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senden und Abertausenden sich als Verwirrung und Verwilderung
des Geistes erkennen läßt.

Jn der That, das moderne Jndividuum ist das resig-
nirende. Wir alle sind „die Entsagenden" der „Wanderjahre".
Nicht von jener Resignation aus die persönlichen Wünsche ist
die Rede, welche zu allen Zeiten eine Pslicht des sittlichen
Menschen gewesen ist, sondern von der bewußten Resignation
auf eine AlleS umfassende Kenntniß des gesammten Cultur-
gehaltes. Wir haben keine Philosophie mehr und werden nie
wieder eine haben, welche alle Erkenntnisse der Wissenschasten
zu einem Weltbilde zusammenarbeitete. Aber darum dars das
Leben des Jndividuums nicht aushören, im Ganzen zu wurzeln
und sich mit dem Wesen der Gattung eins zn wissen. Je mehr
das Streben in die Breite sich verbietet, um so nothwendiger
ist es, in die Tiese zu graben. Mögen wir uns ein Jedcr in
die Einzelheit seines Beruss mit seinem Wissen und Können
verlieren, so dars uns dvch das Verständniß siir die höchsten
Werthe des Menschenlebens, denen sich unser kleines Leben an
bestimmter Stelle einzuordnen hat, uicht verloren gehen; und
von der philosophischen Besinnung dürfen wir verlangen, daß
sie uns eben diesen Zusammenhang der höchsten Werthbestim-
mungen zum Bewußtsein bringe und uns aus unserem Sonder-
dasein in die Höhe der Hnmanität emporhebe. Das bleibt uns
immer übrig, den reinen Gehalt allen menschlichen Cnlturlebens,
die Jdeäle unserer Geschichte im Bewußtsein zu erhalten und
ihnen unser persönliches Leben einzuordnen. Jn unserem Er-
kennen und Wissen sind wir keine vollen und ganzen Menschen
mehr: aber im thatkräftigen Glauüen an die Jdeale sollen wir
es immer bleiben.
 
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