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Winckelmann, Johann Joachim; Borbein, Adolf Heinrich [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Hrsg.]; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Winckelmann-Gesellschaft [Hrsg.]; Balensiefen, Lilian [Mitarb.]
Schriften und Nachlaß (Band 6,2): Monumenti antichi inediti spiegati ed illustrati: Roma 1767; Kommentar — [Darmstadt]: von Zabern, 2014

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Volume Secondo: Parte Prima della Mitologia sacra. Sezione II. della Deità in particolare. Kommentar
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https://doi.org/10.11588/diglit.58930#0212
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Kommentare zu S. 150-292

der Zepter der Juno aufverschiednen Münzen (Golz Graec. tab. 16. 21. Begerspicil. ant. p. 38.). Vom Gesichte dieses Jupiters kann
man sagen, was Seneka vom Pluto sagt:
- Vultus est Uli Jovis,
Sedfulminantis.
Rasend. Herk. V. 723.
Einer von den beiden Titanen, die man auf der Erde ausgestreckt sieht, ist Menezius, vom Blize getroffen (Apollodor. Bibi. B. 1. p. 3.
b. I. 7.). Die Titanen, die die Fabel aus der Erde geboren angiebt, werden mit zwey Schlangen statt der Beine gebildet, in Anspielung
auf ihren fabelhaften Ursprung, um sie den kriechenden Thieren und Gewürmen, die aus der Erde selbst entsprungen scheinen,
ähnlich zu machen. Pherecydes der Syrer stellte sich die Götter so gestaltet vor, um ihre leichte und schnelle Bewegung, woran man
nicht leicht eine Spur erkennet, auszu-[9] drücken (Act. Lips. vom J. 1750. p. 463.). Von derselben Vorstellung schreibt sich wohldie
Abstammung des Namens Proserpina her, die Varro (De lingu. lat. I. IV. p. 17. I. 21.) macht, der behauptet, sie hätte diesen Namen
daher bekommen, daß sie schlangenweise bald rechts bald links ginge. Eine ähnliche Idee muß auch der uralte Bildhauer des Kastens
des Cypselus gehabt haben, da er den Boreas mit Schlangenschwänzen statt Füsse darauf bildete (Pausan. V, 19. init. (Doch kann es
hier auch auf die Wildheit gehen. S. Heyne über d. Kasterd. Cypsel. S.44. A.d.Ue.)).
Doch geben die Schriftsteller weder die Gestalt, noch die Anzahl der Titanen genau an. Die Gestalt lernen wir von den alten
Kunstwerken, aber mit einiger Verschiedenheit: auf unserm Kameo fängt der Schlangentheil bey dem Gürtel an; von den Knien aber,
auf einem Sarkophag bey dem Bildhauer Penna, wo zehn kämpfende Titanen, aber ohne die Götter, erscheinen.
Im Kabinet des römischen Kollegiums bewahrt man eine silberne Pallas in erhobener Arbeit, die auf den Enceladus, einen der
Titanen, blizt; dieselbe Abbildung findet sich auch auf geschnittenen Steinen und Münzen (Descr. d. p. gr. d. C. d. St. p. 51.).
IV. Einzig kann man die Abbildung in dem Basrelief Nr. 11. nennen, welches Eine Seite eines dreyeckigen Altars, in den Erdgewölben
der Villa Borghese, ausmacht. Man sieht einen Jupiter abgebildet, der auf einem Centaur da sizt,
Qua jungit hominem spina deficiens equo.
Seneka Herk. auf Oeta. V. 505.
Der Centaur hält auf der rechten Hand einen Damhirsch (Daino). Auf einer der beiden andern Seiten sizt eine Göttin, der der Kopf
fehlt, und wird von Scylla und einem andern Seeungeheuer getragen. Auf der dritten Seite sind zwey weibliche bekleidete Gestalten
gebildet, wovon eine die andere auf dem Rücken trägt; aber beide sind so verdorben, daß man sie nicht erkennen kann. Man könnte
vielleicht sagen, Jason sey hier in weiblicher Kleidung abgebildet, wie er zum erstenmal in Jolkus erschien, als er Juno durch den Fluß
Anauros auf dem Rücken trug (Apollon. Argonaut. B. III. V. 67.).
Vor einiger Zeit glaubte ich nicht hinlängliche Nachrichten zu haben, um einen so wenig bekannten Gegenstand zu erklären, als
dieser Jupiter ist, der einem Centaur auf dem Kreuz sizt; und darum nannte ich di eß Kunstwerk eines der schwersten zu erklären
(Descr. d. p. gr. d. C. d. St. Pref. p. 15.). Allein, da mir die Nachricht von einem Jupiter Κννηγέτης, dem Jäger (Girald. Hist. Deor.
Synt. 2. p. 110.), aufstieß, und daß er auf einigen Münzen von Tralli, einer Stadt in Lydien, und auf den Münzen vonMida, einer
Stadt in Phrygien (Harduin Num. ant. p. 171. B. edit. recent.), so gebildet ist, wo die Figur dieses Gottes von drey Jagdhunden
begleitet wird: so urtheile ich, daß diese Idee sich zu dem gegenwärtigen Basrelief passte.
Unstreitig ist der Centaur als Jäger vorgestelt, wie der Damhirsch den er hält, es anzeigt; um uns die Jagdlust, die allen Centauren
eigen war (Joh. von Salisb. Polycrat. I. 1. c. 4. p. 15.), anzuzeigen. An einer der Bildsäulen, die ehemals dem Kardinal Furietti, izt
zum kapitolinischen Kabinet gehören, scheint der gekrümmte Hirtenstab (Ααγώβολος), den sie hält, gleichfals ein Sinnbild der Jagd;
da, wie ich anderwärts angezeigt habe, der Ααγώβολος ein Stock ist, womit man nach den Hasen warf.
An unserm Marmor ist abgesprungen und fehlt das Gesicht des Centauren; und da man unter dem Kinne gar kein Zeichen von
Bart entdeckt, so wurde bey der Zeichnung, um keine ungestalte Figur zu machen, der Kopf ergänzt, und zwar ohne Bart. Obgleich
die Centauren sonst gewöhnlich bärtig gebildet wurden, so könnte man eben diesen ohne Bart für den Chiron selbst, den Bruder des
Jupiters, wie uns Xenophon (Von der Jagd. Kap. 1. § 4.) lehrt, nehmen. Denn Chiron sollJagdhunde von Apollo und Diana geschenkt
bekommen haben, und fast alle berühmte Helden Griechenlandes (Ebendas. $. 1. II. 2.), und unter andern Aktäon (Apollodor Bibi.
B. III. S. 93.) und Achill (Valer. Flakk. Argonaut. B.VV 270.), in der Jagd unterwiesen haben. Auf einem Gemälde, das Philostrat
(B. II. Gemälde 2.) beschreibt, bringt er seinem Pflegesohn Achill junge Löwen und Damhirsche, die er auf der Jagd gefangen, wozu
er ihn hernach, bey weitern Jahren, selbst anführte (Stazius Achill. B. II. V. 889.). Daher ist der Centaur als Gestirn, welches eben
derselbe Chiron ist (Th eon. Schol. überArat. Phänom. V. 442. p. 150. a. Skaliger über ManU. Sphär. p. 85.), auf der alten mar-
mornen Himmelskugel im Palast Farnese, mit einem jungen Löwen in der Hand vorstelt (Spence Polymet. Dial. II. p. 175.); und
Avienus, bey Beschreibung desselben Centauren, lässt ihn entweder junge Löwen oder andere wilde Thiere tragen: Agrestem praedam
manu gerit (Avien Phänom. Arat. V. 886.). Daher war Chiron, wie wir vom Scho Hasten des Aratus (Theon Schol. a.a.D) lernen,
ein Sinbild der Jagd. Und dieselbe Anspielung haben ohne Zweifel die aufdem Nr. 37. beygebrachten Marmor in der Villa Madama
 
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