Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/1908
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0190
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Die Künstler-Baugenossenschaft in München, [2]
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^86
Um Spekulation auszuschließen, wurde die Anzahl der
Anteilscheine, welche ein Mitglied erwerben kann, begrenzt.
Nicht jedes Mitglied, welches Anteilscheine erwirbt,
hat den Wunsch, ein eigenes Haus zu erwerben. Es ist
ohne Zweifel, daß Personen, welche das Unternehmen
fördern helfen wollen, die Mitgliedschaft und Anteilscheine
erwerben können. Diese Anteilscheine sind zu 3si//o zu
verzinsen und jährlich kündbar.
Jeder, der ein Haus als Eigentum will, muß vorher
eine gewisse Anzahl von Anteilscheinen voll einbezahlt haben.
Die Haftsumme ist so hoch als ein Anteilschein.
Ueber diese Punkte geben später die Statuten genaue
Auskunft.
Es werden in der Hauptsache freistehende Einfamilien-
häuser mit oder ohne Atelier und Ateliergebäude, Sommer-
und Ferienhäuser errichtet und „den Mitgliedern zur
Miete oder Eigentum überlassen. Ausnahmsweise
können auch an Nichtmitglieder Bauten vermietet oder ver-
kauft werden."
Die Bemerkung, daß überall in Vberbayern gebaut
werden darf, wiederhole ich. Aber an dem Sitze der Bau-
genossenschaft, in München also selbst, ist aus vielen maß-
gebenden Gründen eine ausgiebige Bautätigkeit zu ent-
falten. Schon aus dem Grunde, weil eben innerhalb
des Burgfriedens ein recht unangenehmer, fühlbarer Mangel
an geräumigen, zeitgemäß eingerichteten Atelier-Einfamilien-
häusern herrscht.
Die Mieten für die H. (!) Stock- (Atelier-)wohnungen
sind aber derart hohe, daß man auf Mittel und Wege
sinnen muß, um diese Mietausgaben rationeller, vorteil-
hafter anzulegen. Zahlt einer tausend Mark pro Jahr
(für ein paar Zimmer mit Atelier), so ergibt dies die
stattliche Summe von 5V 000 Mk. in 30 Mietjahren; zahlt
einer 2000 Mk. p. u., so macht dies in diesem Zeiträume
00 000 Mk. aus, zahlt einer aber zooo Mk., so ergibt
dies 90 000 Mk.! . . .
Gerade die Angehörigen der „freien Berufe", die im
Alter sehr oft auf Pension gar nicht hoffen können, haben
die Pflicht, diese enormen Mietausgaben wenigstens zum
Teil der Familie zu erhalten. — Der einzige weg hierzu,
zugleich der vorteilhafteste, ist der Beitritt in eine Bau-
genossenschaft.
Dort bekommt er für eine entsprechende Anzahl von
Anteilscheinen ein recht wertvolles Aequivalent, nämlich
das Eigentumsrecht eines feinen Bedürfnissen ent-
sprechenden Familienhauses. Ein Gbjekt, das im Laufe
der Jahrzehnte an wert gewinnt! — Um die Veräußerung
an Ungeeignete zu verhindern, behält sich die K.-B.-G. das
Rückkaufsrecht vor. Auch wird dadurch unlauteren Speku-
lanten das Eindringen und das Vorschieben von „Stroh-
männern" unmöglich gemacht. Ls braucht also keiner zu
fürchten, daß nach ein paar Jahren sein Nachbar verkauft
und an dessen Stelle ein — Schnaps- oder Weinhändler
(der vielleicht eine Animierkneipe zu eröffnen im Sinne
hat) tritt. —
Dadurch, daß alle Betriebe, die weder Rauch-, Unruhe-,
noch Rußbelästigung im Gefolge haben, zugelassen werden
können, ist für Abwechslung in der Gestaltung der Gesamt-
anlage gesorgt, z. B. Stein- und Kupferdrucker, Klischee-
fabrikation, Druckereien mit Motorkraft, Buchbinder, Ver-
leger u. dergl. mehr.
Außer der vorteilhaften Verwertung des Miet-
kapitals, die ich an obigen Zahlenbeispielen zu wiederholten
Malen mir vorzuführen gestattete, bietet die Mitgliedschaft
noch mehrere Vorteile finanzieller Art, die dem Einzelnen
sonst entgehen.
Das ist ja das Eharakteristiknm der Genossenschaft,
daß sie Vorteile bietet (durch einträchtigen Zusammen-
schluß!), die der Einzelne niemals erreichen kann. Es ist
hier zu wiederholen, daß schon beim Raufe von Terrain
Heft (H.
bei rationeller Art des Vorgehens unter Umständen bis an
die 2000/0 eingespart werden können. — Der einzelne Bau-
platz muß zu bedeutend höherem Preise bezahlt werden,
als ein großes Stück unparzelliertes Mutterland! Ferner
vermindern sich die Preise der Handwerksmeister und der
notwendigen Bau-Industriellen nm so mehr, je mehr
laufende Arbeitsaufträge sie durch die Baugenossenschaft
erhalten würden.
wir leben ja im blühenden Zeitalter des Groß-
betriebes, der wesentlich billiger arbeitet, als der veraltete
teure Kleinbetrieb. — Durch rationelle großzügige Dekonomie
und Kalkulation werden die Baukosten der einzelnen Häuser
sehr reduziert werden können. Dies ist wiederum von
großem Vorteile für die Mitglieder, welche ein Eigenhaus
zu erwerben im Sinne haben.
Es wurde schon früher angedeutet, daß der „Unter-
nehmergewinn" auszuschalten ist. Darüber sind wohl
alle einig! Der Unternehmergewinn beträgt im allgemeinen
30—HO"/« in „schlechten" Zeiten . . .
Ferner ist ein weiterer Vorteil die billige Beschaffung
von Baukapital, dieser Punkt ist augenblicklich sehr
aktuell, da der Bankdiskont eine enorme Höhe erreicht hat.
In Bayern werden Baugenossenschaften, die alle Ein-
zahlungen ihrer Mitglieder nicht höher als zu qF/g ver-
zinsen, als „gemeinnützige Institute" betrachtet, wir haben
somit begründete Aussicht, das Baukapital von seiten irgend-
welcher Staatsstellen zu 5hzO/o zu bekommen.
Es wäre hier auch Gelegenheit, zu erinnern, daß
verschiedene Münchenev (Künstler-) Korporationen ungemein
große Kapitalien aufgespeichert haben, also in der Lage
wären, eine Künstler-Baugenossenschaft durch leihweise
Ueberlaffung von Baugeld zu ^/gO/o zu fördern.
Diesem Ansuchen dürfte man bei Gewährung der
üblichen hypothekarischen Sicherheit willfahren.
An einem Unternehmen, wie es in dieser gemein-
nützigen K.-B.-G. verkörpert wäre, dürfte eigentlich auch
die Stadtgemeinde an sich Interesse finden. Bildet es doch
eine stete Einnahmequelle für sehr viele Handwerker und
Industrielle! Im Ausstellungsjahre t908 ist jede Ab-
satzquelle für die zahlreichen Gegenstände der Möbel- und
-angewandten Kunst aus dieser Ausstellung von größtem
Segen. Denn an nichts fehlt's in München so sehr — als
ar: ausgiebigen Absatzquellen. Ein Zustand, der auch für
die Künstlerfchaft von Jahr zu Jahr unerträglicher wird
— und sie nach „Norden" zu ziehen zwingt.
Zum Schluffe sei mir erlaubt, jeden (Münchener) Leser
der „w. d. K." zu bitten, durch persönliche Propaganda
für diese Münchener Künstler-Baugenossenschaft zu wirken.
Denn bis zur Generalversammlung dürften nur noch
wenige Wochen sein — und bis dahin sollten doch mindestens
hundert ernsthafte Restektanten fest zugesagt haben, von
denen jeder wenigstens einen einzigen Anteilschein — oder
eine Einzahlung hierauf von mindestens fünfzig Mark —
zu nehmen bereit wäre. Und zur Generalversammlung sollen
doch nur solche geladen werden, m. L., die sofort beizutreten
wirklich gewillt sind. Denn der Anfang zur Realisierung
muß in Bälde gemacht werden, aus diversen zwingende,!
Gründen. Ich glaube, wichtiger als der Karneval wäre
die Propagierung und Förderung dieses für die gesamte
Künstlerschaft so segensreichen Unternehmens.
provisorische Anmeldung an: Architekt Gottlieb
Möstcl, München, Belgradstr. (8, I.
Mir schließen uns der Bitte des Herrn Mtöstel
an, daß sich ernsthafte Reflektanten nunmehr unver-
züglich bei ihm melden möchten.
Rian darf auf die Formulierung der Statuten
gespannt sein. Für den Fall, daß man beabsichtigt,
Die Merkstatt der Kunst.
Um Spekulation auszuschließen, wurde die Anzahl der
Anteilscheine, welche ein Mitglied erwerben kann, begrenzt.
Nicht jedes Mitglied, welches Anteilscheine erwirbt,
hat den Wunsch, ein eigenes Haus zu erwerben. Es ist
ohne Zweifel, daß Personen, welche das Unternehmen
fördern helfen wollen, die Mitgliedschaft und Anteilscheine
erwerben können. Diese Anteilscheine sind zu 3si//o zu
verzinsen und jährlich kündbar.
Jeder, der ein Haus als Eigentum will, muß vorher
eine gewisse Anzahl von Anteilscheinen voll einbezahlt haben.
Die Haftsumme ist so hoch als ein Anteilschein.
Ueber diese Punkte geben später die Statuten genaue
Auskunft.
Es werden in der Hauptsache freistehende Einfamilien-
häuser mit oder ohne Atelier und Ateliergebäude, Sommer-
und Ferienhäuser errichtet und „den Mitgliedern zur
Miete oder Eigentum überlassen. Ausnahmsweise
können auch an Nichtmitglieder Bauten vermietet oder ver-
kauft werden."
Die Bemerkung, daß überall in Vberbayern gebaut
werden darf, wiederhole ich. Aber an dem Sitze der Bau-
genossenschaft, in München also selbst, ist aus vielen maß-
gebenden Gründen eine ausgiebige Bautätigkeit zu ent-
falten. Schon aus dem Grunde, weil eben innerhalb
des Burgfriedens ein recht unangenehmer, fühlbarer Mangel
an geräumigen, zeitgemäß eingerichteten Atelier-Einfamilien-
häusern herrscht.
Die Mieten für die H. (!) Stock- (Atelier-)wohnungen
sind aber derart hohe, daß man auf Mittel und Wege
sinnen muß, um diese Mietausgaben rationeller, vorteil-
hafter anzulegen. Zahlt einer tausend Mark pro Jahr
(für ein paar Zimmer mit Atelier), so ergibt dies die
stattliche Summe von 5V 000 Mk. in 30 Mietjahren; zahlt
einer 2000 Mk. p. u., so macht dies in diesem Zeiträume
00 000 Mk. aus, zahlt einer aber zooo Mk., so ergibt
dies 90 000 Mk.! . . .
Gerade die Angehörigen der „freien Berufe", die im
Alter sehr oft auf Pension gar nicht hoffen können, haben
die Pflicht, diese enormen Mietausgaben wenigstens zum
Teil der Familie zu erhalten. — Der einzige weg hierzu,
zugleich der vorteilhafteste, ist der Beitritt in eine Bau-
genossenschaft.
Dort bekommt er für eine entsprechende Anzahl von
Anteilscheinen ein recht wertvolles Aequivalent, nämlich
das Eigentumsrecht eines feinen Bedürfnissen ent-
sprechenden Familienhauses. Ein Gbjekt, das im Laufe
der Jahrzehnte an wert gewinnt! — Um die Veräußerung
an Ungeeignete zu verhindern, behält sich die K.-B.-G. das
Rückkaufsrecht vor. Auch wird dadurch unlauteren Speku-
lanten das Eindringen und das Vorschieben von „Stroh-
männern" unmöglich gemacht. Ls braucht also keiner zu
fürchten, daß nach ein paar Jahren sein Nachbar verkauft
und an dessen Stelle ein — Schnaps- oder Weinhändler
(der vielleicht eine Animierkneipe zu eröffnen im Sinne
hat) tritt. —
Dadurch, daß alle Betriebe, die weder Rauch-, Unruhe-,
noch Rußbelästigung im Gefolge haben, zugelassen werden
können, ist für Abwechslung in der Gestaltung der Gesamt-
anlage gesorgt, z. B. Stein- und Kupferdrucker, Klischee-
fabrikation, Druckereien mit Motorkraft, Buchbinder, Ver-
leger u. dergl. mehr.
Außer der vorteilhaften Verwertung des Miet-
kapitals, die ich an obigen Zahlenbeispielen zu wiederholten
Malen mir vorzuführen gestattete, bietet die Mitgliedschaft
noch mehrere Vorteile finanzieller Art, die dem Einzelnen
sonst entgehen.
Das ist ja das Eharakteristiknm der Genossenschaft,
daß sie Vorteile bietet (durch einträchtigen Zusammen-
schluß!), die der Einzelne niemals erreichen kann. Es ist
hier zu wiederholen, daß schon beim Raufe von Terrain
Heft (H.
bei rationeller Art des Vorgehens unter Umständen bis an
die 2000/0 eingespart werden können. — Der einzelne Bau-
platz muß zu bedeutend höherem Preise bezahlt werden,
als ein großes Stück unparzelliertes Mutterland! Ferner
vermindern sich die Preise der Handwerksmeister und der
notwendigen Bau-Industriellen nm so mehr, je mehr
laufende Arbeitsaufträge sie durch die Baugenossenschaft
erhalten würden.
wir leben ja im blühenden Zeitalter des Groß-
betriebes, der wesentlich billiger arbeitet, als der veraltete
teure Kleinbetrieb. — Durch rationelle großzügige Dekonomie
und Kalkulation werden die Baukosten der einzelnen Häuser
sehr reduziert werden können. Dies ist wiederum von
großem Vorteile für die Mitglieder, welche ein Eigenhaus
zu erwerben im Sinne haben.
Es wurde schon früher angedeutet, daß der „Unter-
nehmergewinn" auszuschalten ist. Darüber sind wohl
alle einig! Der Unternehmergewinn beträgt im allgemeinen
30—HO"/« in „schlechten" Zeiten . . .
Ferner ist ein weiterer Vorteil die billige Beschaffung
von Baukapital, dieser Punkt ist augenblicklich sehr
aktuell, da der Bankdiskont eine enorme Höhe erreicht hat.
In Bayern werden Baugenossenschaften, die alle Ein-
zahlungen ihrer Mitglieder nicht höher als zu qF/g ver-
zinsen, als „gemeinnützige Institute" betrachtet, wir haben
somit begründete Aussicht, das Baukapital von seiten irgend-
welcher Staatsstellen zu 5hzO/o zu bekommen.
Es wäre hier auch Gelegenheit, zu erinnern, daß
verschiedene Münchenev (Künstler-) Korporationen ungemein
große Kapitalien aufgespeichert haben, also in der Lage
wären, eine Künstler-Baugenossenschaft durch leihweise
Ueberlaffung von Baugeld zu ^/gO/o zu fördern.
Diesem Ansuchen dürfte man bei Gewährung der
üblichen hypothekarischen Sicherheit willfahren.
An einem Unternehmen, wie es in dieser gemein-
nützigen K.-B.-G. verkörpert wäre, dürfte eigentlich auch
die Stadtgemeinde an sich Interesse finden. Bildet es doch
eine stete Einnahmequelle für sehr viele Handwerker und
Industrielle! Im Ausstellungsjahre t908 ist jede Ab-
satzquelle für die zahlreichen Gegenstände der Möbel- und
-angewandten Kunst aus dieser Ausstellung von größtem
Segen. Denn an nichts fehlt's in München so sehr — als
ar: ausgiebigen Absatzquellen. Ein Zustand, der auch für
die Künstlerfchaft von Jahr zu Jahr unerträglicher wird
— und sie nach „Norden" zu ziehen zwingt.
Zum Schluffe sei mir erlaubt, jeden (Münchener) Leser
der „w. d. K." zu bitten, durch persönliche Propaganda
für diese Münchener Künstler-Baugenossenschaft zu wirken.
Denn bis zur Generalversammlung dürften nur noch
wenige Wochen sein — und bis dahin sollten doch mindestens
hundert ernsthafte Restektanten fest zugesagt haben, von
denen jeder wenigstens einen einzigen Anteilschein — oder
eine Einzahlung hierauf von mindestens fünfzig Mark —
zu nehmen bereit wäre. Und zur Generalversammlung sollen
doch nur solche geladen werden, m. L., die sofort beizutreten
wirklich gewillt sind. Denn der Anfang zur Realisierung
muß in Bälde gemacht werden, aus diversen zwingende,!
Gründen. Ich glaube, wichtiger als der Karneval wäre
die Propagierung und Förderung dieses für die gesamte
Künstlerschaft so segensreichen Unternehmens.
provisorische Anmeldung an: Architekt Gottlieb
Möstcl, München, Belgradstr. (8, I.
Mir schließen uns der Bitte des Herrn Mtöstel
an, daß sich ernsthafte Reflektanten nunmehr unver-
züglich bei ihm melden möchten.
Rian darf auf die Formulierung der Statuten
gespannt sein. Für den Fall, daß man beabsichtigt,
Die Merkstatt der Kunst.