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1005

hier in Berlin, wenn De mal Herkommen solltest, een Paar lebendste Bayern
zeijen, die De stets un ständig hinter den Literkrug findst.

Na, det neie Trunkenboldsjesetz wird ja woll ooch hier Remedur schaffen.
Aber wir missen nu mal erst abwarten, wat von die janze Jeschichte zu-
rechte kommt. So heeß wie der Zauber jekocht is, wird er wahrscheinlich
doch nich jejessen, un denn schließlich richtet sich die janze Sache ja doch
blos jejen de Millionäre un sonstije Hungerleider. Wenn sich zum Beispiel
so'n Bruder Unter de Linden in den jeweehnlichsten Kartoffelsekt eenen Derben
anjenieselt hat, denn bleibt er in'n Rennsteen liejen, indem er seinen
Kutscher schon vorher zu Hause jeschickt hat. Ratierlich find't ihn in sonnen
Zustand een Schutzmann un der hat denn nischt Eilijeret zu duhn, als wie
det arme, hilflose Schäften sofort zu entmindijen oder unter een sonstijet
Kuratel zu stellen. Ratierlich streiken sich die armen Leite mit Hände un
Beene jejen sonne Jesetze, un kannst Du se det jroß verdenken, lieber Jacob?
Ick janz jewiß nich. Da seh Dir mal de Arbeeter an, det is 'ne janz
andere Nummer. Die jießen sich den edelsten hinterpommerschen Fusel jleich
immer pferdeeimerweise rin, als ob se nie jenug kriejen könnten, un kommen
se denn uff de Straße, denn heeßt et jleich: „Nanu, Droschke erster Jiete,
hier mal ran an'n Baß, fahren Se mir mal zu Hause, an'n Jörlitzer Bahn-
hof, jleich links, vier Treppen jeradezu!" Denkste, da kann een Schutzmann
mitrennen, um Eenen zn entmindijen? Da mißten se ja Lungen von Blech
haben, un deswegen trifft der Jesetzentwurf de Arbeeter ieberhaupt nich.

Also det Ding muß richtig bei Lichte besehen werden, wenn De janz
jenau hinter de Schliche kommen willst. Na, un denn det Ding von wejen
den Haustrunk. Unter 'n halben Liter wird ieberhaupt nich verzappt, un
drink Du doch nu mal jeden Dag eenen halben Liter Nordlicht! Du sollst
mal sehen, det dauert denn jarnich lange, denn sehste ieberall Mäuse rennen,
un eens, zwee, drei — biste drin in de Charitee von wejen den Delirium
Klemens un aus de Zwangsjacke kommste als anständiger Kerl, der doch
eijentlich blos de nothleidenden Agrarier unterstützen wollte, schon jarnich
mehr raus. Also, wie De et ooch machen willst, Du liegst immerzu in't
Essen. Jeweehnst De Dir mit Miehe un Noth det Saufen ab, denn kann
der Staat un seine Stitzen nich bestehen — jeweehnst De Dir aber det
Saufen noch mehr an, denn is det Ende von't Lied Dalldorf. Nu knacke
Du mal die Nuß, lieber Jacob, mir is se zu hart, indem ick mit meine
drei Zähne ieberhaupt blos Suppe kauen kann. Im klebrigen aber muß
ick meine Entrüstung über det janze Jesetz denn doch noch besonderen Aus-
druck jeben. Seh mal, lieber Jacob, die Jeheimräthe an'n jrienen Disch,
die haben doch jarkeene Ahnung, wie et in't menschliche Leben zujeht. Da
machen se Jesetze jejen den Soff, die sich anheeren wie de Kriejsartikel —
aber een Jesetz jejen den Durscht macht keen Mensch. Un wenn se det
Jrundiebel nich aus de Welt schaffen kennen, denn sollen se uns doch mit
ihre janzen Quacksalbereien jefälligst von'n Leibe bleiben. Wat nutzt Eenen
der scheenste Durscht, wenn er unjedrunken bleiben muß? Reene jarnischt,
so'n Durscht is vor de Katze.

Ick hoffe, lieber Jacob, det Du meinen Jrimm nich blos verstehen,
nee, det Du ihn ooch theilen wirst. Denn jetheilter Jrimm is halber
Jrimm, aber jetheilter Durscht is doppelter Durscht. Daher darf man bei
die theiren Zeiten alles Andere eher theilen, blos nich den Durscht.

Aber vorläufig will ick immer noch Eenen uf de Lampe jießen, denn
wenn se det Jesetz erst injefiehrt haben, denn is et doch Essig. Ick protestire
ieberhaupt jejen de Jnfiehrung von den janzen Klimbim, un wenn det
nischt nutzt, denn wandere ick aus nach Afrika, wo se jetzt den janzen Soff
vor de Neger exportiren. Ick sage Dir, Jacob, ick mache et wahr; denn
an meine Jetränke lasse ick nämlich Keenen ran, in den Punkt bin ick
kitzlich, un der jroße Löwe in'n Zohlogischen Garten is det reene Schooß-
hündeken jejen mir. Doch ick will mir jetzt noch nich uffrejen, aber später
kennen se sich uff meine Wuth jefaßt machen, mit welch' firchterliche Drohung
ick verbleibe wie immer erjebenst un mit bitte Jrieße Dein tretet'

Jotthilf Naucke
An'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.

HobelMhne.

Die schönen Tage von Baden-Baden,

Bon Kissingen, Karlsbad, von Ems und Sylt,

Sic sind nun vorüber, es haben die Reichen
Ihr Sehnen nach heilenden Wässern gestillt.

Doch schaffet der Herbst nun, der sonnig warme,
Zu guter Letzt für die Arbeiter Rath,

Er sorgt, daß beim Hobeln und Hämmern Jeder
Gratis noch immer ein Schwitzbad hat.

* *

Was ein mächtiger Staat sein wist;. Jwtj

sollte den dringenden Anforderungen des allgetneinen

Nothstandes gegenüber nicht eine vollständige O hn-

macht an den Tag legen.

* *

*

Das Schwein Amerikas kehrt wieder,

Das ausgesperrt so lange war,

Indessen, nur geringe Freude
Empfindet drob der Proletar.

„Es kommt zu spät, was du mir lächelst,

Du fremdes Schwein!" so seufzt er schwer,

„Denn unser Lohn in diesen Zeiten
Reicht nicht zu Kraut und Eisbein mehr."

*

Kürzlich wurde ich beauftragt, einen Redaktionstisch herzustellen,
mußte aber mit Bedauern ablehnen. Denn wer steht mir danir, daß an
diesem Tische nichts Strafbares geschrieben wird? Und nachdem außer dem
Redakteur auch sonstige Personen, Buchdrucker, Kolporteure rc. verantwortlich
gemacht werden können, ist dann der Verfertiger des Redaktionstisches
noch sicher? - ; _

Ihr getreuer

Säge, Schreiner.

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V*

V .

dieses großen Tages wurden Ehrenpforten erbaut und Alles zum festlichen
Empfang hergerichtet. Herr Hartwig schwelgte in einem Meer von Wonne.
Stand ihm doch der Titel eines Geheimen Kommerzienraths, wenn nicht gar
ein Orden in Aussicht.

Die Arbeiter hatten nebenbei auch einen Plan angezcttelt, der dem
Geheimen Kominerzienrath in 8pe nicht ganz angenehm Vorkommen sollte.

Als Abends die Fabrik geschlossen worden war, ließ sich dieselbe Arbeiter-
deputation, die vor Kurzem von dem Fabrikanten so hart abgcwiesen worden
war, bei Herrn Hartwig anmelden.

Dem Fabrikanten schwante nichts Gutes. Er frug mit gewinnendem
Lächeln, was die Deputation von ihm wolle, worauf der Sprecher ganz kühl
die Wünsche von früher wiederholte, mit dem Bemerken, wenn sie wiederum
abschlägig beschieden werden sollten, so würde morgen der Streik proklamirt.
Der König könne dann die Fabrik wohl besehen, aber ohne Arbeiter. Man
würde auch geeignete Maßregeln treffen, damit die Welt den wahren That-
bestand erfahre.

Da saß nun der Herr Hartwig in der Patsche; der Geheime Kommerzien-
rathstitel, der Orden und all' die schönen Reden von Harmonie, Arbeiter-
freundlichkeit rc. schwammen vor seinen Augen durcheinander und verloren
sich langsam in blauer Ferne, — wenn morgen gestreikt werden würde, so
war er bis auf die Knochen blamirt. Dicke Schweißperlen standen ihm vor
der Stirn und erschöpft siel er in seinen Lehnstuhl.

Die Arbeiter sahen sehr kaltblütig auf die Leiden ihres Plagegeistes, er
bat um eine Bedenkzeit, die ihm aber rundweg abgeschlagen wurde.

Nach längerem Sträuben erklärte endlich Herr Hartwig, daß er die
Forderungen bewilligen werde. Die Arbeiter waren aber vorsichtig, und
verlangten das Zugeständniß schriftlich, wobei der „humane Mann" sich zu-
gleich verpflichten mußte, keinem der „Rädelsführer" zu kündigen.

Herr Hartwig mußte auch in diesen sauren Apfel beißen, das Ent-
weder — Oder war zu fürchterlicher Natur, und die Fragesteller sahen nicht
danach aus, als seien sie bei dem Harmonie-Apostel Dr. Max Hirsch in die
Schule gegangen; sie wollten das Eisen schmieden, so lange es warm war.

Also kam es, daß die Arbeiter in Neudorf ihre Forderungen durchsetzten
und der „Geheime Kommerzieurath," durch den Vertrag gebunden, sich lang-
sam daran gewöhnte, die Arbeiter als gleichberechtigte Menschen anzusehen.

A. T.

BiFmarck und Moltlre.

er ilToItfe gab der Wahrheit noch die Lhre
In seinem Nachlaß, wo er nicht verschwieg.
Daß Preußens schreckensvoller Bruderkrieg
So unvermeidlich nicht gewesen wäre.

Der Bismarck will darob sich schier entsetzen.

Und zornig fällt er über Noltke her:

„Lin großer Lchweiger war zeitlebens er.

Und nach dem Code fängt er an zu schwätzen!"

Vom heiligen Trier.

Schmuhl: Was machste so ein betrübt's Gesicht, Aron?

Aron: Gott, gerechter! was ich bin for ein großmächtiger Schlemiehl.

Schmuhl: Wie haißt? worüm Schlemiehl?

Aron: Nu, haste nit gehört, was sie machen in Trier für ein groß-
artiges Geschäft mit dem alten Rock? Und ich Chammer Handel schon dreißig
Jahr unbeschrien mit alten Hosen und alten Röck und Hab in meinem ganzen
Leben nit gemacht den hundertsten Theil Rebach wie die in Trier mit dem
einzigen alten Rock. Wie soll ein Mensch da nit machen ein betrübt's Gesicht.
Haste gesehen!

* * /

*

A. : Warum hat man in Trier wegen der Ausstellung des- heiligen
Rockes so viele neue Gasthäuser gegründet, in welchen weltliche Genüsse
feilgeboten werden?

B. : Weil man im Voraus wußte, daß die frommen Pilger sich an dem
heiligen Rocke nicht satt sehen können.

* *

. *

Welcher Unterschied ist zwischen dem heiligen Rock und Bismarck? . ,

Der heilige Rock ist ausgestellt, Bismarck ist kaltgestellt.
 
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