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Kommentare zu S. 1-132
in Alexandrien merkwürdig gewesen seyn, und sie könnte, da der Kayser Claudius Statuen aus Porphyr, die von Griechen in diesen
Zeiten gearbeitet waren, aus Aegypten nach Rom kommen ließ, zugleich mit andern Kunstdenkmalen weggeführt worden seyn.
§. 143. Der andere Kopf von schwärzlichem Basalt, den ich selbst besitze, ist ein Bildniß, wie aus den Gesichtszügen deutlich erhellt,
und läßt sich vermuthen, daß derselbe auch einen Alexandrinischen Sieger in den Olympischen Spielen darstelle. Da aber die Ohren
von der gewöhnlichen Form sind, so würde folgen, daß die Statue, von welcher [198] dieser Kopf ist, einen Ueberwinder in dem
Wettlaufe zu Wagen und zwar einen von den vier ersten kurz vorher erwähnten vorstelle.
Ein weiblicher Kopf von eben diesem Steine.
$. 144. Nicht weniger als jene beyden Köpfe verdient unter den Denkmalen dieser Epoche ein weiblicher Kopf in der Villa Sr.
Eminenz des Herrn Alexander Albani erwähnt zu werden; er ist ebenfalls von grünlichem Basalt und aufeine alte bekleidete Brust
von Porphyr gesetzt. Dieser Kopf scheint in der lebhafien Schärfe der Augenbraunen, welche auch an den zwey angeführten Köpfen
sehr empfindlich und lebhaft angedeutet sind, ein Kennzeichen weit entfernterer Zeiten zu haben. Seine erhabene Schönheit könnte
uns das Bild irgend einer Göttin anzeigen; da er aber ohne Diadem und ohne Hauptbinde ist, so wird die Vermuthung ungewiß;
man könnte ihn vielleicht richtiger für ein Bildniß der Aegyptischen Königinnen, Arsinoe oder Berenice halten, die wegen ihrer
Schönheit berühmt waren. Zu diesen Köpfen kann man noch den sehr schönen Sturz einer Statue aus schwärzlichem Basalt in
der Villa Medici gesellen, welcher ebenfalls nicht in Griechenland sondern in Aegypten muß gearbeitet seyn.
$. 145. Ehe ich aus Aegypten nach Griechenland zurückkehre, muß ich dem Leser berichten, daß alle die Statuen [199] undKöpfe,
welche unter dem Namen irgend eines Ptolemäers bekannt sind, nichts mit diesen Königen gemein haben. Denn bloß die auf
gewisse Art gelockten Haare, an ihren Bildnissen auf Münzen, welche mit den Haaren an den erwähnten Figuren Aehnlichkeit
haben, sind der einzige Bestimmungs-Grund gewesen, ihnen solche Namen beyzulegen. Der seltenste unter diesen Köpfen und
zwar von Erz findet sich in der Villa Sr. Eminenz des Herrn Alexander Albani.
Wiederherstellung der Kunst in Griechenland in der 145sten Olympiade.
$. 146. Bald darauf, nachdem die Kunst mit ihren Vorzügen aus Griechenland in andere Länder geflohen war, sproßte unter den
Griechen aus dem Stamm der alten Freyheit ein neuer Keim hervor, durch die Verbindung einiger kaum bekannter Städte, welche
in der hundert und vier und zwanzigsten Olympiade geschlossen wurde. Diese Vereinigung war der Grund und der Anfang zu dem
berühmten Achäischen Bunde; es wurden neue Gesetze entworfen, und eine neue Form der Regierung ward angeordnet, gegen wel-
che sich die Aeto Her und die Spartaner vergebens auflehnten. Denn die Achäer giengen in den Kampf als muthige Vertheidiger der
Freyheit und die letzten Helden der Griechen Aratus und Philopoemen, von welchem dieser kaum das [200] zwanzigste Jahr seines
Alters erreicht hatte, traten an ihre Spitze.
$. 147. Bey dieser Gärung der Eifersucht zwischen der einen und der andern Parthey brach die Erbitterung bald in einen offenbaren
Krieg aus, in welchem beyde Theile gleichsam wetteiferten, die schönen Künste und die bis dahin hervorgebrachten Kunstwerke
aus Griechenland gänzlich zu verbannen, indem man die Tempel in Brand steckte und die Statuen zerschlug. Endlich nahmen die
Aetolier, um den Achäern die Spitze zu bieten, ihre Zuflucht zu den Römern, die damals zuerst ihren Fuß auf den Griechischen
Boden setzten. Da aber die Achäer, welche sich mit den Macedoniern vereinigten, durch Philopoemen einen Sieg wider die Aetolier
und ihre Bundesgenossen erfochten hatten, traten die Römer, nachdem sie besser von den Umständen in Griechenland unterrichtet
waren, von denen ab, welche sie gerufen hatten, zogen die Achäer an sich, schlossen ein Bündniß mit ihnen, eroberten Corinth und
schlugen den König Philippus von Macedonien.
$. 148. Dieser Sieg wirkte einen berühmten Frieden, in welchem sich dieser König der Entscheidung der Römer unterwarf, und
alle eingenommenen Städte in Griechenland abtrat. Damals erklärte der Römische Consul Quintus Flaminius bey Gelegenheit der
zu Corinth gefeierten [201] Lsthmischen Spiele alle Griechen für freye Leute und dies ist eine der merkwürdigsten Epochen in der
Griechischen Geschichte und Kunst. Dieses geschah in der hundert und fünf und vierzigsten Olympiade, hundert und vier und
neunzig Jahre vor der christlichen Zeitrechnung. Den Griechen wurde ihre Freyheit auch durch den Paulus Aemilius bestätigt. Daher
scheint Plinius, wenn er von dem Wiederaufblühen der Kunst um diese Zeit spricht, diese Olympiade, und nicht, wie im Texte steht,
die hundert und fünf und fünfzigste im Sinne gehabt zu haben. Denn die Römer kehrten in der zuletztgenannten Olympiade als
Feinde nach Griechenland zurück, wie wir späterhin sehen werden, und die Künste können sich nicht ohne Ruhe und Wohlstand in
einem Lande erheben.
Künstler dieser Epoche. Der Sturz im Belvedere.
$. 149. In diesem neuen Glanze der Kunst, das heißt, zwischen der hundert und fünf und vierzigsten und der hundert und fünfund
fünfzigsten Olympiade blühten Callistratus, Athenäus, Polycles, der Meister eines berühmten Hermaphroditen, und Metrodorus der
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in Alexandrien merkwürdig gewesen seyn, und sie könnte, da der Kayser Claudius Statuen aus Porphyr, die von Griechen in diesen
Zeiten gearbeitet waren, aus Aegypten nach Rom kommen ließ, zugleich mit andern Kunstdenkmalen weggeführt worden seyn.
§. 143. Der andere Kopf von schwärzlichem Basalt, den ich selbst besitze, ist ein Bildniß, wie aus den Gesichtszügen deutlich erhellt,
und läßt sich vermuthen, daß derselbe auch einen Alexandrinischen Sieger in den Olympischen Spielen darstelle. Da aber die Ohren
von der gewöhnlichen Form sind, so würde folgen, daß die Statue, von welcher [198] dieser Kopf ist, einen Ueberwinder in dem
Wettlaufe zu Wagen und zwar einen von den vier ersten kurz vorher erwähnten vorstelle.
Ein weiblicher Kopf von eben diesem Steine.
$. 144. Nicht weniger als jene beyden Köpfe verdient unter den Denkmalen dieser Epoche ein weiblicher Kopf in der Villa Sr.
Eminenz des Herrn Alexander Albani erwähnt zu werden; er ist ebenfalls von grünlichem Basalt und aufeine alte bekleidete Brust
von Porphyr gesetzt. Dieser Kopf scheint in der lebhafien Schärfe der Augenbraunen, welche auch an den zwey angeführten Köpfen
sehr empfindlich und lebhaft angedeutet sind, ein Kennzeichen weit entfernterer Zeiten zu haben. Seine erhabene Schönheit könnte
uns das Bild irgend einer Göttin anzeigen; da er aber ohne Diadem und ohne Hauptbinde ist, so wird die Vermuthung ungewiß;
man könnte ihn vielleicht richtiger für ein Bildniß der Aegyptischen Königinnen, Arsinoe oder Berenice halten, die wegen ihrer
Schönheit berühmt waren. Zu diesen Köpfen kann man noch den sehr schönen Sturz einer Statue aus schwärzlichem Basalt in
der Villa Medici gesellen, welcher ebenfalls nicht in Griechenland sondern in Aegypten muß gearbeitet seyn.
$. 145. Ehe ich aus Aegypten nach Griechenland zurückkehre, muß ich dem Leser berichten, daß alle die Statuen [199] undKöpfe,
welche unter dem Namen irgend eines Ptolemäers bekannt sind, nichts mit diesen Königen gemein haben. Denn bloß die auf
gewisse Art gelockten Haare, an ihren Bildnissen auf Münzen, welche mit den Haaren an den erwähnten Figuren Aehnlichkeit
haben, sind der einzige Bestimmungs-Grund gewesen, ihnen solche Namen beyzulegen. Der seltenste unter diesen Köpfen und
zwar von Erz findet sich in der Villa Sr. Eminenz des Herrn Alexander Albani.
Wiederherstellung der Kunst in Griechenland in der 145sten Olympiade.
$. 146. Bald darauf, nachdem die Kunst mit ihren Vorzügen aus Griechenland in andere Länder geflohen war, sproßte unter den
Griechen aus dem Stamm der alten Freyheit ein neuer Keim hervor, durch die Verbindung einiger kaum bekannter Städte, welche
in der hundert und vier und zwanzigsten Olympiade geschlossen wurde. Diese Vereinigung war der Grund und der Anfang zu dem
berühmten Achäischen Bunde; es wurden neue Gesetze entworfen, und eine neue Form der Regierung ward angeordnet, gegen wel-
che sich die Aeto Her und die Spartaner vergebens auflehnten. Denn die Achäer giengen in den Kampf als muthige Vertheidiger der
Freyheit und die letzten Helden der Griechen Aratus und Philopoemen, von welchem dieser kaum das [200] zwanzigste Jahr seines
Alters erreicht hatte, traten an ihre Spitze.
$. 147. Bey dieser Gärung der Eifersucht zwischen der einen und der andern Parthey brach die Erbitterung bald in einen offenbaren
Krieg aus, in welchem beyde Theile gleichsam wetteiferten, die schönen Künste und die bis dahin hervorgebrachten Kunstwerke
aus Griechenland gänzlich zu verbannen, indem man die Tempel in Brand steckte und die Statuen zerschlug. Endlich nahmen die
Aetolier, um den Achäern die Spitze zu bieten, ihre Zuflucht zu den Römern, die damals zuerst ihren Fuß auf den Griechischen
Boden setzten. Da aber die Achäer, welche sich mit den Macedoniern vereinigten, durch Philopoemen einen Sieg wider die Aetolier
und ihre Bundesgenossen erfochten hatten, traten die Römer, nachdem sie besser von den Umständen in Griechenland unterrichtet
waren, von denen ab, welche sie gerufen hatten, zogen die Achäer an sich, schlossen ein Bündniß mit ihnen, eroberten Corinth und
schlugen den König Philippus von Macedonien.
$. 148. Dieser Sieg wirkte einen berühmten Frieden, in welchem sich dieser König der Entscheidung der Römer unterwarf, und
alle eingenommenen Städte in Griechenland abtrat. Damals erklärte der Römische Consul Quintus Flaminius bey Gelegenheit der
zu Corinth gefeierten [201] Lsthmischen Spiele alle Griechen für freye Leute und dies ist eine der merkwürdigsten Epochen in der
Griechischen Geschichte und Kunst. Dieses geschah in der hundert und fünf und vierzigsten Olympiade, hundert und vier und
neunzig Jahre vor der christlichen Zeitrechnung. Den Griechen wurde ihre Freyheit auch durch den Paulus Aemilius bestätigt. Daher
scheint Plinius, wenn er von dem Wiederaufblühen der Kunst um diese Zeit spricht, diese Olympiade, und nicht, wie im Texte steht,
die hundert und fünf und fünfzigste im Sinne gehabt zu haben. Denn die Römer kehrten in der zuletztgenannten Olympiade als
Feinde nach Griechenland zurück, wie wir späterhin sehen werden, und die Künste können sich nicht ohne Ruhe und Wohlstand in
einem Lande erheben.
Künstler dieser Epoche. Der Sturz im Belvedere.
$. 149. In diesem neuen Glanze der Kunst, das heißt, zwischen der hundert und fünf und vierzigsten und der hundert und fünfund
fünfzigsten Olympiade blühten Callistratus, Athenäus, Polycles, der Meister eines berühmten Hermaphroditen, und Metrodorus der