ÜBER GEGENSTÄNDE DER ALTEN KUNST
an neueren Werken gefällt, wird oft nach erlangter
wahrer Kenntnis der Schönheiten des Altertums
ekelhaft werden. Die allgemeine Empfindung der
wahren Grazie wäre also nicht natürlich; da sie aber
erlangt werden kann und ein Teil des guten Ge-
schmacks ist, so ist auch dieser so wie jene zu lehren,
weil sogar die Schönheit zu lehren ist, obgleich noch
keine allgemeine deutliche Erklärung derselben be-
stimmt worden.
Im Unterricht über Werke der Kunst ist die Grazie
das Sinnlichste, und zur Überzeugung von dem Vor-
zuge der alten Werke vor den neuern gibt sie den
begreiflichsten Beweis. Mit derselben muß man an-
fangen zu lehren, bis man zur hohen abstrakten
Schönheit gehen kann.
Die Grazie in Werken der Kunst geht nur die
menschliche Figur an und liegt nicht allein in deren
Wesentlichen, dem Stande und Gebärden; sondern
auch in dem Zufälligen, dem Schmucke und der
Kleidung. Ihre Eigenschaft ist das eigentümliche
Verhältnis der handelnden Personen zur Handlung;
denn sie ist wie Wasser, welches desto vollkommener
ist, je weniger es Geschmack hat. Alle fremde Artig-
keit ist der Grazie sowie der Schönheit nachteilig.
Man merke, daß die Rede von dem Hohen oder
Heroischen und Tragischen der Kunst, nicht von
dem komischen Teile derselben ist?\
Stand und Gebärden an den alten Figuren sind wie
an einem Menschen, welcher Achtung erweckt und
fordern kann, und der vor den Augen weiser Männer
auftritt] Ihre Bewegung hat den notwendigen Grund
'57
an neueren Werken gefällt, wird oft nach erlangter
wahrer Kenntnis der Schönheiten des Altertums
ekelhaft werden. Die allgemeine Empfindung der
wahren Grazie wäre also nicht natürlich; da sie aber
erlangt werden kann und ein Teil des guten Ge-
schmacks ist, so ist auch dieser so wie jene zu lehren,
weil sogar die Schönheit zu lehren ist, obgleich noch
keine allgemeine deutliche Erklärung derselben be-
stimmt worden.
Im Unterricht über Werke der Kunst ist die Grazie
das Sinnlichste, und zur Überzeugung von dem Vor-
zuge der alten Werke vor den neuern gibt sie den
begreiflichsten Beweis. Mit derselben muß man an-
fangen zu lehren, bis man zur hohen abstrakten
Schönheit gehen kann.
Die Grazie in Werken der Kunst geht nur die
menschliche Figur an und liegt nicht allein in deren
Wesentlichen, dem Stande und Gebärden; sondern
auch in dem Zufälligen, dem Schmucke und der
Kleidung. Ihre Eigenschaft ist das eigentümliche
Verhältnis der handelnden Personen zur Handlung;
denn sie ist wie Wasser, welches desto vollkommener
ist, je weniger es Geschmack hat. Alle fremde Artig-
keit ist der Grazie sowie der Schönheit nachteilig.
Man merke, daß die Rede von dem Hohen oder
Heroischen und Tragischen der Kunst, nicht von
dem komischen Teile derselben ist?\
Stand und Gebärden an den alten Figuren sind wie
an einem Menschen, welcher Achtung erweckt und
fordern kann, und der vor den Augen weiser Männer
auftritt] Ihre Bewegung hat den notwendigen Grund
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