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Windelband, Wilhelm
Präludien: Aufsätze und Reden zur Einleitung in die Philosophie — Freiburg i. B. [u.a.], 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.19220#0017
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löste, und dafür ließm sich aus der Geschichte anderer „Wissen-
schasten" Parallelerscheinnngen ansühren, wie die Fabelzeit der
Historie, das alchymistische Kindesalter der Chemie oder die
astrologische Schwärmperiode der Astronomie. Trotz aller Un-
vollkommenheiten also würde die Philosophie den Namen einer
Wissenschast verdienen, wenn sich nur seststellen ließe, daß alles
dasjenige, was man Philosophie nennt, Wissenschast sein wolle
und es bei richtiger Ansführung auch sein könne. Dem ist
aber nicht so. Bedenklich schon würde jene Unterordnung, wenn
sich zeigen ließe, — und es läßt sich zeigen und ist gezeigt
worden —, daß die Aufgaben, wctche die Philosophen nicht
nur gelegentlich sich gestellt, sondern als ihr eigentliches Ziel
bezeichnet haben, aus dem Wege wissenschastlicher Erkenntniß
nun und nimmer zu lösen sind. Wenn der zunächst von Kant
erbrachte und seitdem in vielen Bariationen wiederholte Veweis
von der Unmöglichkeit einer wissenschastlichen Begründuug der
Metaphysik richtig ist, so sallen damit aus dem Bereiche der
„Wissenschaft" alle diejenigen „Philosophien" heraus, welche
wesentlich metaphysischer Tendenz sind: und das trifft bekanntlich
nicht etwa uutergeordnete Erscheinungen, sondern jene Höhepunkte
der Geschichte der Philosophie, deren Namen in Aller Munde
sind. Jhre „Begriffsdichtungen" können also unter den Begriff
der Wiffenschast nicht objectiv, sondern nur in dem subjectiven
Sinne subsumirt werden, daß sie wissenschastlich leisten wollten
und geleistet zu haben glaubten, was sich wissmschastlich gar
nicht leisten läßt. Aber nicht einmal die Allgemeinheit dieses
subjectiven Anspruchs, die Philosophie solle Wissenschaft sein,
läßt stch bei ihren Bertretern stnden. Derer schon sind nicht
wenige, welchen das wissmschaftliche Element höchstens als mehr
oder minder unumgängliches Mittel für den eigcntlichen Zweck
der Philosophie gilt: wer in der letzteren eine Lebenskunst sieht,
wie die Philosophen der hellenistifchen und römischen Zeit, der
 
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