XIV
Einleitung
Ficoronis Beschreibung des Kapitols ergänzen; es sind augenscheinlich vertiefende Beobachtungen zu bereits
Gesehenem und Notiertem,17 oft motivische oder stilistische Vergleiche, die W. anstellte. Aus Briefen wissen wir,
daß er das Kapitol bereits wenige Wochen nach seiner Ankunft in Rom, also noch vor dem Beginn dieser
Hefteeintragungen oft aufgesucht hatte.18
Die Exzerpte aus der Guidenliteratur, der älteren und zeitgenössischen antiquarischen Forschung und die Zitate
aus antiken Schriftquellen sind in der Regel den einzelnen beschriebenen Antiken auf der Versoseite zugeordnet.
Die Autopsie der Antiken der römischen Sammlungen stand für W. im Mittelpunkt seiner Kunstbetrachtung,
nicht der Nachvollzug von Gelesenem. Ws Kritik an den Vorgängern, die, wie er meinte, nicht aus direkter
Anschauung sondern nur aus Texten schrieben, hat, wie seine Arbeitsweise hier zeigt, durchaus eine Berechtigung.
Das Manuskript widerspiegelt die Bedeutung, die W der eigenen Anschauung zumaß, dem Prüfen des originalen
Bestands einer Statue und ihrer modernen Ergänzungen ebenso wie der eigenen Beurteilung von künstlerischer
Qualität.
Daneben treten Fragen der Deutung der Statuen und Reliefs und Notizen zu Parallelwerken in anderen von
ihm besuchten Sammlungen. Dabei interessieren ihn Stileigentümlichkeiten, besonders unterschiedliche
Gestaltungen von Bauchnabeln, Füßen oder Händen.
Gern verwendet W. bei der Beschreibung der Antiken Qualitätsurteile, die sich auf eine Idealvorstellung von grie-
chischer Kunst gründen, aber auch auf Kriterien handwerklicher Qualität {„Der Apollo hat nicht die Güte, daß er
kirnte angeführet werden' s. S. 155,15). Allerdings finden seine späteren Unterscheidungsmerkmale etwa des er-
habenen und des schönen Stils noch keine Anwendung. Wiederholte Besuche können auch ein zuvor gefälltes
Urteil korrigieren {„Die wiederhohlte Betrachtung dieser Statue hat ihre Güte verringert“).
Max Kunze
17 S. 132: Verweis auf das im Entstehen befindliche Manuskript „Von der Restauration“.
18 Br. IS. 189 Nr. 121 (an Francke vom 7. Dez. 1755): „Ich gehe in der alten Gestalt, und lebe als ein Künstler, paßire auch dafür
an Orten, wo man jungen Künstlern eine Erlaubniß ertheilet zu studieren, als im Campidoglio. Hier ist der Schatz von
Alterthümern, Statuen, Sarcophagis, Busti, Inscrizzioni etc. in Rom, und man ist hier mit aller Freyheit vom Morgen bis in den
Abend. “
Einleitung
Ficoronis Beschreibung des Kapitols ergänzen; es sind augenscheinlich vertiefende Beobachtungen zu bereits
Gesehenem und Notiertem,17 oft motivische oder stilistische Vergleiche, die W. anstellte. Aus Briefen wissen wir,
daß er das Kapitol bereits wenige Wochen nach seiner Ankunft in Rom, also noch vor dem Beginn dieser
Hefteeintragungen oft aufgesucht hatte.18
Die Exzerpte aus der Guidenliteratur, der älteren und zeitgenössischen antiquarischen Forschung und die Zitate
aus antiken Schriftquellen sind in der Regel den einzelnen beschriebenen Antiken auf der Versoseite zugeordnet.
Die Autopsie der Antiken der römischen Sammlungen stand für W. im Mittelpunkt seiner Kunstbetrachtung,
nicht der Nachvollzug von Gelesenem. Ws Kritik an den Vorgängern, die, wie er meinte, nicht aus direkter
Anschauung sondern nur aus Texten schrieben, hat, wie seine Arbeitsweise hier zeigt, durchaus eine Berechtigung.
Das Manuskript widerspiegelt die Bedeutung, die W der eigenen Anschauung zumaß, dem Prüfen des originalen
Bestands einer Statue und ihrer modernen Ergänzungen ebenso wie der eigenen Beurteilung von künstlerischer
Qualität.
Daneben treten Fragen der Deutung der Statuen und Reliefs und Notizen zu Parallelwerken in anderen von
ihm besuchten Sammlungen. Dabei interessieren ihn Stileigentümlichkeiten, besonders unterschiedliche
Gestaltungen von Bauchnabeln, Füßen oder Händen.
Gern verwendet W. bei der Beschreibung der Antiken Qualitätsurteile, die sich auf eine Idealvorstellung von grie-
chischer Kunst gründen, aber auch auf Kriterien handwerklicher Qualität {„Der Apollo hat nicht die Güte, daß er
kirnte angeführet werden' s. S. 155,15). Allerdings finden seine späteren Unterscheidungsmerkmale etwa des er-
habenen und des schönen Stils noch keine Anwendung. Wiederholte Besuche können auch ein zuvor gefälltes
Urteil korrigieren {„Die wiederhohlte Betrachtung dieser Statue hat ihre Güte verringert“).
Max Kunze
17 S. 132: Verweis auf das im Entstehen befindliche Manuskript „Von der Restauration“.
18 Br. IS. 189 Nr. 121 (an Francke vom 7. Dez. 1755): „Ich gehe in der alten Gestalt, und lebe als ein Künstler, paßire auch dafür
an Orten, wo man jungen Künstlern eine Erlaubniß ertheilet zu studieren, als im Campidoglio. Hier ist der Schatz von
Alterthümern, Statuen, Sarcophagis, Busti, Inscrizzioni etc. in Rom, und man ist hier mit aller Freyheit vom Morgen bis in den
Abend. “