Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1108

d 1C t xl il 11} li il T 011 C* ’©i^^

(Frei nach Bellamy.)

m tiefen Land hatt' sie sich festgefahren.
Die alte wackelige Staatskarosse.

(Man nannt' sie fo, noch von Großvaters

Zeiten,

Gbwohl mit ihr kein Staat mehr war zu

machen;

Altmodisch war sie, vielfach ausgebesfert.

Der neue Kirniß könnt' es nicht verbergen.)

Da stak sie nun, und manche Kuge krachte
Bedenklich, wenn des Vorspanns kräft'ge Arme
Sie von der Stelle zu bewegen suchten. —

Ja, Arme, sagt' ich! — Sonderbarerweise
Hatt' man nicht zuggewohnte Bosse nämlich
Geschirrt vor diese Butsche aller Butschen;

Denn Menschenkraft hielt man allein für würdig.

Das alte Prachtstück — in den Land zu fahren.

Das Schlimmste war bei diesem Mißgeschicke,

Daß, obzwar fest im Land die Butsche steckte
Und jedem Vorwärts standhaft widerstrebte.

Sie nicht in gleichem Maße abgeneigt schien.

Sich seitwärts pendelnd schwungvoll zu bewegen.

Und das kam so. — Die in dem wagen saßen.

Sie hielten streng aus Recht und alte Litte,

Und Jeder hütete den Platz gar ängstlich.

Den ihm das güt'ge Schicksal zugewiesen.

Das gab denn oft gar sonderbare Vrdnung;

Und gerade jetzt wollt' es der blinde Zufall,

Daß auf der einen Leite alle Dicken
Und auf der andern lauter Dünne faßen.

Anstatt vernünftig nun die Plätz' zu wechseln
Und Gleichgewicht austauschend zu erstreben.

Ließen die Dicken alle ihre Diener
von außen jene Leit' des Wagens stützen.

Die sie mit ihres Börpers Fülle drückten.

Lo hielten sie das Reich für wohl verwahrt.

Und in der Chat, sie saßen wohl geborgen.

Gefährlich zwar mocht' ihre Lag' erscheinen.

Bonnten nicht träge die lebend'gen Stützen
Den ihnen angewies'nen Posten lassen?

Bonnte nicht ihre Brast gar leicht erlahmen?

Rur unbesorgt! Denn wer hätt' größern Schaden,

Wenn losgelassen die Barosse wankte?

Richt schnell genug würden entfliehen können
Die Strebepfeiler jener Kettkolosse
Vor der Lawine wälzendem Gewoge,

worin sich fette Menschenleiber wandeln,
wenn sie des Gleichgewichtes Halt verloren.
Manch' armem Berl räth man: Laß dich begraben!
Jedoch lebendig sich begraben lassen
Unter lebendig warmen Grabeshügeln,

Das wäre doch wohl Beinem anzurathen.

Von außen zwar erscheint nicht sehr harmonisch
Der ganze Aufzug, den der freie wand'rer
Lächelnden Blicks an sich vorüberziehen ließ.

Als noch der Croß mit Mühe vorwärts keuchte.
Ganz vorn die lange Reihe der Zug—Menschen,
An einem reichverzierten Ltricke ziehend
Und in dem Lande bis zum Bnöchel watend;

Dann der Barosse sonderbarer Anblick
Crotz ihres Schmucks in neu'sten Modefarben,

Ihr stetes Reigen nach der einen Leite,
wo sich ein Wald von Armen gegenstemmte;

Das Alles machte eher fast den Lindruck
Liner Satire auf der Menschen Treiben,

Als nüchternen Verstandes Unternehmung.

Der Lindruck wurde noch bestärkt durch Rufe,

Die unaufhörlich aus dem Innern kamen.

Und die mit schwülstig antiquirten Worten
Die Zieher und die Stützen des Gefährtes
An ihre heil'ge Pflicht ermahnen sollten.

Zu Zeiten ward ein Hymnus abgesungen,
worin die glorreiche Vergangenheit
Mit lleberschwänglichkeit gepriesen wurde,

Und manchmal stimmten drin die Zieher ein.

Doch könnt' es dauernd ihnen nicht entgehen,
wie auch den Stützen nicht der Ltaatskaroffe,

Daß sich die freien Wandrer lustig machten
Ueber die komisch tolle Barawane.

Da sie nun selber sich die Sach' von Außen
Betrachten konnten, wollt' es ihnen scheinen.

Als ob die Wandrer nicht ganz Unrecht hätten.

Za, daß das Loos, welches sie lang geduldig
Lrtragen, nicht ein menschenwürdig Dasein
Zu nennen, ward allmälig ihnen klar.
 
Annotationen