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In allen Warben. »Z-
-Äb Niquel Kanzler soll werden,
Das rügt in der Zukunft Zchooss,
Noch ist seines Amtes Beschwerden
Der Änkel Lgtodwig nicht tos.
Doch einen Vorzug indessen
Der Niquel in Anspruch nagm -
Was nie Kogenloge besessen,
Kat Niquel, er gat ein Programm.
Ls gleicht demProgramm nicht, dem alten,
Das einst Kerr Miquel schon
Zo tapfer gochgegalten,
Non Amsturz und Rebellion.
Lr ist seht den Mittelparkeien,
Den guten, immer gold,
Zofern sie igm Nittel verleigen,
Zei's Zilöer oder Sold.
Besonders aber die Rechte
Kat seine Zqmpatgie,
Was immer der Kardorff verfechte,
Kerr Niquel verwirft es nie.
And kann er „ha" nicht sagen,
Zo sagt er auch nicht „Mn",
Ls flösset ein grosses Begagen
Der Hunker Kunst igm ein.
Doch auch die Industriellen
vergisst Kerr Niquel nicht,
Nit ignen sich gut zu stellen,
Kilt igm als goge Pflicht.
Dem Anternegmerschmme
Leigt er sein Ägr darum,
And in sein grosses Kerze
Zchliesst er den König Ztumm.
And was gewünscht von Äben,
Was immer es mag sein -
Der Niquel muss es loben,
Dem Niquel leuchtet's ein.
Lr ist für grosse Rotten,
Mr starkes Nilitär -
Die „vaterlandslosen Rotten",
Die schaffen das Keld igm ger.
Dies das Programm, das weise,
Des „kommenden Nannes" ist,
Zo zieget seine Kreise
Der alte Kommunist.
Bald schillert er als Agrarier,
Dann wieder als Zchlotöaron,
Kalb ist er Hude, Halb Arier -
Lr ist ein Lgamüleon. m
Blilxdrahk -Meldungen.
Berlin. Die Bayreuther Wagner-Festspiele bekamen in Berlin Konkurrenz, da der
Polizeiminister von der Necke als „reiner Thor" auftrat, als er seine Weltunkenntniß in
vereinspolitischen Dingen bekundete.
— Herr v. Stumm hat Gendarmen requirirt, welche die abspringenden Abonnenten
seines Organs, der „Post", wieder einfangen sollen. Man hofft, auf diese Weise dem Blatte
die letzten zehn Abonnenten zu erhalten.
Puttkamerun. Unter den Agrariern steht eine Hungerrevolte in Aussicht, weil
eln entsetzlicher Mangel an Austern herrscht. Es sollen zunächst, um die driugendste Noth
zu stillen, einige Hundert Tonnen Austern auf Staatskosten geliefert werden.
Petersburg. Zu Ehren des Oberhauptes der französischen Republik, des Herrn
Faure, welcher in Rußland offiziell zum Besuch erscheint, wird eine öffentliche Ausknutung von
Redakteuren oppositioneller Blätter und Schwärmern für eine russische Verfassung stattfindeu.
Es steht noch dahin, ob nicht einige ganz besonders hervorragende russische Gelehrte feierlich
aufgehenkt werden sollen.
Inhalt der Unterhaltungs-Beilage.
Amand Goegg -f. Mit Porträt. — Lieder eines Sklaven.
(Jllustrirt.) — Ehrliche Leute. Gedicht. — Des Wanderbur-
schen Freud und Leid. III. (Jllustrirt.) — Ein lukullisches
Mahl. (Extra-Beilage.)
Allerhöchste Keifende.
Da war der König der Siamesen,
Dem noch kein Bebel den Schlummer stört.
Der hatte von europäischem Wesen
Auf seinem Thrönlein so viel gehört.
Daß kurz entschlossen er auf sich machte
And wissensdurstig gen Westen fuhr.
Damit er eigenäugig betrachte
Die Wunderwerke der Weltkultur.
Lr zog mit etlichen schon gewitzten
Stützen des Reiches von Vrt zu Vrt,
Besah die Dinge sich aus geschlitzten,
verschmitzten Aeuglein und sprach kein Wort.
Die Instrumente, Maschinen und Uhren,
Die waren freilich in Siam nicht Brauch,
Soldaten indessen und Pfaffen und H .. . .
Und Schranzen und Henker, die hatte er auch.
Ls faßte ihn schließlich ein richtiger Lkel
(Man spricht das natürlich, verblümt selbst,
nicht aus)
vor all dem Keprahle des ün 6s siöols —
Lr packte die Koffer und dampfte nach Haus,
Und nach den geschminkten, gepuderten Lügen,
Chat er sich selber im Stillen den Schwur:
„Aie seht ihr mich wieder! Das wahre Vergnügen
Liegt doch in der heimischen Unkultur!"
Da war Herr Felix, der frühere Kerber,
Der Dilettant der Begierungskunst,
Lin nnverdross'ner und brünstiger Werber
Um seines zarischen Freundes Kunst.
Der hat so lange ein sehnendes Schmachten
Nach russischer Unkultur genährt.
Daß, in der Nähe sie zu betrachten,
Im Kalafrack er nach Rußland fährt.
Nach sklavischer Slavenart gefeiert.
Träumt Felix schwelgend den Herrschertraum;
Und von Lntzücken den Blick verschleiert.
Staunt er und lächelt und athmet kaum.
Ordentlich feierlich wird ihm zu Nuthe:
Weihrauchgedüfte und Klockengetön,
Kaviar, Juchten, Khampagner und Knute,
Hurrahgeschrei und Kanonengedröhn!
O nm die hyperkulturlichen Schmerzen,
Die seiner heimischen Herrschaft gesellt!
Thränenden Auges, mit blutendem Herzen
Reißt er sich los von der russischen Welt.
All seine Pulse fiebern und schlagen.
Stilvoll, gigantisch kommt es ihm vor,
Möcht' es auf Frankreich gern übertragen.
Wenn er's vermöchte, er, Felix Faure!
Viel Ehr', viel Beschwer.
Die Nationallibcralen,
Die zerrte man hin und her,
Daß ihnen verging das Prahlen,
Wie groß auch und selten die Ehr'.
„Das Vereinsgesetz sollt ihr verwerfen,
Sonst brecht ihr infam euer Wort!" —
„,Nein, nein, ihr müßt helfen verschärfen!'"
So schallt es von hier und von dort.
Da ward bei der großen Ehre
Gerad' wie dem Frosch ihnen bang,
Den zwei Enten gepackt in der Quere
Und zogen die Beine ihin lang.
Experimente sm lebenden Objekt.
Nur die leidenschaftliche Liebe zum deutschen
Volk vermag bei den edlen Junkern immer neue
Einfälle zu erwecken, so daß ihnen gegenüber
die Erfindungsgabe des größten Dichters als
blöder Stumpfsinn erscheint. Jetzt wollen sie die
Grenzen gegen alles ausländische Getreide ab-
sperren — versuchsweise nur auf sechs Monate.
Mit dieser Zeitklausel zu ihrem Vorschlag be-
treten sie, genial wie immer, einen ganz neuen
Weg. Wir kommen nunmehr zu den sozial-
politischen Experimenten im Großen, die an dem
stets geduldigen lebenden Volkskörper angestellt
werden sollen. Tiefgreifende Reformen — auf
Zeit, so heißt jetzt die Parole. Nur auf sechs
Monate! Wen sollte diese echt junkerliche Be-
scheidenheit nicht zu Thränen rühren!
Zeit gewonnen, Alles gewonnen. Deshalb
wird man es noch mit anderen, ähnlichen Re-
formen versuchen. In Uebereinstimmung mit der
Regierung werden die Junker beantragen: die
Aufhebung des allgemeinen, gleichen und geheimen
Wahlrechts im Reiche — nur für nächstes
Jahr. Ferner: das Stillliegen sämmtlicher Eisen-
bahnen und Dampfschiffe — nur auf zwei
Jahre; das Einbehalten sämmtlicher Arbeitslöhne
in Deutschland — nur auf drei Monate.
Um den Junkern und ihrer Regierung ein
freundliches Entgegenkommen zu beweisen, werden
von der sozialdemokratischen Fraktion einige ähn-
liche Anträge eingebracht werden: Aufhebung der
Gesindeordnung — nur auf ein Jahr; Auf-
hebung des Majestätsbeleidigungsparagraphen —
nur auf acht Tage; Einführung der Volks-
wehr — nur auf zwei Jahre; Aufhebung des
Privateigenthums an den Produktionsmitteln und
am Grund und Boden — nur auf fünf Jahre.
Mit Anhang: Programm
Durch unsere Expedition ist zu beziehen: Wahlgesetz für den Drnksrhrn Meirhotag nebst Mrglrmrnt zur Ausführung des Wahlgesetzes,
der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Preis pro loo Exemplare MI. 2.—, pro looo Exemplare MI. 15.—
In allen Warben. »Z-
-Äb Niquel Kanzler soll werden,
Das rügt in der Zukunft Zchooss,
Noch ist seines Amtes Beschwerden
Der Änkel Lgtodwig nicht tos.
Doch einen Vorzug indessen
Der Niquel in Anspruch nagm -
Was nie Kogenloge besessen,
Kat Niquel, er gat ein Programm.
Ls gleicht demProgramm nicht, dem alten,
Das einst Kerr Miquel schon
Zo tapfer gochgegalten,
Non Amsturz und Rebellion.
Lr ist seht den Mittelparkeien,
Den guten, immer gold,
Zofern sie igm Nittel verleigen,
Zei's Zilöer oder Sold.
Besonders aber die Rechte
Kat seine Zqmpatgie,
Was immer der Kardorff verfechte,
Kerr Niquel verwirft es nie.
And kann er „ha" nicht sagen,
Zo sagt er auch nicht „Mn",
Ls flösset ein grosses Begagen
Der Hunker Kunst igm ein.
Doch auch die Industriellen
vergisst Kerr Niquel nicht,
Nit ignen sich gut zu stellen,
Kilt igm als goge Pflicht.
Dem Anternegmerschmme
Leigt er sein Ägr darum,
And in sein grosses Kerze
Zchliesst er den König Ztumm.
And was gewünscht von Äben,
Was immer es mag sein -
Der Niquel muss es loben,
Dem Niquel leuchtet's ein.
Lr ist für grosse Rotten,
Mr starkes Nilitär -
Die „vaterlandslosen Rotten",
Die schaffen das Keld igm ger.
Dies das Programm, das weise,
Des „kommenden Nannes" ist,
Zo zieget seine Kreise
Der alte Kommunist.
Bald schillert er als Agrarier,
Dann wieder als Zchlotöaron,
Kalb ist er Hude, Halb Arier -
Lr ist ein Lgamüleon. m
Blilxdrahk -Meldungen.
Berlin. Die Bayreuther Wagner-Festspiele bekamen in Berlin Konkurrenz, da der
Polizeiminister von der Necke als „reiner Thor" auftrat, als er seine Weltunkenntniß in
vereinspolitischen Dingen bekundete.
— Herr v. Stumm hat Gendarmen requirirt, welche die abspringenden Abonnenten
seines Organs, der „Post", wieder einfangen sollen. Man hofft, auf diese Weise dem Blatte
die letzten zehn Abonnenten zu erhalten.
Puttkamerun. Unter den Agrariern steht eine Hungerrevolte in Aussicht, weil
eln entsetzlicher Mangel an Austern herrscht. Es sollen zunächst, um die driugendste Noth
zu stillen, einige Hundert Tonnen Austern auf Staatskosten geliefert werden.
Petersburg. Zu Ehren des Oberhauptes der französischen Republik, des Herrn
Faure, welcher in Rußland offiziell zum Besuch erscheint, wird eine öffentliche Ausknutung von
Redakteuren oppositioneller Blätter und Schwärmern für eine russische Verfassung stattfindeu.
Es steht noch dahin, ob nicht einige ganz besonders hervorragende russische Gelehrte feierlich
aufgehenkt werden sollen.
Inhalt der Unterhaltungs-Beilage.
Amand Goegg -f. Mit Porträt. — Lieder eines Sklaven.
(Jllustrirt.) — Ehrliche Leute. Gedicht. — Des Wanderbur-
schen Freud und Leid. III. (Jllustrirt.) — Ein lukullisches
Mahl. (Extra-Beilage.)
Allerhöchste Keifende.
Da war der König der Siamesen,
Dem noch kein Bebel den Schlummer stört.
Der hatte von europäischem Wesen
Auf seinem Thrönlein so viel gehört.
Daß kurz entschlossen er auf sich machte
And wissensdurstig gen Westen fuhr.
Damit er eigenäugig betrachte
Die Wunderwerke der Weltkultur.
Lr zog mit etlichen schon gewitzten
Stützen des Reiches von Vrt zu Vrt,
Besah die Dinge sich aus geschlitzten,
verschmitzten Aeuglein und sprach kein Wort.
Die Instrumente, Maschinen und Uhren,
Die waren freilich in Siam nicht Brauch,
Soldaten indessen und Pfaffen und H .. . .
Und Schranzen und Henker, die hatte er auch.
Ls faßte ihn schließlich ein richtiger Lkel
(Man spricht das natürlich, verblümt selbst,
nicht aus)
vor all dem Keprahle des ün 6s siöols —
Lr packte die Koffer und dampfte nach Haus,
Und nach den geschminkten, gepuderten Lügen,
Chat er sich selber im Stillen den Schwur:
„Aie seht ihr mich wieder! Das wahre Vergnügen
Liegt doch in der heimischen Unkultur!"
Da war Herr Felix, der frühere Kerber,
Der Dilettant der Begierungskunst,
Lin nnverdross'ner und brünstiger Werber
Um seines zarischen Freundes Kunst.
Der hat so lange ein sehnendes Schmachten
Nach russischer Unkultur genährt.
Daß, in der Nähe sie zu betrachten,
Im Kalafrack er nach Rußland fährt.
Nach sklavischer Slavenart gefeiert.
Träumt Felix schwelgend den Herrschertraum;
Und von Lntzücken den Blick verschleiert.
Staunt er und lächelt und athmet kaum.
Ordentlich feierlich wird ihm zu Nuthe:
Weihrauchgedüfte und Klockengetön,
Kaviar, Juchten, Khampagner und Knute,
Hurrahgeschrei und Kanonengedröhn!
O nm die hyperkulturlichen Schmerzen,
Die seiner heimischen Herrschaft gesellt!
Thränenden Auges, mit blutendem Herzen
Reißt er sich los von der russischen Welt.
All seine Pulse fiebern und schlagen.
Stilvoll, gigantisch kommt es ihm vor,
Möcht' es auf Frankreich gern übertragen.
Wenn er's vermöchte, er, Felix Faure!
Viel Ehr', viel Beschwer.
Die Nationallibcralen,
Die zerrte man hin und her,
Daß ihnen verging das Prahlen,
Wie groß auch und selten die Ehr'.
„Das Vereinsgesetz sollt ihr verwerfen,
Sonst brecht ihr infam euer Wort!" —
„,Nein, nein, ihr müßt helfen verschärfen!'"
So schallt es von hier und von dort.
Da ward bei der großen Ehre
Gerad' wie dem Frosch ihnen bang,
Den zwei Enten gepackt in der Quere
Und zogen die Beine ihin lang.
Experimente sm lebenden Objekt.
Nur die leidenschaftliche Liebe zum deutschen
Volk vermag bei den edlen Junkern immer neue
Einfälle zu erwecken, so daß ihnen gegenüber
die Erfindungsgabe des größten Dichters als
blöder Stumpfsinn erscheint. Jetzt wollen sie die
Grenzen gegen alles ausländische Getreide ab-
sperren — versuchsweise nur auf sechs Monate.
Mit dieser Zeitklausel zu ihrem Vorschlag be-
treten sie, genial wie immer, einen ganz neuen
Weg. Wir kommen nunmehr zu den sozial-
politischen Experimenten im Großen, die an dem
stets geduldigen lebenden Volkskörper angestellt
werden sollen. Tiefgreifende Reformen — auf
Zeit, so heißt jetzt die Parole. Nur auf sechs
Monate! Wen sollte diese echt junkerliche Be-
scheidenheit nicht zu Thränen rühren!
Zeit gewonnen, Alles gewonnen. Deshalb
wird man es noch mit anderen, ähnlichen Re-
formen versuchen. In Uebereinstimmung mit der
Regierung werden die Junker beantragen: die
Aufhebung des allgemeinen, gleichen und geheimen
Wahlrechts im Reiche — nur für nächstes
Jahr. Ferner: das Stillliegen sämmtlicher Eisen-
bahnen und Dampfschiffe — nur auf zwei
Jahre; das Einbehalten sämmtlicher Arbeitslöhne
in Deutschland — nur auf drei Monate.
Um den Junkern und ihrer Regierung ein
freundliches Entgegenkommen zu beweisen, werden
von der sozialdemokratischen Fraktion einige ähn-
liche Anträge eingebracht werden: Aufhebung der
Gesindeordnung — nur auf ein Jahr; Auf-
hebung des Majestätsbeleidigungsparagraphen —
nur auf acht Tage; Einführung der Volks-
wehr — nur auf zwei Jahre; Aufhebung des
Privateigenthums an den Produktionsmitteln und
am Grund und Boden — nur auf fünf Jahre.
Mit Anhang: Programm
Durch unsere Expedition ist zu beziehen: Wahlgesetz für den Drnksrhrn Meirhotag nebst Mrglrmrnt zur Ausführung des Wahlgesetzes,
der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Preis pro loo Exemplare MI. 2.—, pro looo Exemplare MI. 15.—