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Mrt dem Ende der Tübinger Studienzeit ging das Klee-
blatt auseinander. Schelling begann sogleich die ersten Lor-
beeren seiner philosophischen Lansbahn zu pflücken; Hegel,
als Hauslehrer in die Schweiz verschlagen, arbeitete in der
Stille an der Ausbildung seiner Gedanken, und nur brieslich
wurde die Gemeinschast ausrechterhalten. Auch Hölderlin hatte
der theologischen Laufbahn entsagt und sah sich zunächst aus
die Hofmeisterstelle angewiesen, welche sür eine so große Anzahl
der bedeutendsten unter Deutschlands Denkern und Dichtern einen
Durchgangspunkt gebildet hat. Für ihn sollte sie das Einzige
bleiben, was er in den äußeren Berhältnissen erreicht hat.
Anfaugs zwar schien sich Alles auf das Glücklichste zu gestalten.
Durch Schiller an Frau von Kalb empsohlen, sand er in deren
Hause zu Waltershausen eine überaus glückliche Position, und
als er nun gar mit der Familie zu Ende 1794 nach Weimar
übersiedelte, schien sich ihm der reichste und glücklichste Lebens-
kreis zu öffnen. Goethe, Herder und Fichte traten mit ihm in
persönliche Berührung, und Schiller sorgte sür seinen „lieben
Schwaben" in der herzlichstcn und zuvorkommendsten Weise.
Aber schou hier trat jener Zug der Melancholie und der Un-
befriedigtheit hervor, der ties in Hölderlin's Wesen begründet
war. Mitten aus dem Centrum der deutschen Geistesbewegung,
mitten aus diescm edelsten Kreise, dessen Werth er so gut wie
nur irgend ein Anderer verstehen konnte und empsand, sehnte
er sich nach der Einsamkeit und der idyllischen Ruhe seiner
schwäbischen Heimat, und ohne daß wir von äußeren Ver-
anlassungen wüßten, die ihn dazu getrieben hätten, gäb er nach
wenigen Monaten seine Stellung auf, um zu den Seinen zurück-
zukehren.

Als er daun in die Thätigkeit zurückkehrte, ging er der
düstern Entscheidung seines Lebens entgegen. Jm Januar 1796
trat er eine Hauslehrerstelle in der Familie Gontard zu Frank-
 
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