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Günther.
Form der Spiesen, welche ihnen im Gehen hinten nach
schleifen; wenn sie einen ansehen, so scheinen sie einen
gleichsam zu fragen, ob sie vom Leder ziehen sollen;
Schuhe, Strümpfe und Kleider sind von übler Beschaffen-
heit, weil ihre Philosophie sich nicht um solche Kleinig-
keiten bekümmert“. Und Zachariäs Schilderung ist noch
prägnanter: „Ihr Singen war ein Schreyn, und ihre
Freude Raufen — Sie haßten Buch und Fleiß, und ihr
Beruf war Saufen“. 1704 mußte es durch einen beson-
deren Erlaß den Bürgern in Jena verboten werden, durch
ihre Töchter oder sonstige weibliche Angehörige, den
Studenten die Wäsche auf die Stube zu bringen. Patente
gegen die Beherbergung von Dirnen — die den Studio
auf die Exkneipe begleiteten, mit ihm dort zechten und
übernachteten — erschienen alle paar Jahre.
Leipzig war die Stadt der feinen Lebensart, der
vornehmen französischen Kultur. Hier gerät auch Gün-
ther im Mencke-Philanderschen Kreise in die Modeform
des Schäfergedichts. „Man lügt bisweilen nach der
Mode — Und nach der Mode lüg auch ich“, gesteht
er selber. Aber er beginnt auch bewußt an der Form
seiner Dichtung zu arbeiten. Er lehnt ausdrücklich den
Schwulst der zweiten schlesischen Schule ab und prokla-
miert die klassische Einfachheit. Die Behandlung von
Ovids Amores und Fastes verleiten ihn zur lasziven
Dichtung, die Lektüre der Neulateiner unterstützt ihn
hierin. Gedichte von häßlicher Roheit entstehen um
diese Zeit. Seine Hingabe an das Leben droht von
jener dumpfen Lässigkeit und Gewohnheit zu werden,
die allem Künstlerischen innerster Feind ist. Er läßt
sich von seiner Umgebung tragen:
Nun sagt mir, soll ich anders leben,
So lacht mich jeder Pinsel aus:
Nach Wahrheit, Zucht und Tugend streben,
Baut jetzt fürwahr kein steinern Haus.
Ich mach es so wie meinesgleichen!
Günther.
Form der Spiesen, welche ihnen im Gehen hinten nach
schleifen; wenn sie einen ansehen, so scheinen sie einen
gleichsam zu fragen, ob sie vom Leder ziehen sollen;
Schuhe, Strümpfe und Kleider sind von übler Beschaffen-
heit, weil ihre Philosophie sich nicht um solche Kleinig-
keiten bekümmert“. Und Zachariäs Schilderung ist noch
prägnanter: „Ihr Singen war ein Schreyn, und ihre
Freude Raufen — Sie haßten Buch und Fleiß, und ihr
Beruf war Saufen“. 1704 mußte es durch einen beson-
deren Erlaß den Bürgern in Jena verboten werden, durch
ihre Töchter oder sonstige weibliche Angehörige, den
Studenten die Wäsche auf die Stube zu bringen. Patente
gegen die Beherbergung von Dirnen — die den Studio
auf die Exkneipe begleiteten, mit ihm dort zechten und
übernachteten — erschienen alle paar Jahre.
Leipzig war die Stadt der feinen Lebensart, der
vornehmen französischen Kultur. Hier gerät auch Gün-
ther im Mencke-Philanderschen Kreise in die Modeform
des Schäfergedichts. „Man lügt bisweilen nach der
Mode — Und nach der Mode lüg auch ich“, gesteht
er selber. Aber er beginnt auch bewußt an der Form
seiner Dichtung zu arbeiten. Er lehnt ausdrücklich den
Schwulst der zweiten schlesischen Schule ab und prokla-
miert die klassische Einfachheit. Die Behandlung von
Ovids Amores und Fastes verleiten ihn zur lasziven
Dichtung, die Lektüre der Neulateiner unterstützt ihn
hierin. Gedichte von häßlicher Roheit entstehen um
diese Zeit. Seine Hingabe an das Leben droht von
jener dumpfen Lässigkeit und Gewohnheit zu werden,
die allem Künstlerischen innerster Feind ist. Er läßt
sich von seiner Umgebung tragen:
Nun sagt mir, soll ich anders leben,
So lacht mich jeder Pinsel aus:
Nach Wahrheit, Zucht und Tugend streben,
Baut jetzt fürwahr kein steinern Haus.
Ich mach es so wie meinesgleichen!