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Ueber Denken und Uachdenken.

(Eine akademische Antrittsrede. 1877.)

Dem scheinbar regellosen Verlause, mit welchem sich die
Vorstellungen ohne unser Zuthun, wie wir meinen, in uns ab-
wechseln, setzt eine verbreitete und auch wissenschastlich vielsach
verwerthete Ansicht das durch den Willen beherrschte, nach
bewußten Absichten gestaltete Denken als ein wesentlich Ver-
schiedenes gegenüber. Jm ersten Falle scheint es, als spiele sich
der ganze Vorstellungsmechanismus in dem leeren Raume unseres
Bewußtseins nur wie ein zusällig hineingerathenes Getümmel
selbständig ab; in dem anderen Falle glauben wir aus der
Natur unseres Bewußtseins den Gedankengang als unseren
eigenen zu erzengen. Es ist sür die psychologische Betrachtung
wie sür logische Theorien gleich wichtig, darüber klar zu wer-
den, ob dieser Unterschied zwischen dem unwillkürlichen und
dem willkürlichen Denken wirklich von so principieller Bedeutung
ist, wie es danach erscheinen könnte, ob der Einfluß des Willens
in dcr That den Character unserer Denkbewegung in so ent-
scheidender Weise verändert.

Zweisellos ist zunächst die Thatsächlichkeit dieses Einflusses,
den der bewußte Wille aus den Verlauf unserer Vorstellnngs-
bewegung ansübt. Daß wir willkürlich unsere Ausmerksamkeit
aus die Aufnahme bestimmter sinnlicher Wahrnehmungen richten
und concentriren, — daß wir willkürlich srühere Vorstellungen
in unser Bewußtsein zurückrusen und, wie wir zu sagen Pflegen,
 
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