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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 15.1915/​1916

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Corwegh, Robert: Deutsche Künstlerleben in Rom um 1800
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Pannwitz, Eberhard von: Besteuerung des Kunstbesitzes?
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https://doi.org/10.11588/diglit.57056#0318
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Die Werkstatt der Runst.

XV, heft 2^.

3^

Schadows, seine Hausgenossen, wurden, machte ihn
an sich schon der französischen Polizei verdächtig.
Vielleicht mag dann noch an der Nlatschecke nach dem
Frühtrunk manch hartes Wort gefallen sein, kurz —
im September wurden er und die beiden Riepen-
hauser, zwei stille Hannoveraner, in deren heim, via
Gregoriana 42, mancher Deutsche gastlichen Mittags-
tisch gefunden hatte, verhaftet und ihre Wohnungen
durchsucht. Goethe schilt die beiden Brüder zwar als
„partegmacher für das, was sie alten Glauben und
Nunst nennen", aber politisch waren sie ganz harm-
los. Dank der Umsicht der berühmten Nünstlerwirtin
Buti, wurde nichts gefunden, und ihre Entlassung
nach 24stündiger haft angeordnet.
Mein im November sollte Rauch wiederum mit
dem Nupferstecher Ruschewegh und dem Bronze-
gießer Hopfgarten, Mitglieder der Nlatschecke, noch
Lhalons in Sicherheit gebracht werden. Da die preu-
ßische Gesandtschaft aufgehoben war, mußten die
Nünstler sich fremder Fürsprache bedienen. Lanova
und der französische Akademiedirektor LethNre wan-
dten dieses Schicksal von ihnen ab.
lver so am eigenen Leibe spüren mußte, was
Fremdherrschaft bedeutet, beginnt, auch ohne poli-
tisches Interesse, an der Politik teilzunehmen.
So sehen wir die Nünstler in Einigkeit den Einzug

der Verbündeten in Paris mit einem großen Fest in
der Villa Borghese feiern.
Bald sollte „teutsch" unter den Deutschen Roms
Trumpf werden. Oie romantische Schwärmerei hatte
den Blick aufs deutsche Mittelalter zurückgelenkt, und
die Not der Zeit die Nünstler gelehrt, wie wichtig auch
für sie, deren Hauptnehmer immer Deutsche waren,
gesunde Zustände in der Heimat waren.
Unter Ludwig von Bagern, der 1818 nach Rom
kam, wurde allgemein die sogenannte „teutsche
Tracht" angenommen. Mit Jubel begrüßte man die
Rückkehr der gestohlenen Nunstwerke aus Paris (1816),
die der Architekt Stern aufstellte. Den Abschluß der
Erinnerung an die Franzosenzeit bildete die Feier der
Völkerschlacht am 18. Oktober 1813 in der Villa
Bolognetti, wo Friedrich Rückert mit wallendem haar
in teutscher Tracht, mit einem Aussehen, daß der
Römer ihm taccia in terra zurief, patriotische Lieder
vortrug.
Dieses Fest fiel jedoch schon in ruhigere Zeiten,
und das deutsche Nünstlerleben lenkte wieder in die
stille Bahn des phäakendaseins, und die meisten
dachten wie Goethe:
Dulde mich, Jupiter, hier, und Hermes führe mich
später
Lestius' Male vorbei, leise zum Orkus hinab.

kelleuerung cles RunstbeNlzes?
von vr. jur. pannwitz, Grünewald.

Aus einer Rundfrage der vossischen Zeitung ent-
nehmen wir folgendes wicht ge Gutachten.
Jede Besteuerung des privaten Nunst -
besitzes würde rn letzter Instanz die aus-
übenden Nünpler und die staatlichen Mu-
seen treffen. Der Gedanke ist deshalb als
im höchsten Maße kulturfeindlich zu ver-
werfen.
Begründung: Oie Nunst galt jetzt von jeher als
die höchste Blüte der Nultur. Ihre Besteuerung war
schon im Altertum als barbarisch verpönt. Selbst die
Despoten des Mittelalters, in der Erschließung von
Steuerguellen wahrlich nicht wählerisch noch verlegen,
waren vorsichtig genug, sich die Mittel für ihre ver-
schwenderischen Hofhaltungen durch Mars und Mer-
kur, niemals durch Palias beschaffen zu lassen. Vas
war weniger menschenfreundlich als klug gehandelt,
denn es gehörte nun einmal zum guten Ton, daß
selbst der kleinste Duodez-Potentat, mochte ec im
Herzen ein noch so großer Böotier sein, wenigstens
nach außen als Beschützer der Nünste galt. Schutz und
Steuerschraube lassen sich aber nicht vereinigen. Erst
der neuesten Zeit blieb es Vorbehalten, auch in der
Nunst und im Nunstbesitz die milchende Nutz zu ent-
decken. Allen voran belegten die vereinigten Staaten
von Nordamerika die Einfuhr von Nunstobjekten mit
einem exorbitanten Zoll, der bis zu 60, ja 100 v. h.
des wertes anschwoll und dem Staate ein paar Jahre
lang namhafte Summen eintrug. Aber die amerika-

nischen Sammler, an ihrer Spitze Pierpom Morgan,
lernten gar bald diesen Streich geschickt zu parieren:
Sie ließen die in Europa zusammengerafsten, teil-
weise in die Hunderte von Millionen kostenden Nunst-
schätze in eigens dazu erworbenen Häusern in Paris
und London und drohten mehr oder weniger versteckt
damit, daß ihr gesamter Nunstbesitz nach dem Tode
der Erwerber im Louvre oder Nensington-Museum
in London statt im Metropolitan-Museum in New Port
Aufstellung finden sollte. Das half schnell: Oer Zoll
auf Nunstobjekte wurde vor vier Jahren aufgehoben
und Iurze Zeit darauf wanderten von Pierpont
Morgan allein für zirka 300 Millionen Mark Nunst-
sachen aus London über den Ozean. Seitdem gilt
auch in den Vereinigten Staaten jede Besteuerung
von Nunstbesitz als barbarisch. — Umgekehrt reagierte
Italien, indem es nicht die Einfuhr, wobl aber die
Ausfuhr besteuert. Oie Lex pacca nämlich verbietet
einerseits die Ausfuhr gewisser besonders bedeutender
und deshalb staatlich inventarisierter Nunstobjekte,
auch wenn dieselben sich in Privatbesitz befinden,
überhaupt und erhebt andrerseits von den zur Aus-
fuhr zugelassenen einen progcessio mit dem Wert des
einzelnen Gegenstandes von 5 v. h. bis zu 20 v. h.
steigenden Ausfuhrzoll. Dieses Gesetz, welches dem
ohnehin ausgeplünderten Lande die letzten Reste
seiner Nunstschätze erhalten will, ist in hohem Maße
iulturfreundlich zu nennen. Gleichwohl bedeutet es
für einzelne Familien natürlich eine große Härte.
 
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