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Witteisbacher zurückgreifenden Sammlungen von Urkunden zur Geschichte des pfälzischen Hauses und Landes
verdanken wir ihm. ....'■.*;. <

Für das dreizehnte und vierzehnte Jahrhundert beschränkt sieh das Quellen-Material zur rheinpialzi-
schen Geschichte auf Urkunden. Der Reichthum bedeutender Geschichtsbücher, wie ihn schon im frühen Mittel-
alter Baiern besitzt, fehlt der Pfalz. Ein ausgebildetes Staatswesen, ruhmreiche Regentenreihen, grosse abge-
schlossene, gerade diesem Lande entwachsene Culturperioden, dieser Boden, auf welchem die Geschichtsschreibung
gedeiht, war ja noch nicht vorbanden. Hier stand der Geschichtsschreiber vor unentwickelten Verhältnissen, un-
klaren territorialen Begriffen, vielbestrittenen Rechtsfragen. "Was wüssten wir überhaupt über die ersten Witteis-
bacher ohne bairische Quellen! Bezeichnend aber ist, dass zuerst die bedeutende Persönlichkeit Ruprechts I auf
die Zeitgenossen Eindruck gemacht hat. Tilmann Einem von Wolfhagen1), der Verfasser der Limburger Chronik,
welcher den Ereignissen im Lahn- und Rheingebiete nabestand und zum erstenmal persönliche Auffassung von
Menschen und Dingen in die trockenen Ännalen brachte, hat uns eine werthvolle Charakteristik Ruprechts hinter-
lassen.3) An litterarischem Werthe können sich die übrigen Quellen des 14. Jahrhunderts, so die Mainzer Chronik,
welche manches Schätzbare für unsere pfälzische Geschichte enthält, auch die nun üppig emporwachsenden Städte-
chroniken gar nicht messen. Erst mit dem kriegerischen und siegreichen Friedrich, dem glanzvollsten und macht-
vollsten Vertreter eines selbstbewussten, trotzenden und wagenden Territorialfürstenthums, aber auch eines in
geistiger und materieller Cuitur blühenden Staates, in welchem schon die Keime der neuen Zeit mächtig empor-
trieben und grosse Ereignisse das pfälzische Volk in Spannung hielten, nimmt auch die pfälzische Historiographie
ihren Anfang; sie hat in Mathias von Kemnath ihren ersten, in Hubertus Thomas Leodius später ihren eigen-
artigsten Ausdruck gefunden. Seit Friedrich dem Siegreichen ist mit der Pflege von Kunst und Wissenschaft, auch
die Förderung historischer Arbeit eines der werthvollsten Erbtheile gewesen, das von einem Kurfürsten auf den
andern überging.3) Von Marquard Freher bis in die arbeitsvollen Tage der Mannheimer Akademie, weist die
pfalzische Geschichtsforschung eine stattliche Reihe verdienstvoller Gelehrten auf, deren Arbeiten auch heute
noch vielfach unentbehrlich sind. Viele haben sich freilich aus den Banden der höfischen Historiographie nicht
losmachen können, genealogische Interessen überwiegen die landesgeschichtlichen und vielfach verirrten sich äie
Historiographen auf dem Wege, den sonst nur die Hofpoeten mit farblosen Oden zu begehen pflegten. Das erste
und einzige Werk einer pfälzischen Geschichte, welches alle Gebiete des staatliehen Lebens umfassend auch alle
Ansprüche einer kunstvollen Darstellung erfüllt, schenkte uns Ludwig Häusser. Es war ein anderer Boden,
auf ^welchem diese Erstlingsarbeit des unyergesslichen Historikers erwuchs. Fast ein halbes Jahrhundert war ver-
flossen, dass die alte ruhmvolle Pfalz mit abgelebten Formen, abgestorbenen Ideen in andere Staatswesen auf-
gegangen war. dass der alte Stammsitz der Pfalzgrafen einem Lande zufiel, indem, was Jahrhunderte lang vergessen
war, die ersten Keime der nationalen Gedanken mächtig emportrieben undFürst und Volk bewegten. Mag Vieles,
was Häusser erforscht und geschrieben hat, durch neuere Forschung sich ergänzen und verbessern lassen, —
mag bei Beurtheilung der kirchlichen Dinge der Verfasser nicht der Auffassung eines jeden Lesers entsprechen,
die vaterländische Gesinnung, welche das Buch durchdringt, verleiht ihm bei aller Gelehrsamkeit jene ursprüng-
liche Frische und Wärme der Darstellung, die sein bei den Pfälzern so beliebtes Buch dauernd vor Veraltung
bewahren wird.

Werk fehlt uns, worauf schon der Vorsitzende der badischen historischen Commission
bei deren Gründung hingewiesen hat*), eine Geschichte der Pfalz, d. h. eine Landes-, eine Territorial-Geschichte.
Häusser wollte eine Geschichte des Kurstaates schreiben, mit allen seinen Aeusserungen im politischen, kirchlichen
und litterarischen Leben. Da nun nach damaligen Staatsbegriffen der alleinige Vertreter dieses Staates der Kur-
fürst war, von dessen Willen zeitweise sogar das religiöse Bekenntniss des ganzen Landes abtriug, so kann man

*) Wjbs, Die Limburger Chronik. Marburg 1875.

2) Vgl. Reg. nr. 4917.

ä) Vgl. im Allgemeinen: Rockinger, Die Pflege der Geschichte durch die Wittelsbaeher. München 1S80. Der-
selbe, .Ueber ältere Arbeiten aur baierisehen und pfälzischen Geschichte im geheimen Hans- und Staatsarchive. (Abhandl.
d. bair. Afead.. bist. CL XIV. u. SV). München 1S79-1SS0. .....

4) Mittbeilungen der badischen bist. Commission nr. 1 S. 19.
 
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