Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
320 Zweites Buch. Die hervorragendsten kirchlichen Denkmäler mit Bilderzyklen.

wir wissen also nicht, welcher Papst es war. Obgleich die Angaben nicht ausreichen, um
den Namen der Persönlichkeit festzustellen, so haben sie doch einen großen Wert für die
Zeitbestimmung der Malerei; denn der Papst erinnerte Ugonio in der Form des Pallium-
streifens an Paschal (L), also an Werke, die vor die Mitte des 9. Jahrhunderts zu datieren
sind. Hier haben wir somit einen positiven Beweis dafür, daß die Malereien unserer Kirche
zu verschiedenen Zeiten angefertigt wurden und daß die ältesten spätestens aus der ersten
Hälfte des 9. Jahrhunderts, wenn nicht gar aus der ersten Periode des Bilderstreites stammten.
Der chronologische Wert des Bildes bleibt sich gleich, mag der Papst damals noch am
Leben gewesen oder bereits als Heiliger verehrt worden sein. Im letzteren Falle müßten
wir annehmen, daß Ugonio den Nimbus übersehen habe.

Die vierzehnte Nische war vermauert. In der fünfzehnten und letzten sieht Ugonio „links
den Besuch Maria bei Elisabeth, die sich vor einem tempelartigen, mit Säulen geschmückten
Gebäude die Hände reichen. Gegenüber ist rechts die hl. Agnes mit dem Lamm, gekrönt
und an dem Namen kenntlich; links die hl. Konstantia, gleichfalls mit der Krone und dem
Namen. Die Außenwand schmückt eine Kreuzigungsgruppe mit dem hl. Johannes und der
seligsten Jungfrau. Auch an den Innenseiten der Tür zeigen sich verblaßte Figuren und
Blumen und vor allem ein Heiliger von gefälligem Aussehen."

Das ist die Beschreibung, welche Ugonio von den Malereien der Kirche hinterließ. Sie
hat sich öfters als ausreichend erwiesen, um uns über den dargestellten Gegenstand ge-
nügend zu unterrichten. Die Originale kann sie freilich nicht ersetzen; daher wird wegen
Mangels an Vergleichsmaterial einiges wohl immer im unklaren bleiben müssen. In drei Fällen
durften wir uns ein Urteil über die Zeit der Entstehung der Malereien erlauben: die Gestalt
des einen Papstes war infolge der Form des Palliumstreifens vor die Mitte des 9. Jahrhunderts
zu datieren; in die folgende Zeit fielen die Szenen aus der Legende des hl. Paulus, weil auf ihnen
das Beiwort SANCTVS stets durch den Anfangsbuchstaben S angedeutet war; und da unter
ihnen auch Darstellungen wie das Haupt mit den drei Quellen sich befanden, so wird dieser
Zyklus, wie Ugonio vermutete, wohl aus dem Pontifikat Alexanders IV. gewesen sein; die
Verkündigung endlich bot in der Figur Gott Vaters ein noch späteres Anzeichen und dürfte
erst dem 14. Jahrhundert zuzuschreiben sein. Noch jüngere Malereien scheint die Kirche,
eine Kreuzigungsgruppe' abgerechnet, nicht besessen zu haben, sonst hätte es Ugonio sicher
bemerkt; nach dem Eindruck, den sie auf ihn machten, waren die meisten vor das 14. Jahr-
hundert anzusetzen. Bei einer solchen Verschiedenheit in der Zeit der Entstehung ist es
begreiflich, daß von einer durchgehenden Einheit in der Dekoration keine Rede sein kann.
Es herrscht denn auch darin eine große Mannigfaltigkeit: wir haben Bilder Christi, der
heiligen Jungfrau, der Titularheiligen und von solchen Märtyrerinnen, deren Reliquien man

Von dieser schreibt Ugonio (fol. 1107), daß sie „jüngeren Datums" war: „pictura Crucifixi recentium temporum".
 
Annotationen