben. Mein Freund Earabin —
um ein konkretes Beispiel anzuführen — hat vor fünfzehn

Jahren einem Fabrikanten Meerschaumpfeifen geschnitzt, um
sein Brot zu verdienen. Hat ihn das gehindert, zu einen:
der eigenartigsten und reizvollsten Bildhauer zu werden?
Und darf er darauf nicht viel stolzer sein, als wenn er sich
mit öffentlichen Stipendien und privaten Unterstützungen
durchgebettelt hätte?
Die Künstler sollen sich vor allen Dingen bewußt
werden, daß sie aus demselben Teige gebacken sind wie alle
anderen Menschen, und daß sie wie die anderen vor allein
die Pflicht haben, für sich selbst zu sorgen. Je besser ihnen
das gelingt, desto freier und unabhängiger wird ihre nach-
malige künstlerische Arbeit werden.
Juristischer Vrieskasten cter Allgemei-
nen Deutschen Kunstgenossenschast.
der A. D. A. G. sowie den Abonnenten der „W. d. A." frei. Als Mit -
s. V. IVl. K.. in V.: Sie haben Bleistift- und Farbeil-
skizzen, die Sie einer Kunstanstalt zur Ansicht eingesandt
hatten, mit dein Lochapparat durchlocht zurückerhalten und
verlangen nunmehr von der Kuustanstalt Bezahlung der
Skizzen.
Antwort: Zhr Anspruch ist gerechtfertigt.
Durch das Durchlochen sind die Skizzen beschädigt
und schwerer verwertbar geworden, weil der Ver-
leger sieht, daß die Skizzen schon an anderer Stelle
abgelehnt oder veröffentlicht worden sind.
2. IVI. k>. in bl.: Haftet ein Kunsthändler, wenn das
Rahmenglas eines bei ihm ausgestellten Bildes springt?
Haftet er dann, wenn das Zerspringen auf zu starkes Heizen
zurückznführen ist?
Antwort: Den durch Naturereignisse und
sonstige unabwendbare Zufälle eingetretenen Schaden
trägt der Künstler als Eigentümer des Bildes. Hat
aber der Kunsthändler oder einer seiner Angestellten
den Schaden verschuldet, z. B. durch übermäßiges
Heizen, so ist er ersatzpflichtig.
Z. 8. R. in V.: Der Kunstverein A. hat zum Zwecke
der Ausstellung eine Sammlung Bilder durch die Fracht auf
zwei Frachtbriefe mit einer Wertangabe von je 5000 Mk.
erhalten. Bei Beendigung der Ausstellung erhält er die
Weisung, die Sammlung an den Kunstvereiu D. zu senden,
der dein Aussteller einmalige Frachtfreiheit zugesichert hat.
Dhue Auweisuug und entgegen den: bestehenden Gebrauch
schickt der Kunstvereiu A. die Sammlung auf zwei Fracht-
briefe mit Wertangabe von 6000 und 20 000 Mk., wodurch
sich die Fracht bedeutend erhöhte. Der Kunstvereiu D. ver-
langt Erstattung der Frachtdifferenz von: Aussteller, dieser
den Kunstverein A. regreßpflichtig machen.
Antwort: Beide Erstattungsansprüche sind
berechtigt. Der Kunstverein D. braucht mangels
einer besonderen Vereinbarung nur die übliche
Fracht, d. h. die bei einer Wertangabe von je
5000 Mk., zu bezahlen. Der Aussteller aber kann
gegen den Kunstverein A. Regreß nehmen, weil
dieser die Sammlung so weiterzuschieken hatte, wie
sie ihm zugesandt war.
q.. L. iu S.: Sie habe:: eiu Plakat auf Steiuplatteu
der lithographische:: Anstalt gezeichnet, welche mit den:
Druck des Plakats beauftragt war. Das Plakat ist nicht
von den Grigiualstcincn gedruckt, sondcru von Aiukplatten,
auf die durch Umdruck die Zeichnung der Steine übertragen
worden war. Die lithographische Anstalt hat ohne Ihre
 
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