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22 Über die gegenwärtige Lage und Aufgabe der Philosophie.

Bedeutung der Mensch mit allem seiuem Fühlen und
Wollen und allen Wertinhalten seines Gemütes in dem
unendlichen Weltall besitzt, und man sragt wohl spottend,
wie dieses Geschlecht, das in einem entlegenen Winkel des
llniversnms sein auf ein paar Jahrtausende oder auch Jahr-
zehntausende bestimmtes Geschick abspielt, sich heraus-
nehmen dürfe, die Wertinhalte seines kleinen Lebens in
das innere Wesen des unermeßlichen Ganzen zu verlegen.
Jndessen dürfen wir doch wohl uns darauf besinnen, daß
die Vvrstellung von der Natur als einem gesetzmäßigen
Zusammenhange, worauf jener Einwurf schließlich beruht,
selbst keineswegs als ursprünglich und selbstverständlich
gegeben gelten darf, sondern vielmehr erst ein Erzeugnis
der begrifflichen Vernunfterkenntnis ist, das in mühsamer
Bewältigung der auf uns eindringenden Vorstellungen
erzeugt worden ist: und wenn wir auf Grund dieser Er-
kenntnisse uns selbst in den unermeßlichen Zusammenhang
des körperlichen Daseins eingestellt finden, so erleben wir
in dem Ringen der Geschichte und in der Herausarbeitung
unserer Lebensideale aus dem Wirrwarr der Leidenschaften
unsere Einstellung in einen andern Zusammenhang, in den
des geistigen Daseins, der ebenso unermeßlich ist und der
über unsere empirische Existenz ebenso weit übergreift wie
jener physische Zusammenhang. Wenn wir daher der
Ordnung und Gesetzmäßigkeit, welche die sogenannte wert-
freie Forschung aus dem Gewirr unserer Wahrnehmungen
herauszupräparieren imstande ist, eine reale Geltung über
die bloßen Formen unseres Jntellektes hinaus zuschreiben
dürfen, warum soll es uns verwehrt sein, zu glauben,
daß auch jenen allgemeinen Werten, die aus unserer
Geschichte sich herausgerungen haben, ebenso eine über
die begrenzte Lebensform des Menschen hinaus geltende
Realität zukommt? Die historische Erscheinung, die wert-
hafte Weltansicht, hat bei der Befriedigung des meta-
physischen Bedürfnisses gehört zu werden dasselbe Anrecht
 
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