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Heere der Herren nur lose Haufen entgegentraten, von denen einer
um den anderen sich nicht kümmerte, so hier.
Der Straßenkampf hätte furchtbar für die Eindringlinge enden
können, wenn er planmäßig, systematisch betrieben worden wäre.
Aber die wenigen Führer, die daran dachten, konnten mit ihren
Ideen nicht durchdringen, und die Zahl der Truppen, über die sie
überall und unter allen Umständen verfügen konnten, war sehr
klein. Die meisten Föderirten wollen nur ihr Arrondissement,
oder gar nur ihre Straße vertheidigen. „Zu Hunderten weigern
sich die Leute, das Pflaster ihrer Straße zu verlassen; sie kümmern
sich nicht um das benachbarte Mertel, das im Todeskampfe liegt
und warten bis zur letzten Stunde regungslos zu, bis die Armee
sie einschließt." (Lissagaray.)
Umgehung und Bombardement waren die Hauptmittel des
Sieges der Versailler. Bald wurde das Feuer das wichtigste
Kampfesmittel auf beiden Seiten, den Feind zu vertreiben oder
wichtige Positionen zu zerstören. Immer entsetzlichere Formen nahm
der Kampf an, je mehr die Versailler vordrangen.
Am 24. Mai wurde das Stadthaus vor dem Feinde geräumt.
Was an Zentralleitung bis dahin noch geherrscht, hörte damit
thatsächlich auf zu existiren, wenn auch bis zum Freitag noch das
Hauptquartier, der Stadtrath und das Zentralkomite sich bemerkbar
machten. Immer mehr wurden die einzelnen Punkte der Verthei-
digung sich selbst überlassen.
Die humane Praxis, die Gefangenen zu erschießen, war von
den Versaillern schon längst geübt worden. Berauscht von Blut,
Auf dem Psre la Chaise
(Die Mauer der Föderirten.)
Außerdem verfielen die Föderirten in den gewöhnlichen Jrr-
thum naiver Kriegsleute. Sie hielten sich für geborgen, wenn sie
in der Front unangreifbar waren. Aber die Versailler Truppen,
in der Uebermacht und wenigstens einigermaßen planmäßig geleitet,
verstanden es, Punkte, die sie nicht von vorne erstürmen konnten,
dadurch zu nehmen, daß sie sie umgingen und ihre Vertheidiger in
der Seite und im Rücken angriffen.
Die Versailler Truppen siegten nicht durch ihre überlegene
Tapferkeit. Zwanzig bis dreißig Föderirte hinter ein paar Pflaster-
steinen hielten oft ganze Regimenter stundenlang auf. Frauen und
Kinder zeigten den gleichen Muth wie Männer, übertrafen diese
oft an Energie und Todesverachtung. Die Barrikade auf dem
Platze Blanche ist berühmt geworden, die nur von Frauen — un-
gefähr 120 — gebaut und auf das zäheste vertheidigt wurde.
Ebenso heldenmüthig kämpften die Föderirten in der Rue Royale,
aus den Buttes aux Cailles, dem Bastilleplatz, dem Chateau d'Eau rc.
wahrscheinlich auch von Schnaps, erschießen sie jetzt Alles, was
ihnen unter die Hände geräth, auch Greise, Weiber und Kinder,
auch Leute, die am Kampfe nicht Theil genommen.
Die Nachricht von diesen Massenmetzeleien erbitterte dieKommu-
nards aufs Äußerste. Eine Schaar von Nationalgarden drang in das
Gefängniß von La Rocquette, in das man die dreihundert Geiseln
geschafft und süsilirte sechs derselben, um Repressalien zu üben.
Später wurden noch einige erschossen, im Ganzen dreiundsechzig
Geiseln.
Neben den Bränden, die zum Theil durch die Versailler ent-
zündet worden waren und die in jedem Kampf unvermeidlich sind,
bei dem Häuser dem einen oder andern Theil zur Deckung dienen,
sind vor Allem diese Erschießungen, die von einigen Verzweifelten
ohne Wissen und Willen der maßgebenden Kommunemitglieder vor-
genommen wurden, stets von der Bourgeoispresse voll moralischer
Entrüstung als unerhörte Greuelthaten hingestellt worden, wie sie
Heere der Herren nur lose Haufen entgegentraten, von denen einer
um den anderen sich nicht kümmerte, so hier.
Der Straßenkampf hätte furchtbar für die Eindringlinge enden
können, wenn er planmäßig, systematisch betrieben worden wäre.
Aber die wenigen Führer, die daran dachten, konnten mit ihren
Ideen nicht durchdringen, und die Zahl der Truppen, über die sie
überall und unter allen Umständen verfügen konnten, war sehr
klein. Die meisten Föderirten wollen nur ihr Arrondissement,
oder gar nur ihre Straße vertheidigen. „Zu Hunderten weigern
sich die Leute, das Pflaster ihrer Straße zu verlassen; sie kümmern
sich nicht um das benachbarte Mertel, das im Todeskampfe liegt
und warten bis zur letzten Stunde regungslos zu, bis die Armee
sie einschließt." (Lissagaray.)
Umgehung und Bombardement waren die Hauptmittel des
Sieges der Versailler. Bald wurde das Feuer das wichtigste
Kampfesmittel auf beiden Seiten, den Feind zu vertreiben oder
wichtige Positionen zu zerstören. Immer entsetzlichere Formen nahm
der Kampf an, je mehr die Versailler vordrangen.
Am 24. Mai wurde das Stadthaus vor dem Feinde geräumt.
Was an Zentralleitung bis dahin noch geherrscht, hörte damit
thatsächlich auf zu existiren, wenn auch bis zum Freitag noch das
Hauptquartier, der Stadtrath und das Zentralkomite sich bemerkbar
machten. Immer mehr wurden die einzelnen Punkte der Verthei-
digung sich selbst überlassen.
Die humane Praxis, die Gefangenen zu erschießen, war von
den Versaillern schon längst geübt worden. Berauscht von Blut,
Auf dem Psre la Chaise
(Die Mauer der Föderirten.)
Außerdem verfielen die Föderirten in den gewöhnlichen Jrr-
thum naiver Kriegsleute. Sie hielten sich für geborgen, wenn sie
in der Front unangreifbar waren. Aber die Versailler Truppen,
in der Uebermacht und wenigstens einigermaßen planmäßig geleitet,
verstanden es, Punkte, die sie nicht von vorne erstürmen konnten,
dadurch zu nehmen, daß sie sie umgingen und ihre Vertheidiger in
der Seite und im Rücken angriffen.
Die Versailler Truppen siegten nicht durch ihre überlegene
Tapferkeit. Zwanzig bis dreißig Föderirte hinter ein paar Pflaster-
steinen hielten oft ganze Regimenter stundenlang auf. Frauen und
Kinder zeigten den gleichen Muth wie Männer, übertrafen diese
oft an Energie und Todesverachtung. Die Barrikade auf dem
Platze Blanche ist berühmt geworden, die nur von Frauen — un-
gefähr 120 — gebaut und auf das zäheste vertheidigt wurde.
Ebenso heldenmüthig kämpften die Föderirten in der Rue Royale,
aus den Buttes aux Cailles, dem Bastilleplatz, dem Chateau d'Eau rc.
wahrscheinlich auch von Schnaps, erschießen sie jetzt Alles, was
ihnen unter die Hände geräth, auch Greise, Weiber und Kinder,
auch Leute, die am Kampfe nicht Theil genommen.
Die Nachricht von diesen Massenmetzeleien erbitterte dieKommu-
nards aufs Äußerste. Eine Schaar von Nationalgarden drang in das
Gefängniß von La Rocquette, in das man die dreihundert Geiseln
geschafft und süsilirte sechs derselben, um Repressalien zu üben.
Später wurden noch einige erschossen, im Ganzen dreiundsechzig
Geiseln.
Neben den Bränden, die zum Theil durch die Versailler ent-
zündet worden waren und die in jedem Kampf unvermeidlich sind,
bei dem Häuser dem einen oder andern Theil zur Deckung dienen,
sind vor Allem diese Erschießungen, die von einigen Verzweifelten
ohne Wissen und Willen der maßgebenden Kommunemitglieder vor-
genommen wurden, stets von der Bourgeoispresse voll moralischer
Entrüstung als unerhörte Greuelthaten hingestellt worden, wie sie