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Fünftes Kapitel. Die Doppelkirche der hll. Silvester und Martin von Tours.

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Alexander III. kanonisiert wurde. Beide Bischöfe sind bärtig und im vollen Ornat. Eusebius
hat außerdem noch wie Martin ein reichbesticktes Enchirion, welches rechts vom Gürtel
herabhängt. Dieses auf okzidentalischen Bildern von Bischöfen höchst seltene liturgische
Ornatstück verleiht der Malerei ein gewisses Interesse. Die beiden Märtyrerinnen halten
in der Rechten einen Lilienstengel und in der Linken eine brennende Ampel, sind also als
„kluge Jungfrauen" gedacht. Ihre Kleidung ist reich, wie es scheint, aber unverstanden. Mit
Ausnahme der Madonna und des göttlichen Kindes waren alle Gestalten durch die neben
den Köpfen geschriebenen Namen gekennzeichnet; Filippini hat aber nur die folgenden
abgeschrieben: S. PE—TR, S. PA—VL, S SIL—VER PP, SCS—EVSEBIVS EPS
CELLEN(sic), SCS—THOMAS CANTVAR—ARCHIEPS.

Die Außenwand der Apsis bietet inmitten von phantastischen Architekturmotiven einige
Akanthusblätter, Girlanden und dazwischen je zwei nach der Mitte zu gewendete Schafe.
Der Architrav enthält eine Inschrift, welche sich auf eine über der Apsis gemalte Ver-
kündigung Maria bezog: VIRGO-MARIA-SALVTATVR-STVPET- ANNVIT-ET-GRA-
VIDATVRCONCIPIT-ADVERBVMANGELI-PER SPIRITVM-SANCTVM. Diese
Darstellung war schon zu Filippinis Zeit erneuert. Nicht viel später wurden die Malereien
der Apsis durch ganz neue ersetzt und verschwanden die klassischen Fresken der drei
Wände unter der Tünche. Den Verlust der profanen Sujets kann man leichter verschmerzen,
da sie nur dekorativer Natur waren: „Grotesken" und „Kreise mit Vögeln oder Greifen"1;
die christlichen Darstellungen waren dagegen wichtiger, da sich unter ihnen eines der
ältesten Porträts des hl. Thomas Becket befand.

Einige Räume des Wohnhauses des Equitius dienen gegenwärtig, wie bemerkt, als
Rumpelkammern; andere sind dem Einsturz nahe, wie auch die alte Titelkirche selbst in
hohem Grade des Schutzes bedarf. Da zweistöckige Häuser aus dem 2. oder 3. Jahrhundert
in Rom eine sehr große Seltenheit sind, so wäre es zu wünschen, daß das Municipio von
Rom und das Kultusministerium — die beiden kompetenten Behörden, die hier in Frage
kommen — das Monument aus dem unwürdigen Zustand, in dem es sich seit Jahrzehnten
befindet, befreien und wieder in stand setzen würden. Wir halten dieses sogar für not-
wendig; denn es handelt sich nicht um ein obskures, sondern um ein aus der Geschichte
bekanntes Haus, in welchem sich wichtige Ereignisse abgespielt haben.

1 Filippini Chiesa 16.

Wilpert, Mosaiken und Malereien, I. Band.
 
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