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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 14.1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.6610#0175

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! _- X - des wahren Jacob

Arnand Gvegg


Es war cin wackerer Mann, den sie am
23. Juli dieses Jahres in Renchen zu Grabe
trugen. Amand Gocgg hatte sich in seinem
vielbewcgten Leben hcrvorgethan als Freiheits-
kämpfer, als Weltrciscuder, als Schriftsteller und
als Agitator für die allgemeine Abrüstung. Seine
hervorragenden Eigenschaften waren Muth, Un-
eigennützigkeit und Ueberzeugungstreue. Der alte
Demokrat von 1848 hatte, wie Johann Jacoby,
die Konsequenzen seiner Grnndanschanung ge-
zogen; er hatte erkannt, daß die bürgerliche Demo-
kratie abgelöst werden müsse von der sozialen
Demokratie.
Der Strudel der Revolution riß ihn 1848
und 1849 in die Bewegungen seines Heimath-j
landcs Baden hinein. Nach den Niederlagen von
Hecker und Struve organisirtc er die badische
Demokratie von Neuem. Im Mai 1849 berief
er die große Landesversammlung nach Offenburg,
die das von ihm verfaßte radikale Offenburger
Programm annahm. Zn gleicher Zeit erhob
sich das badische Militär, der Großhcrzog entfloh
und der in Offenburg gewählte Landesausschuß
ergriff die Regierung. Gocgg erhielt die Finanz-
verwaltung. Als die Preußen cindrangcn, begab
er sich zum Heer. Er nahm an einzelnen Ge-
fechten thcil und hielt tapfer bis zum Ende aus.!
Der Rest der Freiheitsarmee trat mit ihm bei'
Konstanz auf schweizerisches Gebiet über.
Später hat Gocgg große Reisen durch Amerika
und Australien gemacht, die er in zahlreichen
Aufsätzen und Vorträgen anziehend zu schildern
wußte, lieber den badischen Aufstand hat er cin
interessantes Werk „Die nachträglichen authen-
tischen Aufschlüsse" u. s. w. herausgcgeben, die
namentlich für die innere Geschichte der Bewegung .
von Bedeutung sind.
Das Begräbniß des alten Freiheitskämpfers,!
der das 77. Lebensjahr erreicht, hatte seine Freunde
von der bürgerlichen und der Sozialdemokratie
von nah und fern herbeigeführt und ein statt-
licher Zug gab dem „alten Amand" das Geleite
zu seiner letzten Ruhestätte, wo sein Neffe, Adolf
Geck aus Offenburg, in trefflicher Rede die Ver-
dienste des Geschiedenen im Kampf um Freiheit
und Menschenrechte hcrvorhob. Amand Goegg
wird nicht vergessen werden; durch seine Thatcn
und seine Charaktereigenschaften hat er, von Freund
und Feind geachtet, sich ein Denkmal gesetzt,
dauernder als Erz.

Lieder eines Sklaven.
von Zwatopluk Lech.
Freie Uebertragung ins Deutsche von Jan Lloutek.


Don Anbeginn.

Leine Geißel überm Haupt uns
Schwingt ahn' Gnade unser Herr,
Und den Peitschenknall begleitet
Nit des Hohnes Frevel er:
„Seht, wie sinnreich ist gewunden
Meine Geißel! Schlangen gleich.
Ist in Unoten sie verschlungen.
Wunderbar und farbenreich.

„voller Wohllaut sind die Lüfte,
Wenn die Riemenschlange pfeift,
Wenn sie schlank sich krümmt und windet.
Daß sie euren Rücken streift!
Linen Mantel giebt es immer.
Der den Dämon selbst verschönt:
Allen Schlangen gab ich Ramon,
Deren jeder lieblich tönt.
Mt
„Diesen Riemen nennt man: Glaube,
Der euch lehrt: ,Zu jeder Zeit
Schleppt das Lklavenjoch durchs Leben
Kür das Heil der Ewigkeit!'
Recht sodann heißt dieser Riemen,
Line Inschrift, seht! trägt er,
eM. Die mit eurem Blut geschrieben:
EMX Ihr seid Sklaven — ich bin Herr!
„Alter Brauch ist dieser Unoten,
Jener Litte, der Uultur,
Ja, selbst Freiheit bildet spaßhaft
Mit der Grdnung eine Schnur.
Menschlichkeit heißt dieser Riemen,
Jener Wahrheit, Tugend der —
Unter gar so schönen Rainen,
Lagt, fällt euch die Wahl nicht schwer?

„Lure Väter, eure Ahnen
prügelte seit alter Zeit
Diese angestammte Geißel,
Durch Jahrtausende geweiht;

wenn ihr wollt, so schmückt sie weiter
Line Handvoll Flitter noch —
Zwar —: wenn meine Faust sie schwinget.
Schmerzt vom Streich der Rücken doch."

Beilage zum „wahren Jacob" Nr. 28S>r, f8N.
 
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