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30 Erstes Bach. Allgemeine Untersuchungen zur konstantinischen etc. Monumentalkunst Roms.

das Graffito schließt, bildet auf einem ganz erhaltenen Epitaph aus S. Ciriaca den Anfang:
SIGNVm %l. Ein drittes, das in S. Ippolito ausgegraben wurde, meldet, daß zwei Eheleute
„zu Lebzeiten sich ein Grab IN SIGNO DOMINI % bereitet haben"2.

Der Wert der angeführten Inschriften, die sämtlich aus dem 4. Jahrhundert stammen,
liegt darin, daß sie das konstantinische Monogramm in authentischer Weise das „Zeichen
Christi" nennen und dadurch bezeugen, daß die damit verknüpfte Symbolik Gemeingut der
römischen Christenheit war. Der wagerechte Balken, der auf dem priscillianischen Graffito
das Chi in der Mitte durchschneidet, darf sodann als Beweis dafür gelten, daß der Autor
der Inschrift das Kreuz deutlicher zum Ausdruck bringen wollte, als es durch das Mono-
gramm allein geschieht'. Ein noch größeres Interesse gewährt in dieser Hinsicht das in der
Agneskatakombe gefundene Monogramm, weil in ihm das Tau und Sigma in besonderer
Weise zur Darstellung gelangt sind": jenes mit dem Rho zu einem Buchstaben zusammen-
gezogen, dieses rechts daneben. Demjenigen, der das Ganze eingeritzt hat, waren also in dem
konstantinischen Monogramm weder das Kreuz noch alle Buchstaben des Namens Christi
zur Genüge ausgedrückt.

§ 2. Vision und Labarum Konstantins d. Gr.

Bei den Worten „signum Christi", welche auf einigen von den zuletzt erwähnten In-
schriften zu lesen sind, denkt man unwillkürlich an das „Zeichen des Menschensohnes", das
bei der „Ankunft" des Herrn unmittelbar vor dem Ende der Welt „am Himmel erscheinen"
wird5. Vor allem denkt man aber an die Vision, in welcher Konstantin d. Gr. das Kreuz
mit der Inschrift TO"y l'CDl NIKX schaute, und an den darauffolgenden Traum, in welchem
Christus mit dem Kreuz in der Hand dem Kaiser erschien und ihm befahl, das Zeichen
nachbilden zu lassen. Über diese beiden Ereignisse ist seit Jahrhunderten unendlich viel
geschrieben worden. Einer großen Zahl von Gelehrten waren dieselben wenig glaubwürdig
und sind es noch heute. Wie ist es, sagen sie, denkbar, daß Konstantin unmittelbar vor
der Entscheidungsschlacht, sozusagen im Angesichte des Feindes Zeit und Muße fand, Künst-
lern den Auftrag zu erteilen, ihm eine komplizierte Fahne mit dem Namenszuge Christi,
das sog. Labarum, anzufertigen? Wie hat man sich ferner zu erklären, daß Christus dem
Kaiser die Herstellung eines Kreuzes befahl und dieser eine Fahne in Auftrag gab? Wie
konnte Eusebius, der Berichterstatter jener beiden Ereignisse, an dem Labarum die Bild-
nisse Konstantins und seiner Söhne sehen, wenn dieser zur Zeit der Schlacht nur einen Sohn
hatte? Wie ist es endlich möglich, den Bericht des Eusebius mit dem des Laktantius, eines

1 Boldetti, Osservazloni sopra i cimiteri 399. 4 Armellini, Cimiterio di S. Agnese Taf. 15, 3, gibt davon

2 Ebd. 345. ein gutes Faksimile. Das Original befindet sich jetzt in dem

3 Auf datierten Epitaphien erscheint das Monogramm mit bescheidenen Museum der Kirche. Vgl. auch Garrucci, Storia VI,
dem Querbalken zuerst im Jahre 347. Vgl. de Rossi, Inscript, Taf. 487, 3.

christ. I 61, 95. 5 Siehe unten das Kapitel über das Gericht.
 
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