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4 Erstes Buch. Allgemeine Untersuchungen zur konstantmischen etc. Monumentalkunst Roms.

Kirchen in den Provinzen ist es unmöglich, über die Ausdehnung jenes sonderbaren Brauches
eine Mutmaßung zu äußern. Derselbe scheint auch im Okzident verbreitet gewesen zu sein,
wie der Freskenrest nahelegt, welcher sich in der aus konstantinischer Zeit stammenden
Hauptbasilika Aquilejas erhalten hat. Die Fresken befinden sich unmittelbar über dem an-
tiken Fußboden und sind jetzt nur 1 m hoch, so daß sie sich wie ein gemalter Sockel aus-
nehmen; früher bedeckten sie aber die Wände viel höher hinauf. Wir sehen auf ihnen „ein
aus Holzlatten gefertigtes Gitter, ... durch welches man auf buntwechselnde Szenen idealen
Naturlebens den Ausblick hat. Davor spielen geflügelte Genien, die freilich beim Kürzen
des Freskos ihre Köpfe eingebüßt haben, dann wieder lebensgroße prächtige Pfauen zwischen
Springbrunnen, deren Becken vor Wasserfülle überfließen"1. Die Bilder setzen sich als Mosaiken
in dem Fußboden weiter fort, wo sie Szenen aus der Fischerei, aus der Jagd nach Wildenten
und aus dem Hirtenleben, ferner eine Unzahl von Vögeln und Seetieren, männlichen und
weiblichen Büsten, ja sogar die Gestalten des Guten Hirten und des Jonas bieten. Es ist,
als hätte man ein Riesenatelier geplündert und die dort aufgespeicherten Vorlagen in buntem
Durcheinander auf den Fußboden gebannt. Diese Regellosigkeit müssen wir natürlich auch
auf die Wände ausdehnen. Die Dekoration der aquilejensischen Basilika war demnach in
der Hauptsache mit derjenigen verwandt, von welcher der hl. Nilus tadelnd spricht. Als
die einzige im Original erhaltene ist sie besonders wertvoll.

Nilus bezeichnet den Brauch, Kirchen mit den genannten Darstellungen und den „zahl-
losen Kreuzen" auszuschmücken, als „kindisch"; Olympiodor solle in der Prachtbasilika, die er
zu bauen beabsichtige, sich mit einem einzigen Kreuze für die Apsis begnügen und an die
Stelle der profanen Szenen biblische Darstellungen aus dem Alten und Neuen Testament setzen2.

Das hier vorgezeichnete Schema zur Ausschmückung einer Kirche dürfte Nilus nicht
aus sich selbst erfunden haben; es ist vielmehr wahrscheinlich, daß er es irgendwo in einer
Basilika gesehen habe. Immerhin muß es eine Seltenheit gewesen sein, sonst hätte Olym-
piodor nicht notwendig gehabt, den Heiligen darüber zu befragen. Diese Seltenheit folgte,
wir wiederholen es, mit Notwendigkeit aus der Abneigung vor den religiösen Bildern, zumal
vor der künstlerischen Darstellung des Erlösers. Besonders bilderfeindlich scheinen einige
orientalische Bischöfe gewesen zu sein. Man denke nur an Eusebius und Epiphanius3, welche
natürlich nicht vereinzelt dastanden, sondern Strömungen repräsentierten, die ihren Einfluß
bis in die weitesten Fernen ausübten. Unter einem ähnlichen Einfluß standen wohl die Väter
des oben erwähnten Konzils, als sie ihren Kanon gegen die religiösen Bilder verfaßten'. Bei
solchen Tendenzen, welche der religiösen Kunst den Lebensnerv unterbanden und die später

1 Neue Funde aus dem altchristlichen Osterreich von Dr. ergibt sich aus der Schrift Cena Cypriani, deren Verfasser, nach
Heinrich Swoboda (Rektoratsrede) 12f. den letzten Untersuchungen der Spanier Bachiarius, über das

2 Ep. 4, 61: Mig-ne, PG 79, 577 f. Leben und Treiben Antiochiens auf das genaueste unterrichtet

3 Vgl. darüber Kraus, Geschichte der christlichen Kunst I 61 ff. ist. Vgl. darüber die geistvolle Studie von Arthur Lapötre,

4 Wie enge Beziehungen zur Zeit Julians d, Ap. beispiels- La „Cena Cypriani" et ses enigmes, in Recherches de Science
weise zwischen Spanien und der Hauptstadt Syriens bestanden, religieuse 1912, No. 6.
 
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