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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 14.1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.6610#0130

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A
-es wahren Jacob

" Lieber eines Sktaveu.'^^y
von Kwatoplnk Lech.
Freie Nebertragung ins Deutsche von Jun Narrtet.

Wie behaglich ruhn im Mondschein
wir geplagten Sklaven heute.
Da gottlob! der trunkne Wächter
längst schon ward des Schlafes Beute!

Sangeskundiger Gefährte,
süß erklinge nun dein Lied!
Leg' in Töne goldnes Linnen,
wie's durch deine Seele zieht!


Lins junge Sklavin,
Sing' von Blumen und von Sternen!
Lin junger Sklave,
Preise Mädchenaugen heiß!
Lin Anderer,
Laß' des Scherzes Schellen klingen!

Lin alter Sklave,
Künde alter Tage Preis!
Der Sänger.
Andre Lieder ziehn durch meine
arme Sklavenseele heut',
Lieder, die wie Sturmwind tosen,
der am Firmaments dräut.

* In dieser Nummer beginnen wir mit dem Abdruck einer Auswahl der „Lieder eines Sklaven" des böhmischen
Dichters Swatopluk Cech. Diese in Hunderttansenden von Exemplaren in der Heimath des Verfassers verbreiteten Dichtnngen
geben ein ganz eigenartiges Bild von dem Sehnen und Ringen des slavischen Volles. Sie bilden eine großartige Symphonie,
in der die stumpfe Resignation der seit Jahrtausenden unterdrückten Massen, das Erwachen, der Kampf und der endliche
Sieg einer höheren Kultur in ergreifender Weise an uns vorüberzieht. Wie die böhmischen, so werden auch die deutschen
Arbeiter dem Dichter ein volles Verständnis; entgegenbringen.

Nichts vou großen Heldenthaten,
nichts von Krauen, zart und lieb,
Kettcnrasseln, Zähneknirschen
ist's, was meinem Liede blieb.
Di« Sklaven.
Kettenrasseln, Alltagsmusik, —
dennoch sing', doch nur gemach.
Daß nicht Zwingherr oder Wächter
mit der Peitsche werden wach!

Verachtung.
Den ein Sklave zeugte,
Line Sklavin säugte,
Nir zum Wiegenlieds
Ward nur Kettenklang.
Rost'ge Kesseln klirren
In des Lebens Wirren
Heute noch mich müde
Auf dem öden Gang.
Kaum zum Lebenswerke
Kühlt' ich Iünglingsstärke,
Da im Aebermuthe
Schlug man mich ins Joch.
Meinen Sklavenrücken
Lernt' ich früh schon bücken.
Und des Lchergen Knute
Küßt' ich dankbar noch.
Niedrig unter Niedern
Wuchs ich mit den Brüdern,
Aller Schmach zum Baube,
Bleich und stumm heran.
Lisen statt Geschmeide
Trägt mein Weib im Leide,
And ich selbst im Staube
Kriech', ein müder Mann.
Mußt' mich früh gewöhnen
An der Kette Tönen,
Das des Glückes Schimmer
Krüh verscheuchte schon.
Laß' die Lei'r ich klingen.
Dann von Lisenringen
Mischt hinein sich immer
Harten Mißklangs Ton.
Immer unter Thränen
Hängt mein Blick voll Sehnen
An der grünen Küste,
An dem schatt'gen Wald,
Ach! woher voll Wonne
Unter freier Sonne,
Bis in unsre Wüste
Kreiheitssang erschallt.
Kaum cmporgetragen.
Ward mein Muth geschlagen.
Weil in Schmach uns Sklaven
Jahr sür Jahr entschwand.
So, im Joch des Lebens,
Späh' ich stets vergebens
Nach der Freiheit Hafen,
Nach der Bettung Strand.
Meine Kräfte weichen;
Meine Haare bleichen:
Nicht mehr darf ich hoffen
Lebend noch auf Rast,
von des Daseins Bürde
Mich erlösen würde
Nur das Grab, das offen
Kür der Kesseln Last.

Beilage zum „Nlahren Jacob" Nr. 2851», ^897.
 
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