Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/1908
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Einwände gegen die Gebührenordnung für das Kunstgewerbe (Eisenacher Ordnung)
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Die Werkstatt der Kunst
keäakteur: ^ritz tzeUwag. VII. Jakrg. Hekt 11. jö. Oez. 190^.
In clielern ^eile unserei- LeMckriN erteilen wir jeciern RLnitisr ciss freie Mort. Mir sorgen ciafür, Lsk keinerlei
Angriffe auf Personen octer Eenosssnscksften abgeciruckt werclen, okne LsIZ vorder cisr 71 ri gegriffene clis Möglicdkeit geksbt
KLtte, in clernselben IZsfts zu erwiclern. Vie kleciLktion kält fick vollstLnclig unparteiis-d uncl gibt ciurL- clen TIbLruck keineswegs
eine Nsbersinstirnrnung rnit clen auf Liess Meise vorgetrsgsnen Meinungen zu erkennen.
binxvänäe gegen clie Gebükrenorclnung kür
von einen
Der „Verband deutscher Kunstgewerbevereine"
beabsichtigt eine Gebührenordnung für das Kunst-
gewerbe aufzustellen. (Vergl. „D. w. d. K." VH
Heft ^8.) Das heißt, er beabsichtigt, dem für das
Kunstgewerbe arbeitenden Künstler die Grenze für
den Ertrag seiner Arbeit zu ziehen. Gut er das, um
„einem längst gefühlten Bedürfnis" abzuhelfen?
Und wenn ja, was legitimiert die Gesamtheit
der Kunstgewerbeoereinler, dem ausübenden Künstler
die Gebühren, sagen wir, vorzuschreiben, die er für
seine Arbeit beanspruchen darf? Ls existiert —
leider — wohl keine Statistik, die angibt, wieviel
Künstler den Kunstgewerbevereinen als Mitglieder
angehören. Schätzungsweise aber glaube ich, daß,
wenn's hoch kommt, auf fOO Mitglieder 5 Künstler
entfallen, Hat man aber je gehört, daß etwa zur
Bestimmung eines Tarifes des Schneider-, Schuster-
oder Tischlergewerbes außer den Mitgliedern der
betr. Innung noch oder gar Außenstehende
zugezogen wurden? Und wie wäre es — und was
würden etwa die Herren Kunstschriftsteller (die ja
auch zum Teil den Kunstgewerbevereinen angehören)
wohl sagen, wenn die Kunstgewerbevereine plötzlich
auf die Idee kämen, das „Bedürfnis" nach einer
Gebührenordnung für das „kunstgewerbliche" Schrift-
stellern realisieren zu wollen?
Kunstgewerbe wird ja jetzt — hier und da
vielleicht nur widerwillig — auch als „Kunst"
ästimiert. Also als das, als was bisher nur Malerei
und Plastik galt, Hat man aber je etwas von
einem Tarif für Bilder und Skulpturen gehört?
Das würde einen schönen Spektakel geben, und
Kübel von Tinte, Hohn und Spott würden sich über
die armen Kunswereine ergießen, würden die sich
einfallen lassen, einen solchen Tarif in die Welt zu
setzen, würden sie also das tun, was die Kunstgewerbe-
vereine zu tun beabsichtigen.
Man wende nicht ein, die Architektenvereine
hätten doch auch eine Gebührenordnung aufgestellt,
und Architektur wäre doch auch Kunst.
Schön. Ich bezweifle aber, daß diese Ordnung
zur Erhöhung der künstlerischen Leistungen der
Architekten beigetragen hat (und darauf kommt es
doch schließlich — außer den Architekten natürlich
— allen nur an). Ja, ich bin sogar der persön-
lichen Ueberzeugung, daß sie an dem jetzt so oft
*) Auf Wunsch des Verfassers wird dieser, in der Monatsschr
in ungekürzter forrn wiedergegeben. — Red.
cias Runstgenerbe (Srsenackei' Orclnung).*)
Künstler.
beklagten Tiefstand der baukünstlerischen Leistungen
nicht ganz unschuldig ist, und daß sie ihre Existenz
nur einer Zeit verdankt, die Architektur als „Kunst"
nicht mehr „ganz für voll" erachtete. Mit welcher
Ueberzeugung ich beileibe nicht den Verdacht ver-
knüpfen will, als ob auch die Kunstgewerbevereine
im tiefsten Grunde ihres Herzens Kunstgewerbe nicht
ganz für „Kunst" ansähen.
Immerhin — daß die Architektenvereine für
die wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder zu
sorgen sich verpflichtet fühlten, verstehe ich (glaube
auch, daß sie es sich nie auch nur träumen ließen,
diese ihre Fürsorge könne ihrer Kunst irgendwelchen
Schaden zufügen) und würde deshalb ohne weiteres
den Vorschlag eines Künstlervereins, eine Gebühren-
ordnung fürs Kunstgewerbe einzuführen, verstehen,
wohlverstanden, verstehen — nicht billigen. Daß
die Kunstgewerbevereine aber diesen Vorschlag
machen, das, muß ich gestehen, ist nur unverständlich.
Diese Vereine haben doch nur ein Interesse an dem
Wohlergehen, der Blüte, der (Qualität des Kunst-
gewerbes. was kümmert sie das materielle Wohl-
ergehen der Gesamtheit der Künstler (zu der doch
auch die mittelmäßigen und die minderwertigen ge-
hören)? was kümmert dies vor allem den Teil
der Vereinsmitglieder, der ein völlig begreifliches
Interesse daran hat, die Entwürfe der Künstler
möglichst billig zu bekommen, nämlich die Fabrikanten
usw., die Abnehmer der „Erzeugnisse" des Künstlers?
Selbstlosigkeit ist eine schöne Sache. Aber ist es
auch nur berechtigt, zu erwarten (oder gar zu ver-
langen), daß diese Herren aus purer Selbstlosigkeit
ihre eigenen Interessen hinter die der Künstler
stellen sollen? Vielleicht öffnet dieser Umstand allein
schon den Künstlern die Augen, die — bestochen
von der jetzt geplanten (oft übrigens nur scheinbaren)
Höhe der Gebühren — ein Unternehmen stillschweigend
zu sanktionieren sich anschicken, das nach seiner An-
erkennung und Einführung jede beliebige Aenderung
durch Majoritätsbeschluß erfahren kann.
Weiter. Ein jeder „Tarif" bedingt doch eine
fortlaufende Arbeitsmöglichkeit. Hat die der Künstler,
kann er sie selbst dann haben, wenn er stets Auf-
träge hat? Der Künstler — nicht zu verwechseln
mit dem gewerbsmäßigen Zeichner, von dem rede
ich hier nicht — der Künstler kann unmöglich tag-
keäakteur: ^ritz tzeUwag. VII. Jakrg. Hekt 11. jö. Oez. 190^.
In clielern ^eile unserei- LeMckriN erteilen wir jeciern RLnitisr ciss freie Mort. Mir sorgen ciafür, Lsk keinerlei
Angriffe auf Personen octer Eenosssnscksften abgeciruckt werclen, okne LsIZ vorder cisr 71 ri gegriffene clis Möglicdkeit geksbt
KLtte, in clernselben IZsfts zu erwiclern. Vie kleciLktion kält fick vollstLnclig unparteiis-d uncl gibt ciurL- clen TIbLruck keineswegs
eine Nsbersinstirnrnung rnit clen auf Liess Meise vorgetrsgsnen Meinungen zu erkennen.
binxvänäe gegen clie Gebükrenorclnung kür
von einen
Der „Verband deutscher Kunstgewerbevereine"
beabsichtigt eine Gebührenordnung für das Kunst-
gewerbe aufzustellen. (Vergl. „D. w. d. K." VH
Heft ^8.) Das heißt, er beabsichtigt, dem für das
Kunstgewerbe arbeitenden Künstler die Grenze für
den Ertrag seiner Arbeit zu ziehen. Gut er das, um
„einem längst gefühlten Bedürfnis" abzuhelfen?
Und wenn ja, was legitimiert die Gesamtheit
der Kunstgewerbeoereinler, dem ausübenden Künstler
die Gebühren, sagen wir, vorzuschreiben, die er für
seine Arbeit beanspruchen darf? Ls existiert —
leider — wohl keine Statistik, die angibt, wieviel
Künstler den Kunstgewerbevereinen als Mitglieder
angehören. Schätzungsweise aber glaube ich, daß,
wenn's hoch kommt, auf fOO Mitglieder 5 Künstler
entfallen, Hat man aber je gehört, daß etwa zur
Bestimmung eines Tarifes des Schneider-, Schuster-
oder Tischlergewerbes außer den Mitgliedern der
betr. Innung noch oder gar Außenstehende
zugezogen wurden? Und wie wäre es — und was
würden etwa die Herren Kunstschriftsteller (die ja
auch zum Teil den Kunstgewerbevereinen angehören)
wohl sagen, wenn die Kunstgewerbevereine plötzlich
auf die Idee kämen, das „Bedürfnis" nach einer
Gebührenordnung für das „kunstgewerbliche" Schrift-
stellern realisieren zu wollen?
Kunstgewerbe wird ja jetzt — hier und da
vielleicht nur widerwillig — auch als „Kunst"
ästimiert. Also als das, als was bisher nur Malerei
und Plastik galt, Hat man aber je etwas von
einem Tarif für Bilder und Skulpturen gehört?
Das würde einen schönen Spektakel geben, und
Kübel von Tinte, Hohn und Spott würden sich über
die armen Kunswereine ergießen, würden die sich
einfallen lassen, einen solchen Tarif in die Welt zu
setzen, würden sie also das tun, was die Kunstgewerbe-
vereine zu tun beabsichtigen.
Man wende nicht ein, die Architektenvereine
hätten doch auch eine Gebührenordnung aufgestellt,
und Architektur wäre doch auch Kunst.
Schön. Ich bezweifle aber, daß diese Ordnung
zur Erhöhung der künstlerischen Leistungen der
Architekten beigetragen hat (und darauf kommt es
doch schließlich — außer den Architekten natürlich
— allen nur an). Ja, ich bin sogar der persön-
lichen Ueberzeugung, daß sie an dem jetzt so oft
*) Auf Wunsch des Verfassers wird dieser, in der Monatsschr
in ungekürzter forrn wiedergegeben. — Red.
cias Runstgenerbe (Srsenackei' Orclnung).*)
Künstler.
beklagten Tiefstand der baukünstlerischen Leistungen
nicht ganz unschuldig ist, und daß sie ihre Existenz
nur einer Zeit verdankt, die Architektur als „Kunst"
nicht mehr „ganz für voll" erachtete. Mit welcher
Ueberzeugung ich beileibe nicht den Verdacht ver-
knüpfen will, als ob auch die Kunstgewerbevereine
im tiefsten Grunde ihres Herzens Kunstgewerbe nicht
ganz für „Kunst" ansähen.
Immerhin — daß die Architektenvereine für
die wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder zu
sorgen sich verpflichtet fühlten, verstehe ich (glaube
auch, daß sie es sich nie auch nur träumen ließen,
diese ihre Fürsorge könne ihrer Kunst irgendwelchen
Schaden zufügen) und würde deshalb ohne weiteres
den Vorschlag eines Künstlervereins, eine Gebühren-
ordnung fürs Kunstgewerbe einzuführen, verstehen,
wohlverstanden, verstehen — nicht billigen. Daß
die Kunstgewerbevereine aber diesen Vorschlag
machen, das, muß ich gestehen, ist nur unverständlich.
Diese Vereine haben doch nur ein Interesse an dem
Wohlergehen, der Blüte, der (Qualität des Kunst-
gewerbes. was kümmert sie das materielle Wohl-
ergehen der Gesamtheit der Künstler (zu der doch
auch die mittelmäßigen und die minderwertigen ge-
hören)? was kümmert dies vor allem den Teil
der Vereinsmitglieder, der ein völlig begreifliches
Interesse daran hat, die Entwürfe der Künstler
möglichst billig zu bekommen, nämlich die Fabrikanten
usw., die Abnehmer der „Erzeugnisse" des Künstlers?
Selbstlosigkeit ist eine schöne Sache. Aber ist es
auch nur berechtigt, zu erwarten (oder gar zu ver-
langen), daß diese Herren aus purer Selbstlosigkeit
ihre eigenen Interessen hinter die der Künstler
stellen sollen? Vielleicht öffnet dieser Umstand allein
schon den Künstlern die Augen, die — bestochen
von der jetzt geplanten (oft übrigens nur scheinbaren)
Höhe der Gebühren — ein Unternehmen stillschweigend
zu sanktionieren sich anschicken, das nach seiner An-
erkennung und Einführung jede beliebige Aenderung
durch Majoritätsbeschluß erfahren kann.
Weiter. Ein jeder „Tarif" bedingt doch eine
fortlaufende Arbeitsmöglichkeit. Hat die der Künstler,
kann er sie selbst dann haben, wenn er stets Auf-
träge hat? Der Künstler — nicht zu verwechseln
mit dem gewerbsmäßigen Zeichner, von dem rede
ich hier nicht — der Künstler kann unmöglich tag-