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Nr. 119.

Preis pro Nummer 1« Pf.

1891.

!

Blitzdrahtrneldungen.

Erscheint monatlich zweimal.

Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Kolporteure, sowie durch die Post (eingetragen unter Nr. 6491).

Berlin. Verschiedene Bierbrauer und Weinhändler verivahren sich
gegen die von den Sozialdemokraten verlangte Verstaatlichung der
Apotheken, weil sie im Bewußtsein ihrer gelegentlichen Pantscherei
sürchten, mit unter das Gesetz zu fallen.

— Auf dem diesjährigen Karneval in Deutschland sind viele rus-
sische Spitzel erschienen, welche sich als Ehrenmänner verkleidet hatten.
Nur wenige wurden in dieser sie gänzlich entstellenden Maske erkannt.

Württemberg. Ein origineller Faschingsscherz besteht dieses Jahr
darin, Petitionen für oder gegen die Jesuiten zu unterschreiben.

Bayern. Am Starnberger See hat sich ein merlwürdiger Unfall
zugetragen. Das dort projektirte Bismarckdenkmal ist, obgleich es
noch gar nicht errichtet war, bereits ins Wasser gefallen und spur-
los in den Fluthen des Sees verschwunden.

Bulgarien. Rußland hat den Schutz der Mächte gegen das mäch-
tige Bulg'arenreich angerufen, weil zu befürchten steht, daß Bulgarien
das kleine Rußland nächstens in die Tasche steckt.

Der Sieg der Schwarzen.

Die Waffen ruh'n, des Krieges Stürme schweigen!
Auf den Kulturkampf folgt der Friedrnsschlutz.
Dem Volk als Sieger mutz sich Windthorst zeigen,
Und er empfängt der Seinen Iubrlgrutz.

Wo Falk einst stand, der leidenschaftlich rasche,
Die Blitze schleudernd auf die schwarze Schaar,
Da greift Herr Gotzler seufzend in die Tasche,
Das „Sperrgeld" dielet er dem Sieger dar.

Das war ein Kampf! Die Staatsgewalt erprobte
Umsonst itzr Schwert, wie str's auch tapfer schwang.
Dem „rhr'nen Kanzler" selbst, wie er auch Lobte,
Ihm war beschieden der Kanoffagang.

Und dieses nun ist des Gefechtes Ende:

Die Kriegs-Entfchäd'gung — manche Million —
Sie wandert in der schwarzen Sieger Hände,
Für spätere Kämpfe gute Munition!

O nein! So tief ist Deutschland nicht gesunken.
Wie der Erfolg auch lacht den schwarzen Herr'n,
Wie ste auch jubeln mögen siegestrunken —

Der Neuzeit Geist stetzl ihrem Siege fern.

In ihres Gegners Schwäche einzig fanden,

In feinem Kleinmuth ste den Siegeslohn —

Es war ein Krieg nur unter Anverwandten:
Sie einen sich, wenn stärkere Feinde droh'n!

Als des Kulturkampfs Banner man entrollte,
Wohl prangte drauf der Wahlfpruch „liberal",
Doch für das Volk die Gristesfrriheit wollte
Ihr Träger nicht, er stritt für's Kapital.

Der Klerus stritt für feine eig'nen Pfründen,
Doch nun des Volkes Geist sich mächtig regt,
Die Fehde Beiden trotzig zu verkünden»

Da hat sich schnell ihr Kampfesmuth gelegt.

Indetz — ivas ist's, datz ste so viel vermochten?
Datz ihnen war des Kampfes Preis gewitz?
Warum wohl ward der Lorbeerkranz geflochten
Den fchwarzen Rittern von der Finsternitz?

War des Jahrhunderts Geist mit ihren Fahnen?
War es des Volkes warme Sympathie»

Die ihnen ebnete zum Sieg die Bahnen?
Entschied des Wiffrns Macht etwa für ste?

„Des Windthorst's Macht ist nicht zu unterschätzen,
Sein Wort gab öfter die Entscheidung schon" —
„Man mutz mit ihm sich auseinandrrsrhen" —
So eint sich stark die ganze Reaktion!

Sie möge dir, mein Volk, rin Beispiel geben!
Bist du erst einig, dann, o sei gewitz:

In unsrer Zeiten kühnem Geistrsstrrbrn
Wird ferner siegen nicht die Finsternitz!

M. K.

BÜ“ Der nächsten Nummer liegt eine farbige Beilage: „Märzgedanken" bei. “US
 
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