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Dürer, Albrecht; Winkler, Friedrich [Bearb.]
Die Zeichnungen Albrecht Dürers (Band 1): 1484-1502 — Berlin: Deutscher Verein für Kunstwissenschaft, 1936

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https://doi.org/10.11588/diglit.61954#0022
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XVI

EINFÜHRUNG

etwa 40 echten Werken die Berliner Sammlung. Nach den Aufzeichnungen Hausmanns stammen
seine Zeichnungen wenigstens zu einem beträchtlichen Teil aus der Albertina. Wahrscheinlich kommt
vieles von den 130 Berliner Stücken auch aus Wien. Die berühmte Bremer Sammlung (rund 40 Blatt)
wurde durch Harzen, der sich selbst für Hamburg einige der schönsten Blätter sicherte, von Grün-
ling gekauft, versprengte Reste aus derselben Quelle sind in Göttingen, Hannover, ehern, bei Vie-
weg-Braunschweig nachweisbar. Sicher ist auch die schönste in neuerer Zeit zustande gekommene
Privatsammlung, die des Malers Bonnat in Bayonne (rund 30 Blatt), sowie die sehr gewählte des
Herzogs von Aumale in Chantilly zu einem Teil alter Wiener Besitz. Hauptwerke beider Sammlun-
gen, die Studien zu dem Marienbild von 1521/2, das nicht ausgeführt wurde, in Bayonne, und Teile
des niederländischen Skizzenbuches in Chantilly gehen auf die Sammlung Denon zurück und verraten
durch ihre Ähnlichkeit und ihre Herkunft, daß sie in Dürer’s Nachlaß in Wien gewesen sind. Die
letzte Wiener Sammlung mit einigen Zeichnungen Dürers war die 1889 versteigerte Sammlung Klin-
kosch. Von dem Besitzer wird berichtet, daß er einem Hofbeamten ein Jahr lang eine Leibrente für
den Grundstock seiner Sammlung gezahlt hat. Viele von den der Albertina verloren gegangenen
Zeichnungen dürften sich bei näherem Studium ermitteln lassen.
Wie systematisch Dürerzeichnungen der Albertina im ersten Viertel des 19. Jahrh. abgestoßen wur-
den, läßt sich aus Folgendem entnehmen. Die 1932 dorthin zurückgelangten Blätter waren ausschließ-
lich Händestudien, bei den Lemberger fallen die Aktzeichnungen, bei den Bremer die Landschaften
als Hauptbestandteile auf. 5 sehr große und gleichartige Blätter mit Gewandstudien auf dunklem
grundierten Papier in Berlin, Braunschweig (Blasius), Bremen und Hamburg müssen aus derselben
Quelle kommen. Überhaupt wird man da, wo der gleiche Typus in mehreren Exemplaren auftritt —
wie die sehr großen Federzeichnungen zu dem Marienbild von 1521/2 (Bonnat) — mit einem ge-
wissen Grund dann die Herkunft aus der Albertina vermuten dürfen, wenn die Zeichnung nicht
über das 19. Jahrhundert zurück verfolgt werden kann. Es sind eben damals alle Landschaften,
viele Hände-, Akt- und Faltenstudien, dazu aber auch viele herrliche Bildniszeichnungen in Bausch
und Bogen abgegeben oder entwendet worden, sicher auch viele kapitale Einzelstücke wie Dürers
Mutter (Berlin, 1514), die aus Andreossy’s Sammlung stammt.
Ein zweiter Hauptteil des Dürer’schen Erbes ist — vermutlich von den Imhoffs — im Anfang des
17. Jahrhunderts verkauft worden. Aus dem holländischen Handel jener Zeit stammen die kostbaren
Dürer-Manuskripte des Britischen Museums, denen ein Klebeband mit mehr als 100 Dürer-Zeich-
nungen beigefügt war. Die großen schwarzen Lederbände, in die die Manuskripte und Zeichnungen
gebunden sind, sind nach ihrer Aufschrift 1637 in Holland angefertigt worden. Dort hat sie vielleicht
der Lord Arundel, einer der größten Sammler aller Zeiten, erworben. Nach dem Sturze des Lords,
des Günstlings des hingerichteten Königs Karl I. von England, sind sie — und das ist außer der hol-
ländischen Herkunft das einzige Sichere — in Besitz des Sir Hans Sloane nachweisbar. Als dessen
Vermächtnis sind sie im 18. Jahrhundert ins British Museum eingegangen, das im 19. Jahrhundert
seinen Bestand nochmals durch Ankäufe ergänzt hat.
Kleinere Sammlungen haben sich in Nürnberg nach dem Beispiel Willibald Imhoffs frühzeitig gebil-
det. So hören wir von dem Ayrer’schen und dem Praun’schen Kabinett. Letzteres, das erst am Ende
des 18. Jahrhunderts aufgelöst wurde, ist über die Sammlung Esterhazy in wichtigen Teilen ins Bu-
dapester Museum gelangt. Auch die Büheler’sche Sammlung in Straßburg (vgl. S.VIf.), deren Teile
sich bisher besonders in Berlin, Koburg und Wien nachweisen lassen, ist eine Schöpfung des
16. Jahrhunderts.
Im Gegensatz zu der einzigartigen Wiener eignet der Londoner Sammlung mehr ein wissenschaft-
licher Zug, doch verfügt auch sie über großartige Einzelstücke. Die annähernd gleichgroße Berliner,
 
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