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Werner, Joachim; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Contr.]
Das alamannische Gräberfeld von Mindelheim — Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte, Band 6: Kallmünz, Opf.: Verlag Michael Lassleben, 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.70077#0021
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garnituren alle drei Gräber zusammen. Die jüngste Schicht (III) umfaßt die Gräber mit „spä-
ten“ Waffen und vielteiligen Garnituren. Durch gleiche Langsaxe, Schildbuckel und Lanzen-
spitzen sind die südlichen Gräber 97, 99 und 94 b besonders eng miteinander verknüpft, 97
und 99 überdies durch ähnliche Saxgarnituren mit Vertikalbeschlägen. 97 und 25 b enthielten
verwandte tierornamentierte Bronzegüsse. Zur jüngsten Schicht gehören schließlich die Grä-
ber, deren Garnituren Plattierung, geperlte Messingbänder, kleine Almandinrundeln oder feste
Schnallen aufweisen (121, 27, 112, 117, 80,20), sie sind einerseits mit 99 verbunden und haben
teilweise (27, 112, 117, 80) keine Waffenbeigaben, sodaß bei 112 und 117 die Geschlechtsbe-
stimmung unsicher bleibt.
Kombinationen über das „Familienverhältnis“ der drei zeitlich einander folgenden Schichten
erübrigen sich. Gäbe es keine gestörten Gräber und ließe sich anthropologisch eine Altersbe-
stimmung der einzelnen Toten vornehmen, so würde man zweifellos zu gewissen Ergebnissen ge-
langen können. Im Falle Mindelheim muß man sich mit der Feststellung begnügen, daß in dem
1951 untersuchten Gelände die Belegung von der Mitte aus zu den Rändern hin erfolgt ist,
unbeschadet der Tatsache, daß nordöstlich der aufgedeckten Fläche sich noch ältere Gräber ein-
stellen können. Die drei Schichten der reichen Spathagräber entsprechen vermutlich der Abfolge
dreier Generationen und es ist symptomatisch, daß die Gräberzahlen in der Schicht III stark
zugenommen haben, ein Befund, der durch die von J. Demmler 1934 aufgedeckte späte Gräber-
gruppe D 1—6 noch unterstrichen wird.
Das Inventar der Frauengräber
Die Beigaben in den Frauengräbern verteilen sich auf Schmuck, Trachtzubehör, Gerät und
Keramik. Beim Schmuck fällt auf, daß Fibeln nur aus 3 Gräbern vorliegen. Aus Grab D 18
stammt eine silbervergoldete S-Fibel mit ausgefallenen Einlagen (Taf. 2), die mit einer ent-
sprechenden Fibel aus dem benachbarten Salgen30 zu den jüngsten Exemplaren dieser Gattung
gehört und wohl in das frühe 7. Jahrhundert zu setzen ist. Grab D18 liegt im Südwesten des
Friedhofs auf einer Höhe mit den „älteren“ Männergräbern D 17 und 39 (Schicht II). Die Gold-
scheibenfibel aus Grab 26 (Taf. 3; neben dem späten Spathagrab 25b der Schicht III) besitzt in
Salgen ein werkstattgleiches Pendant31. Fibeln übereinstimmender Form aus Kärlich, Kettig und
Mülhofen in Neuwieder Becken erweisen die beiden schwäbischen Stücke als fränkischen Import
des 7. Jahrhunderts32. Die kleine Goldscheibenfibel mit Mittelbuckel und Filigranauflage (Taf. 3)
aus Grab 84b ist vermutlich eine süddeutsche Arbeit des 7. Jahrhunderts33. Ohrringe kom-
men in dreierlei Form vor. Der im 7. Jahrhundert späte bommelförmige Typ liegt einmal aus
Silber in Grab D8 vor (Taf. 2)34 35. Am häufigsten sind große drahtförmige Ringe mit Hakenver-
schluß und gelegentlich mit Strichgruppenverzierung, aus Silber in Grab D 20 (Taf. 2), aus
Bronze in den Gräbern D 15, 5, 35, 59a und b, 108 und 126. Silberohrringe mit Würfelenden
(Taf. 4) und mit großen einlageverzierten Würfeln (Taf. 12, Gr. 102, 2) stammen aus den reichen
Gräbern 26 und 102, einfache kleine Silberdrahtohrringe aus den Gräbern 45 und 49, ent-
sprechende bronzene aus Grab 51. Unter den Perlenketten sind solche aus kleinen Sil-
berperlen (Grab 49; Taf. 29c, 1) bzw. aus zahlreichen großen Glasperlen (Grab 84b; Taf. 5)
hervorzuheben. Im allgemeinen sind die Mindelheimer Glasperlen klein bis mittelgroß (Taf. 5).
Bernsteinperlen liegen in den Gräbern D 19 (1 Ex.), 5 (2 Ex.), 16 (1 Ex.) und 120b (1 gr. Ex.),
Amethystperlen in den Gräbern 45 (1 Ex.), 120b (1 Ex.) und 125 (4 Ex.). Außer einer dunkel-
blauen spätrömischen Perle in Grab 16 fand sich in Grab 103 eine seltene spätrömische Perle
mit Spiraleinlagen (Taf. 3)36. Diese beiden Perlen sind ebenso Fundgut aus geplünderten römi-
30) M. Franken Taf. 6, 20.
31) M. Franken Taf. 6, 23.
32) H. Rupp in Ipek 12, 1938, 116 ff. mit Taf. 49. F. Rademacher, Fränkische Goldscheibenfibeln aus
dem Rheinischen Landesmuseum Bonn (1940) 38 mit Taf. 6—7.
33) Vgl. z. B. W. Veeck, Die Alamannen in Württemberg (1931) Taf. 26B, 10 von Balingen (Württ.).
34) H. Bott, Bajuwarischer Schmuck der Agilolfingerzeit (1952) 128 mit Anm. 351.
35) Vgl. gleichgemusterte Perlen aus Helmstedt (rot-gelb-braun): G. Thaerigen, Die Nordharzgruppe der
Elbgermanen (1939) Taf. 20, 28; aus Gardlösa in Schonen (grüne Außenzonen, gelbe Streifen mit
schwarzen Spiralen und schmaler weißer Mittelstreifen): Bulletin de la Soc. royale des Lettres de
Lund 1951, 168 Abb. 7, 2 (B. Stjernqvist); aus Ossetien (grüne Außenzonen, gelbe Streifen mir
grünen Spiralen und schmaler weißer Mittelstreifen): Materialien z. Archäologie des Kaukasus 8,
1900 Taf. 91, 13 (Gräfin Uvarov). Ferner: Broskov auf Seeland, Grab B, mit zwei entsprechenden Perlen
(Mus. Kopenhagen C 18920).

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