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tischm Betrachtungsweise des achtzehnten Jahrhunderts gegen-
über, vor Allcm daran gelegen sein, den in sich selbst begrün-
deten Werth der Normen aus dem Flusse des Entstehens und
Dergehens herauszuheben. Aber er schuf damit einen Dualis-
mus, dessen Ueberwindung die wichtigste Ausgabe seiner Nach-
solger werden sollte. Es mußte begreiflich gemacht werden, wie
mitten im Reiche der Naturnothwendigkeit die Norm znr Gel-
tung und Herrschast gelangen kann. Leicht gewann es dabei
den Anschein, als ob die Natur mit der Besolgung ihrer Ge-
setze schließlich etwas von ihr Derschiedenes, etwaS Höheres pro-
ducire, als ob sie sich „über sich selbst hinaus potenzire".
Diese in den dialectischen Begriffen des Hegelffchen Systems
am besten ausgeprägte Dorstellnngsweise kommt auch in den
naturalistischen Ansichten der Gegenwart, als deren Typus der
„neue Glaube" von Strauß gelten kann, mit einigen Modi-
ficationen des Ausdrucks, aber im Grunde völlig unverändert
zum Vorschein. Dem gegenüber sollte hier gezeigt werden, daß
die Normen selbst von vornherein eine in der natnrgesetzlichen
Bewegung des Seelenlebens gegebene Möglichkeit darstellen und
daß diese zur Wirklichkeit wird durch die unmittelbare Evidenz,
Welche den Normen innewohnt und welche dieselben, sobald sie
zum Bewußtsein gelangt find, zu bestimmenden Mächten in dem
naturgesetzlichen Processe selbst macht. Die Naturnothwendig-
keit treibt nicht über sich selbst hinaus, aber sie sondert sich in
sich selbst. Die „Vernunst" wird nicht erzengt, sondern sie
ist in der nnendlichen Mannichsaltigkeit der naturnothwendigen
Processe schon enthalten: es kommt nur daraus an, daß sie
erkannt und mit Bewußtsein zum Bestimmnngsgrunde gemacht
wird. Das Reich der Freiheit ist mitten im Reiche der Natur
diejenige Provinz, in welcher nur die Norm gilt: unsere Aus-
gabe und unsere Seligkeit ist, in dieser Provinz uns anzu-
siedeln.
 
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