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VIII

aus der lothringischen Pfalzgrafschaft übernommenen Stücke und durch die mächtigen rheinischen Bisthümer
Worms, Mainz und Speyer von einander getrennt: die Erbgüter aus dem salisehen und staufischen Hanse; alles
ist noch zerstückelt: Allodien, Lehen, Vogteien, eine ganze Reihe vielbestrittener Rechte. Nur selten weilt der
Pfalzgraf und Herzog von Baiem in der Burg auf dem Jettenbühel, obwohl schon mit Beginn des neuen Jahrhunderts
eine zweite Veste erwähnt wird, der Anfang künftiger prachtiger Bauten. Noch lag der Schwerpunkt des staat-
lichen Lebens in Baiern, wo München und Landshut unter dem Schutze der Herzoge zu Städten heranblühten.
Hier hatte sich schon ein abgeschlossenes Staatswesen gebildet, auf einem Boden uralter eigenartiger Cultur, bei
einem Volke von stammesbewusster Sonderarfc, dazu kamen dynastische Traditionen, die noch weiter reichten
als die wittelsbachischen. Jene Reihe zerstückelter Hoheitsrechte, wie sie mit der Pfalzgrafsehaft übernommen
waren, erschien nur als Anhang zu dem mächtigen bairischen Herzogtimm. So kann auch in dem von Böhmer
behandelten Abschnitte von einer selbständigen pfälzischen Geschichte nicht die Rede sein.

Die Zukunft der rheinischen Pfalz, die historische Mission, welche sie Jahrhunderte lang auch als Glied
des Reiches und zuletzt mit weniger Glück auf dem Boden der grossen Welthandel erfüllt hat, beruhte allein aut
ihrer Selbständigkeit, wie dieselbe im Hausvertrag von Pavia (1329) ihren Ausgangspunkt genommen hat.

Seit dem Tode Rudolfs I (1319) hielt Ludwig der Baier seine gewaltige Hand auf der rheinischen Pfalz.
Er hatte das Recht dazu. Im Münehener Vertrage vom 21. Juni 1313 waren ihm dafür, dass sein Bruder Rudolf
das alleinige Kurrecht übernahm, für den Fall, dass er Rudolf überlebte, die rheinische Pfalz lebenslänglich
zugesprochen worden. Jede Landestheiluug war ausgeschlossen. Jahre lang haben Ludwigs Neffen: die Pfalzgrafen
Adolf, Rudolf und Ruprecht unter Führung ihrer Mutter Mechtild nnd der habsburgischen Partei, um das pfälzische
Erbe gekämpft. Kriege und friedliche Unterhandlungen wechselten erfolglos ab. Von den dreien aber war es Ru-
precht, der besonders nach 'dem Tode seines Bruders Adolf, mit Umsieht und Thatkraft auch im Anschluss an
die mit Ludwig bitter verfeindete Curie auf Herausgabe des pfälzischen Erbes drang.

Es ist mir gar kein Zweifel und der Rückblick auf sein reiches politisches Leben muss es uns nahe legen,
dass Ruprecht schon als frühgereifter Mann sich über die Bedingungen einer künftigen Gestaltung der rheini-
schen Verhältnisse klar, war und gerade dieses Ziel bei seinen Bemühungen um die Landestheilung vom Jahre
1329 fest im Auge hatte. Einige erst in neuerer Zeit veröffentlichte Urkunden *) zur baierischen Geschichte geben
uns über die Vorverhandlungen des Vertrages von Pavia, zwar auch nur wenige, aber doeh werthvolle Aufschlüsse.2)
In diesem berühmten Vertrage hat bekanntlich Ludwig der Baier seine Rechte an den rheinpfälzisehen Landen
und einem Theil der Oberpfalz an seine Neffen abgetreten. Was schon ein Schiedsgericht v. J. 1326 verlangte
„dass die Pfalz von nun ein Theil sei und Baiern das andere", ward drei Jahre nachher besiegelt und somit
beginnt die selbständige staatliche Entwicklung der rheinischen Pfalz. Was ans ihr im Laufe des vierzehnten
Jahrhunderte bis auf König Ruprecht geworden ist und wie sieh Alles gestaltet, ersehen wir zum ersten Mal deut-
lich aus den vorliegenden Regesten, welche grösstenteils öieRegieningszeitRuprechtsI3) umfassen. Mit Krieg
und Fehde nicht allein, vor Allem mit Umsicht und Thatkraft, mit kluger Benützung der Verhältnisse hat er im
Verlaufe seiner langjährigen Regierung aus der zerstückelten Pfalz ein annähernd zusammenhängendes, durch
eine wohlgeordnete Verwaltung nnd haushälterische Finanzwirthschaft wohlgefügtes Staatswesen geschaffen.
Und wie wesentlich seinem Eingreifen zu verdanken sein dürfte, dass die Pfalz in territorialer Beziehung jetzt
eine selbständige Entwicklung nahm, so hat er diesem Staate auch eine bedeutende Stellung als Mitglied
des Reiches verschafft. Der klugen Ausnützung seiner politischen Beziehungen zu Karl IV ist auch die
selbständige pfälzische Kurwürde zu verdanken. Reich und mannigfach, wie sich der Staat Ruprechts ent-
wickelt, werden jetzt auch Akten und Urkunden, in welchen seine Thätigkeit niedergelegt ist. Mit der Regie-
rung Ruprechts beginnt auch ein wohlgeordnetes-pfälzisches Kanzleiwesen und die Geschichte des pfälzi-
schen Archives muss mit seiner Regierung anheben, die wichtigsten und ältesten, auch in die Zeit der ersten

') Riezler Urkunden sur bäiriachen und deutschen Geschichte aus den Jahren 1256—1343 (Forschungen z
deutschen Geschichte 20, 235 ff.)

2) Vgl. meinen Artikel über Ruprecht I in der Allgemeinen Deutsehen Biographie 29, 731 ff.

a) Vgl. meine auch auf urkundlichem Material beruhende Darstellung in .Ruperto-Carola, Illustrirte Fest-Chror
der V. Säcular-Feier der Universität Heidelberg5 S. 6—11.
 
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