Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 14.1897

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6610#0192

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2534

Eruipora mutantur.

(^.o sind sie bin, die ewlg-scbönen Tage,
Zn denen nocb dem gläubig lauschenden,
verbobrten Spiesser eine Gänsehaut
Dinab den Lücken ltet beim blossen Mort
„TlmsturzparteL"? wo mit dem rolben Mauwau
/Dan in ein /Pauseloch den Armen schreckte
Mnd wo er zitterte am ganzen Leib,
Menn an der Mand in riesigen '«Konturen
Das knallrotb-gransige Gespenst erschien?

Mo sind sie bin, die ewig-schönen Tage»
Zn denen die Wekenncr unsrer Lebre
Nbmalen konnte jede teile Dand
Als robe, wüste, struppige Gesellen,
Aus deren einer Tasche eine Flasche
Petroleum lugte, aus der andern aber
Gebraucbsbereit die Dpnamitpetarde?

Mer's beute tbut und solcbe Ikäuze gtebt's —
Stellt nur das Leugnlss geist'ger Wettelarmutb
Sieb selber aus und kaum in Dinterpominern
Glaubt man an solcbe Faseleien nocb.
/Dan siebt die Wilder an, man zuckt die Acbseln,

Za, selber wer uns wie die Sünde basst,
Zn Angst und Littern, muss im Stillen denken:
„Za, wenn es das nur wäre, guter /Dann,
So quölle uns der Wissen ntcbt im /Dunde,
So scblteken rubig wir und obne Sorge,
So graute uns vor keiner Ikeicbstagswabl.
Glatt ist die Gbertläcbe, still und triedlicb,
Die "Anterströmung aber, die zu messen
Das grosse Ikunststück ist, sie ängstigt uns,
Die ungebeure Gäbrung der Gemütber,
Die denen recbt gtebt, wenn aucb nacb und nacb
Tlnd zögernd nur, die scbon seit langen Zabrcn
Furchtlos Ikritik geübt am neuen Ikeicb
Tlnd die sogar der Deros von lDarzin
Tlmsonst zu beugen und zu brecben suebte.
Mo alles wankt und splittert, wo das Starre
Zn Fluss gerätb, blickt unwiilkürltcb man
Aut die Partei, die ein Prinzip vertritt
And einen Answeg aus dem Mirrsal zeigt.
Drum sind sie ernst, sogar sebr ernst zu nebmen —
Die Lett der taden Mitzcben ist vorbei!"

Inhalt der Unterhaltung«-Beilage.
Der Zug nach links. Gedicht von M. K. — Der für-
nehme Rausch. Gedicht. — Die Fahnen. — Die guten Vor-
sätze. Gedicht. — Missionstaktik. — Lieder eines Sklaven.
(Jllustrirt.) — In der Sommernacht. Skizze aus einer amerika-
nischen Großstadt. — Schnitzel. — Des Wanderburschen Freud
und Leid. IV. (Jllustrirt.) — Der verkannte Agitator. Eine
wahre Geschichte. — Du sollst nicht stehlen. — Spatzenphilo-
sophie. — Schein und Wirklichkeit. — Selbst ist der Mann. —
Gedankensplitter. — Die Entwicklung vom Geldschrank bis
zum Geheimen Kommerzienrath. (Illustration.) — Die Pension
im Kornfeld. (Jllustrirt.) — Im Münchner Hofbräuhaus.
(Jllustrirt.) — Briefkasten. — Neues vom Büchermarkt.

Die Spitzel-Internationale.
Kern im Süd, im schönen Spanien
Ward ein Staatsmann massakrirt —
Ach, wie haben da die Spitzel
Ganz Europas triumphirt.
Denn sofort ertönte wieder
Der Philister Angstgeschrei,
Die um Schutz und Pilse flehen
Bei der hohen Polizei.
Und ein Weckruf ist ergangen.
Und ein Antrag wird gestellt.
Daß zum Bündniß sich vereine
Alles Zpitzelthum der Welt.

Line internationale
Allgemeine Spitzele!,
Tausch und Sternberg, Ihring-Nahlow
Und Herr Pourbaix ist dabei.
Ja, Herr pourbaix wird uns schützen
vor verbrecherischer That,
Im Verein mit den Kollegen
Wird er retten oft den Staat.
Und an glänzenden Erfolgen
Ls dann nimmer fehlen kann.
Denn sie werden seiber spinnen.
Was sie schlau „entdecken" dann.

Bliemchens Badereise.
Von ihm selbst erzählt.
„Wees Knäbbchen, ich wäre zu dicke", sagd'
ich mer eenes scheenen Dagcs, wie de audomad-
sche Waage meine gewichd'ge Berseenlichgeed uff
hundert Gilo geschätzd haddc. Was is da zu dhun?
„Marienbad!" sagde mei Dokder.
„Ooch gud, gehn mer mal vier Wochen nach
Marienbad, lähm mer gurgemäß un gomm mer
als Schkeledmensch wieder heeme", war meine
Audword.
Gesagd, gedahn. Ich schmerde mei Bindel,
das heeßd: zwee große Goffer, sechs Schachdcln
un drei Backedcl, schickde den gansen Glumbadsch
mid zwee Dienstmänncrn voraus un dahd noch
emal ordcndlich frieschdicken un zwee Flaschen
Wein drinken, um mich vor die gurgemäße Nod-
leiderci zu schdärkcn. Nachher busselde ich seclen-
vergniegd zor Bahn.
Wie ich in de große Bahnhofshalle dräde, da
wehd mich uff eemal ä galdcr Zugwind an un
ich muß hefdig niesen.
„Hautzu!" schrei ich daderbei, un ziehe mei
Schuubbdichel raus.
De Umschdehendcn guckden sich nach mir uni
un lachdcn, aber ä Schandarm, der derbei schdand,
sagde, ich solide hier geen solchen Schbeckdagel
machen.
Na, ich denke, der Gerl will mich verulken
un lache'n ins Gcsichdc und sage:
„Das machen Se gud, Sie Oogc des Gesetzes!
Mcr wärd doch noch ä bissel niesen dhun dürfen!"
„Aber nich so cxzessief", andworded der, un
nm nns rum bild' sich ä gnibbcldicker Menschen-
schwarm.
„Ei ja", sag' ich, „das missen Se mid meiner
Nase ausmachcn, ich hab' Sie nämlich so ännc
laude Nase."
Rundum lachd nu Alles nn ich lache am
mehrschden — ich war Sie nämlich grade rcchd
fidel, von wägen den zwee Flaschen Wein, missen

Se wissen. Der Schandarm aber schreib, ich
dähde groben Unfug verleben nn er wollde mich
verarrethier'n.
„Oho!" sag' ich. „Wenn Sie meine Nase
nich gefälld, Hernachens sein Se so gut un ver-
schreiben Se mir änne andere, die's richd'gc bole-
zeihliche Geduhe had."
„Einschdeigen!" schreib da der Schaffner.
Sie sein arrethierd!" brilld mich zu gleicher
Zeid der Schandarm an un backd mich bei'n
Schlaffiddchen.
„Nee, härnse, da sein Se schief gewickeld,
daderzu hab'ch grade gar geene Zeid, ich fahre
Sie nämlich nach Marienbad", sag' ich un gäbe
den Schandarm än Schubs, daß er mich los-
lassen mußde. Nu drängd' ich mich dorch de
Menge un wollde einschdeigen, aber denken Se,
daß ich daderzu gegomm' wär? I goddbewahre!
Einfangen dahden se mich un dahden mer de
Hände binden un wie se mich aus der Halle naus-
baddalgden, fiff gerade der Zug un machdc sich
dinne.
„Na, die Badereese fängt gud an", dachde ich
mir, un ergab mich in mein Schicksal.
Nach eener gleenen Schdundc saß ich in eener
engen Gabine bei eenen Gruge Wasser. De gur-
gemäße Läbensweise fängd schon an, brummde
ich, un dahd eenen gräfd'gen Schluck. Das Fenster
von mein Quardier war gans oben an der Decke
un hadde eiserne Gidder, was gans ieberflissig
war, denn ich hädde meinen Gorbus ooch so nich
dorch de Lucke gebrachd. In der Ecke schdand ä
ganz verdächd'ger runder Behälder, der ä gewisses
Aroma verbrechen dahd, um de Lufd zu vcr-
schlcchdern.
„Na, das merk' ich schon, ä Lufdgurord iS
das hier nich", sagd' ich zu mein' Diener, der de
rein gam, um mir zu zeigen, wie mcr de Bcdd-
schdelle losmachd, die de nämlich an de Wand
angeschnalld war.
„Das Hodcll gefälld mir nich, da wär' ich
bald auszieh'n."
 
Annotationen