Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
173

noch vollständig die principielle Entscheidung der für alle Päda-
gogik fundamentalen Frage, welches Maß von allgemeiner Bil-
dung mit der Berufserziehung in der Weise vereinbar ift, daß
damit für alle Stände und alle Jndividuen eine Gleichheit der
geistigen Grundlage gewonnen wird. Bon der Erfüllung dieses
Jdeals ist die Menschheit heute weiter entfernt, als je in ihrer
Geschichte, und darin wurzeln alle Schäden der modernen Ge-
sellschaft. Diefem Problem gegenüber verrennt man fich auf
der einen Seite mit berechtigter Angst vor dem Dilettantismus
in eine rein technische Abrichtung zum besonderen Beruse —
eine Einseitigkeit, die selbst in der Arbeitstheilung der Wissen-
schasten aus allen Gebieten hervorzutreten ansängt. Bon Jugend
auf treibt man den Geist in eine bestimmte Richtung, sodaß
er nur das practische Ziel vor Auge hat und niemals den Blick
aus das Ganze gewinnen kann. Und doch steht es durch lange
Erfahrung sest, daß die fruchtbare Thätigkeit nur die sein kann,
welche den besonderen Berus im Zusammenhange des Ganzen
zu betrachten besähigt ist. Läust man so Gesahr, den Geist
zur Maschine zu machen, die nur ihre bestimmte practische
Arbeit verrichten kann, so fällt man auf der anderen Seite
dem Dilettantismus anheim, wenn man alle die noch so un-
sertigen „Ergebnisse" der modernen Wissenschaft in die Schul-
bildung aufnehmen will. Da drängen sich denn alle Disciplinen
hervor, damit der jugcndliche Geist von jeder etwas kosten soll;
von jedcr wird durch äußerliche Aneignung etwas ausgenommen,
und damit wird die Harmonie und der systcmatische Zusammen-
hang unserer srüheren Bildung gesprengt. Die Unzulänglichkeit
derselben giebt Jeder zu, abcr bisher giebt es entfernt Nichts,
was an ihre Stelle zu treten berechtigt wäre. Die ganze Masse,
die sich jetzt herandrängt, wird auswendig gelernt und nicht
begriffen, sie kann nur vom Gedächtniß und nicht vom Berstande
bewältigt werden. So überlasten und überhasten wir denn
 
Annotationen