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rialistischen dort idealistischen Colorits, durch die wissenschaft-
liche Erkenntniß gewinnen, da sehen wir darin den Mißverstand
alten Wissensübermuthes und wundern uns nicht mehr über
das Fehlschlagen von Versuchen, die auf salsche Fragen salsche
Antworten geben. Das wissenschastliche Bewußtsein der Gegen-
wart — dasür haben die Berusensten vollgiltiges Zeugniß
abgelegt — arbeitet in dem Geiste der kantischen Philosophie.
Jn sicherer Ruhe steht es den Phantasmen des Aberglaubens,
der sich nnter uns von Neuem als verfeinerte Form uralten
Zauberwesens auszubreitcn droht, — mit dem ganzen Ernst der
Kritik steht es den Ausprägungen gegenüber, welche das meta-
phystsche Bedürsniß einzelner Gruppen der menschlichen Gesell-
schaft in bindenden Dogmen gesunden hat: aber nun und
nimmermehr meint es, die Welt in sich zu reproduciren oder
aller Weisheit Ansang und Ende aus sich allein gewinnen und
bestimmen zu können. Die Wissenschast weiß sich Herrin, un-
umschränkte Herrin aus ihrem Gebiet; aber sie selbst verlaugt,
daß die höchsten Werthe des Menschenlebens nicht in ihr allein,
sondern im sittlichen und ästhetischen Bewußtsein gesucht wer-
den. Gewiß und sicher aus ihrem Gebiete, in völler Anerken-
nung der anderen Werthe des Normalbewußtseins, so steht sie
da: der Stolz, der nicht möglich ist ohne die Bescheidenheit,
das ist die Tugend der kantischen Philosophie.

Nachdem wir sie so verstanden haben, vergleichen wir die
kantische, die deutsche Philosvphie noch einmal mit der grie-
chischen. War diese denn wirklich so ganz aus die wissen-
schaftliche Einsicht beschränkt, wie sie es zu sein glaubte?
Spielte in ihr wirklich das ethische und das ästhetische Bewußt-
sein gar keine Rolle? Es ist nicht schwer, aus diese Fragen
die Antwort zu geben; denn es liegt aus der Hand, wie leb-
hast sittliche und künstlerische Neigungen das Denken aller grie-
chischen Philosophen beeinflußt haben. Auf dem ethischen Jdeal
 
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