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https://doi.org/10.11588/diglit.6610#0085
2486
Betrachtung bet der Maifeier.
Von Waffen starrt die Welt. Ein Jeder rüstet
And nimmt den letzten Atyemzug zusammen.
And wenn der Mächt'gen Einem es gelüstet
Mach blut'gem Ruhm, so steht die Welt in Flammen.
Gewitterschwüle lastet auf den Reichen,
Der Friede hangt an einem dünnen Faden,
And welches Fürsten Finger gieüt das Leichen,
Dasz all die Wetter grollend sich entladen?
Wohl sehen wir die Aampfüeceiteu zaudern.
Als schrecke sie des wilden Vtriegs Getöse,
Wir sehen sie vor dem Aommando schaudern.
Das in den Höhen die Lawine löse;
Wohl zögern sie, den Analen zu durchhaueu.
Wie sie es öfter Wohl gethan im Lraume,
Was aber hält, weuu nicht das dumpfe Grauen
Vor Anüerechenüarem, sie im Laume?
Sie wissen nicht, was sie bei einem Ariege
Mit all den neuen Mordgewehren wagen;
Wie hoch der Dreis für „zeitgemäße" Siege,
Der unvermeidliche, wer kann es sagen?
Wohl prahlen sie und schlagen an die Almgen,
Doch auch die Aühusten fröstelt es im Stillen;
Schwarz liegt die Liefe da, in die sie springen.
And dieser Sprung, er schreckt sie wider Willen.
Den Anfang Kennen sie — wer kennt das Ende?
Wer wagt zu prophezei«! „die Fügung Gottes"?
So nahen wir uns des Jahrhunderts Wende,
Ein Gegenstand des Mitleids und des Spottes-
Doch nein! Ein Reich des Friedens wird vegmneu.
Das nichts mehr weisz von schwarzen Feuerschlünden,
Wenn sich die Völker auf sich selbst besinnen
And ihre Freiheit fest und sicher gründen.
Einst wird den Aops die Menschheit staunend schütteln,
Dasz sie den Honig ließ dem Drohnenscywarme,
Dasz sie so laug von Schergen und von Bütteln
Sich gängeln ließ, trotz ihrer starken Arme.
Es wird ihr sein, als habe sie getragen
In Math und Auminer einen Witwenschleier,
And hell und freundlich wird ins Dunkel ragen
Mur dieses Maitags ernste, schöne Feier.
Sie macht gesund uns unter Fieberkranken,
Denn frei wird nur, wer nach Befreiung schmachtet.
Sie macht zum Lräger hoher Lichtgedanken
Der Arbeit Volk, das dummer Stolz verachtet.
Arieg drum dem brudermörderischen Wayne,
In welchem wir des Elends Wurzel sehen!
Wir lassen neben unsrer D urpur sah ne
Mit Stolz des Friedens Weißes Banner wehen!
Blihdraht -Meldungen.
Berlin. Die Reichstags-Mitglieder haben jetzt begründete
Aussicht auf Gewährung von Diäten. Entscheidend dafür
scheint die Erwägung zu sein, daß es nur auf diese Weise
möglich sein wird, den Abgeordneten Ahlwardt dem hohen
Hause zu erhalten.
Leipzig. Neichsgerichtsrath Stenglein sammelt zur
Errichtung eines Denkmals für den seligen Brause wett er.
Paris. Die Polizei vigilirt streng nach Abgeordneten
und Staatswürdenträgern, die in der Panama-Angelegenheit
keine Bestechungsgelder angenommen haben; eS gelang bis
jetzt noch nicht, einen einzigen Ehrlichen zu entdecken.
Drr »Grobe Unfug"-Paragraph.
Im Jahre 1892 sind in Bayern
auf Grund des Groben Unfug-Para-
graphen 41894 Verurtheilungen er-
solgt.
Ulan findet wohl im deutschen Walde
Bei einem halbvermorschten Stamm
And auf umbuschter feuchter Halde
Zuweilen einen Biesenschwamm.
Der, mehr als sicher seiner Zache,
Den Schritt in das Groteske wagt
Und um das Zwanzig-, Dreißigfache
Die andern Schwämme überragt.
Ls ist ein kleines Abenteuer,
Das Staunen ein der Seele flößt,
Wenn auf ein solches Ungeheuer
Der Wandrer unversehens stößt.
Aicht schreitet achtlos er von hinnen;
Lr stützt sich rückwärts auf den Stab
Und lange blickt in tiefem Sinnen
Lr auf das Ungethüm herab.
Zu eines solchen Riesen Frommen,
Dem guter Boden nicht genügt,
Nuß vielerlei zusammenkommen.
Das wunderselten nur sich fügt.
Soll uns ein solcher Anblick laben.
So muß der Schwamm zur rechten Zeit,
Das nöth'ge Äuantum Wärme haben
Und dann die nöth'ge Feuchtigkeit.
Soll er gigantisch sich entfalten.
So muß, zu mild nicht noch zu scharf,
Genau gemischt der Grund enthalten
Die Aräfte, deren er bedarf.
Und stört ein Fremdes nur inzwischen
Ten Reim des kolossalen Bau's,
So ist sogleich es mit dem frischen.
Dem übermüth'gen Wachsthum aus.
Lin solch' gigantisches Gebilde,
— Gezeugt aus leckrem Modergrund
Durch sanfter Sommerregen Milde, —
vor dem man steht mit offnem Mund,
Weil nie zuvor man seinesgleichen
Im stillen Waldreviere traf.
Bist du, im heil'gen Land der Lichen,
V grober Unfugsparagraph!
Wie stehst du da so breit und protzig
Und dreist im Sonnenschein und Wind,
Wie stehst du da, so keck und klotzig.
Des Moders und der Fäulniß Uind!
Ich muß mit einem Tadel schließen
Das Garmen wider allen Brauch:
Nur ein Jurist kann dich genießen.
Denn — giftig bist du nämlich auch!
Im Reichsladen.
Kommis Bötticher (hinisrm Reichslabentisch):
Scheußlich flauer Montag Nachmittag! Rein
gar nichts los! Man steht sich blos die Beine in
den Leib. Sitzgelegenheit fehlt natürlich.
Hohenlohe (guckt durch das kleine Kontorsenster. Er
Er ruft): Geschäft flott?
Bötticher: Großartig, Herr Hohenlohe!
Hohenlohe: Ist Hollmann weg?
Bötticher: Kommt wieder, macht nur blau.
Hohenlohe: Mit der Faust auf den Laden-
tisch zu schlagen und zu rufen: Nicht 'mal die
paar Krenzer werden Einein bewilligt! — Das
ging doch zn weit.
Bötticher: Die andern Kommis verlangen
jetzt Achtuhr-Ladenschluß, und sogar die Mamsells
wünschen Sitzgelegenheit.
Hohenlohe: Das ist unverschämt. Die jungen
Leute rechnen ganz verkehrt. Wenn Sitzgelegenheit
ist, mnß auch acht Uhr Schluß sein, das gebe ich
zu. Nichts strengt mehr an als Sitzen, das
merke ich an mir selbst. Stehen ist die beste Er-
holung.
(Das Dienstmädchen des Herrn Baron kommt.)
Bötticher: Fränlein wünschen?
Dienstmädchen: Ein Packet Staatsstreich-
Hölzer.
Bötticher (greift in verschiedene Fächer hinein):
Thut mir sehr leid. Haben wir nicht mehr, zu
feuergefährlich.
Dienstmädchen: Dann noch fünf Pfund
Liebcsgaben-Zucker.
Bötticher: Sehr gern. Süßt brillant. Ich
wiege reichlich. Sehen Sie? noch ein paar große
Stücke drauf. Sonst noch was gefällig?
Dienstmädchen: Jawohl. Eine Flasche Kon-
tingent-Spiritus für die Patentlampe.
Bötticher: Schön, mein Fräulein. Begehrter
Artikel, und riecht so patriotisch.
Dienstmädchen: Bitte, schreiben Sie's an!
Adieu.
Ein schwarzer Herr: Gott segne Sic! Ich
wünsche einen breiten Hut mit aufgerollter Krempe.
Bötticher: Fa-on Rom? Sehr gern.
Hohenlohe (rüst): Bötticher!
(Bötticher springt ans Kontorfenster. Hohenlohe flüstert: Nur
gegen baar!)
Bötticher: Bedaure, mein Herr, Hüte sind
noch nicht ansgepackt.
Ein dicker Herr in Wadenstrümpfen:
Möchte gern ein rothes Portefeuille haben.
Bötticher (springt die Leiter hinauf): Sehr schade,
sind vergriffen.
Hierzu zwei Beilagen.
Betrachtung bet der Maifeier.
Von Waffen starrt die Welt. Ein Jeder rüstet
And nimmt den letzten Atyemzug zusammen.
And wenn der Mächt'gen Einem es gelüstet
Mach blut'gem Ruhm, so steht die Welt in Flammen.
Gewitterschwüle lastet auf den Reichen,
Der Friede hangt an einem dünnen Faden,
And welches Fürsten Finger gieüt das Leichen,
Dasz all die Wetter grollend sich entladen?
Wohl sehen wir die Aampfüeceiteu zaudern.
Als schrecke sie des wilden Vtriegs Getöse,
Wir sehen sie vor dem Aommando schaudern.
Das in den Höhen die Lawine löse;
Wohl zögern sie, den Analen zu durchhaueu.
Wie sie es öfter Wohl gethan im Lraume,
Was aber hält, weuu nicht das dumpfe Grauen
Vor Anüerechenüarem, sie im Laume?
Sie wissen nicht, was sie bei einem Ariege
Mit all den neuen Mordgewehren wagen;
Wie hoch der Dreis für „zeitgemäße" Siege,
Der unvermeidliche, wer kann es sagen?
Wohl prahlen sie und schlagen an die Almgen,
Doch auch die Aühusten fröstelt es im Stillen;
Schwarz liegt die Liefe da, in die sie springen.
And dieser Sprung, er schreckt sie wider Willen.
Den Anfang Kennen sie — wer kennt das Ende?
Wer wagt zu prophezei«! „die Fügung Gottes"?
So nahen wir uns des Jahrhunderts Wende,
Ein Gegenstand des Mitleids und des Spottes-
Doch nein! Ein Reich des Friedens wird vegmneu.
Das nichts mehr weisz von schwarzen Feuerschlünden,
Wenn sich die Völker auf sich selbst besinnen
And ihre Freiheit fest und sicher gründen.
Einst wird den Aops die Menschheit staunend schütteln,
Dasz sie den Honig ließ dem Drohnenscywarme,
Dasz sie so laug von Schergen und von Bütteln
Sich gängeln ließ, trotz ihrer starken Arme.
Es wird ihr sein, als habe sie getragen
In Math und Auminer einen Witwenschleier,
And hell und freundlich wird ins Dunkel ragen
Mur dieses Maitags ernste, schöne Feier.
Sie macht gesund uns unter Fieberkranken,
Denn frei wird nur, wer nach Befreiung schmachtet.
Sie macht zum Lräger hoher Lichtgedanken
Der Arbeit Volk, das dummer Stolz verachtet.
Arieg drum dem brudermörderischen Wayne,
In welchem wir des Elends Wurzel sehen!
Wir lassen neben unsrer D urpur sah ne
Mit Stolz des Friedens Weißes Banner wehen!
Blihdraht -Meldungen.
Berlin. Die Reichstags-Mitglieder haben jetzt begründete
Aussicht auf Gewährung von Diäten. Entscheidend dafür
scheint die Erwägung zu sein, daß es nur auf diese Weise
möglich sein wird, den Abgeordneten Ahlwardt dem hohen
Hause zu erhalten.
Leipzig. Neichsgerichtsrath Stenglein sammelt zur
Errichtung eines Denkmals für den seligen Brause wett er.
Paris. Die Polizei vigilirt streng nach Abgeordneten
und Staatswürdenträgern, die in der Panama-Angelegenheit
keine Bestechungsgelder angenommen haben; eS gelang bis
jetzt noch nicht, einen einzigen Ehrlichen zu entdecken.
Drr »Grobe Unfug"-Paragraph.
Im Jahre 1892 sind in Bayern
auf Grund des Groben Unfug-Para-
graphen 41894 Verurtheilungen er-
solgt.
Ulan findet wohl im deutschen Walde
Bei einem halbvermorschten Stamm
And auf umbuschter feuchter Halde
Zuweilen einen Biesenschwamm.
Der, mehr als sicher seiner Zache,
Den Schritt in das Groteske wagt
Und um das Zwanzig-, Dreißigfache
Die andern Schwämme überragt.
Ls ist ein kleines Abenteuer,
Das Staunen ein der Seele flößt,
Wenn auf ein solches Ungeheuer
Der Wandrer unversehens stößt.
Aicht schreitet achtlos er von hinnen;
Lr stützt sich rückwärts auf den Stab
Und lange blickt in tiefem Sinnen
Lr auf das Ungethüm herab.
Zu eines solchen Riesen Frommen,
Dem guter Boden nicht genügt,
Nuß vielerlei zusammenkommen.
Das wunderselten nur sich fügt.
Soll uns ein solcher Anblick laben.
So muß der Schwamm zur rechten Zeit,
Das nöth'ge Äuantum Wärme haben
Und dann die nöth'ge Feuchtigkeit.
Soll er gigantisch sich entfalten.
So muß, zu mild nicht noch zu scharf,
Genau gemischt der Grund enthalten
Die Aräfte, deren er bedarf.
Und stört ein Fremdes nur inzwischen
Ten Reim des kolossalen Bau's,
So ist sogleich es mit dem frischen.
Dem übermüth'gen Wachsthum aus.
Lin solch' gigantisches Gebilde,
— Gezeugt aus leckrem Modergrund
Durch sanfter Sommerregen Milde, —
vor dem man steht mit offnem Mund,
Weil nie zuvor man seinesgleichen
Im stillen Waldreviere traf.
Bist du, im heil'gen Land der Lichen,
V grober Unfugsparagraph!
Wie stehst du da so breit und protzig
Und dreist im Sonnenschein und Wind,
Wie stehst du da, so keck und klotzig.
Des Moders und der Fäulniß Uind!
Ich muß mit einem Tadel schließen
Das Garmen wider allen Brauch:
Nur ein Jurist kann dich genießen.
Denn — giftig bist du nämlich auch!
Im Reichsladen.
Kommis Bötticher (hinisrm Reichslabentisch):
Scheußlich flauer Montag Nachmittag! Rein
gar nichts los! Man steht sich blos die Beine in
den Leib. Sitzgelegenheit fehlt natürlich.
Hohenlohe (guckt durch das kleine Kontorsenster. Er
Er ruft): Geschäft flott?
Bötticher: Großartig, Herr Hohenlohe!
Hohenlohe: Ist Hollmann weg?
Bötticher: Kommt wieder, macht nur blau.
Hohenlohe: Mit der Faust auf den Laden-
tisch zu schlagen und zu rufen: Nicht 'mal die
paar Krenzer werden Einein bewilligt! — Das
ging doch zn weit.
Bötticher: Die andern Kommis verlangen
jetzt Achtuhr-Ladenschluß, und sogar die Mamsells
wünschen Sitzgelegenheit.
Hohenlohe: Das ist unverschämt. Die jungen
Leute rechnen ganz verkehrt. Wenn Sitzgelegenheit
ist, mnß auch acht Uhr Schluß sein, das gebe ich
zu. Nichts strengt mehr an als Sitzen, das
merke ich an mir selbst. Stehen ist die beste Er-
holung.
(Das Dienstmädchen des Herrn Baron kommt.)
Bötticher: Fränlein wünschen?
Dienstmädchen: Ein Packet Staatsstreich-
Hölzer.
Bötticher (greift in verschiedene Fächer hinein):
Thut mir sehr leid. Haben wir nicht mehr, zu
feuergefährlich.
Dienstmädchen: Dann noch fünf Pfund
Liebcsgaben-Zucker.
Bötticher: Sehr gern. Süßt brillant. Ich
wiege reichlich. Sehen Sie? noch ein paar große
Stücke drauf. Sonst noch was gefällig?
Dienstmädchen: Jawohl. Eine Flasche Kon-
tingent-Spiritus für die Patentlampe.
Bötticher: Schön, mein Fräulein. Begehrter
Artikel, und riecht so patriotisch.
Dienstmädchen: Bitte, schreiben Sie's an!
Adieu.
Ein schwarzer Herr: Gott segne Sic! Ich
wünsche einen breiten Hut mit aufgerollter Krempe.
Bötticher: Fa-on Rom? Sehr gern.
Hohenlohe (rüst): Bötticher!
(Bötticher springt ans Kontorfenster. Hohenlohe flüstert: Nur
gegen baar!)
Bötticher: Bedaure, mein Herr, Hüte sind
noch nicht ansgepackt.
Ein dicker Herr in Wadenstrümpfen:
Möchte gern ein rothes Portefeuille haben.
Bötticher (springt die Leiter hinauf): Sehr schade,
sind vergriffen.
Hierzu zwei Beilagen.