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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 14.1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.6610#0204

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2546

Autorität.

Iu zuchtlos ist die ijeut'ge Welt,
LeHorsam wird verlacht,
Das 8olk sich nicht in DcmutZ Hält
Zor Ztaatsgewatt und Macht.
Drum lehrt die hohe Klerisei
Zn Predigt und Ledet:
Man bringe dem Zolle wieder bei
Respekt vor der Autorität.
Wer unsre Autoritäten sind
Zm neuen Kurs zur Mist?
Ze nun, das weiß ja jedes Kind
Die erste der Kanzler ist.
Zwar weiß er selbst nicht, was er will,
Weiß nicht, ob er bleibt, ob er geht
Doch baue man in Ehrfurcht still
Aus seine Autorität.

Der Zchuhmann auch mit Keim und
Autorität ist er, IZchwcrt,
Und wer nicht hoch den Zchuhmann ehrt,
Zersündigt sich gar schwer.
Mietend über den Leist der Zeit,
Der Zchuhmann mächtig steht,
Drum zeig' ihm in Lrgebenhcit
Respekt vor der Autorität.
Zerßannt sei aus der Politik
Die Opposition,
Die Lroßen wissen der Zöller Leschick
Allein zu lenken schon.
And kostet es dein Leld und Lut,
Was der Minister räth
Bewahre stets mit treuem Muth
Respekt vor der Autorität.

Besonders zu dem Adelsstand
Zcrchrcnd blick' empor,
Lr ist es, den zum Kerrn im Land
Das Zchicksal sich erkor.
Lr ist aus besserem Ztojs wie du,
Der Zorzeit Leist ihn umweht,
Drum kommen die besten Pfründen ihm zu,
Das stärkt seine Autorität.
Doch höher noch als Asse steht
Der Leld sack heut' im Werth,
Drum sei er als höchste Autorität
Zom Publikum geehrt.
Ls wird, wer sich vor ihm nicht beugt.
Als Amsturzmann geschmäht,
Der Lutgesinnte froh bezeugt
Des Leldsacks Autorität.

Vlihdraht-Meldungen.
Berlin. Die Berliner Regierung will einen Staatssekretär nach Hamburg zum
Sozialisten-Kongres; entsenden, welcher die Wünsche der stärksten Partei des Landes entgegen-
zunehmen und die Gratulationen der Negierung zu überbringen hat. Es sollen beim
Kommers die üblichen offiziellen Trinksprüche ausgetauscht werden.
— Der deutsche Reichskanzler wird seit einiger Zeit vermißt. Er trug zur Zeit seines

Verschwindens einen noch gut erhaltenen schwarzen Nock, grauen Filzhut, karrirte Hosen,
ganze Stiefel. Zweckdienliche Mittheilungen über seinen Verbleib sollen an das Berliner
Polizeipräsidium gerichtet werden.
Sachsen. Die sächsischen Behörden konnten leider die Entschädigung der von Ueber-
schwemmung Betroffenen und die nothwendigen Vorarbeiten für Flußregulirung noch nicht
durchführen, da sie ihre ganze Energie auf die Ueberwachung sozialdemokratischer Versamm-
lungen, Feste und Tanzkränzchen verwenden mußten.

Inhalt der Unterhaltung«-Vellage.
Gruß an den Parteitag. Gedicht. — Aus dem nördlichen
Belagerungsgebiet. (Mit zwei Faksimiles, drei Porträts und
einem Bild: Das Hamburgische Wappen unter dem kleinen
Belagerungszustand.) — Die Arbeiterbewegung in Spanien.
(Mit vier Porträts.)
Ferner liegt dieser Nummer ein Kunstblatt bei: Die
Mittagsstunde, nach dem Gemälde von Karl Hartmann.
Auch für den Steinklopser rückt die Dinerstunde heran. Bei
einem Tagelohn von anderthalb Mark wird das Mittagessen
woht nicht besonders reich ausfallen, aber die frische Luft und
namentlich das Steineklopfen schärft den Appetit, und dann
die lieben, freundlichen Gesichter der Enkel, die dem Groß-
vater das Essen gebracht! Er müßte ja geradezu ein Barbar
sein, wenn es ihm Angesichts der Kinder nicht schmecken wollte.
Wir wissen es nicht, ob der Alte sich ab und zu in sozial-
politischen Betrachtungen ergeht, etwa wie jener mecklenburgi-
sche Tagelöhner, der da meinte: „Rindfleisch un Plummen
sünd ein gaud Gericht, abers wie kriegt dat man nicht";
wahrscheinlich grübelt der Alte nicht, er überläßt das seinen
Kindern, die da schon wissen werden, wie man den Stiel um-
dreht. Sie werden sich seiner Zeit „Rindfleisch un Plummen"
sicher holen. Und damit Allen ein gesegnetes „Prosit Mahlzeit"!

OUo's Glossen.
Aus Kriedrichsruh kommt eine ernste Lunde,
Die allerorten wohl ein Lcho weckt.
Der Alt-Reichskanzler hält sich keine Hunde,
Zeit Cyras und Rebekka ihm verreckt!
Wozu denn auch? vergißt man seine Leute,
Die auf den Mann nach seinen Winken gehn.
Die als gehorsam-unterwürf'ge Meute
Dem Abgesägten zur Verfügung stehn?
Lr ist im Recht, wenn er in grimmer Ztunde
Mit ihnen umspringt nach Verdienst und Werth,
Lr ist im Rechte, wenn er andrer Hunde
Nach Tyras und Rebekka nicht begehrt.
Zie ducken sich beim Runzeln seiner Brauen,
Sie folgen seiner Zpur durch Noor und Land,
Und wenn er mit der Peitsche sie gehauen,
Zo kommen sie und lecken ihm die Hand.
Lie, die für ihn durch Dick und Dünn gegangen.
Die seines Mundes Lächeln schon beglückt,
Lr hat sie doch wie ungezogne Rangen
Legebnen Kalles an die Wand gedrückt.

Die neuerdings ihn auf den Zchild gehoben
Lrleben jetzt, von jähem Zchreck durchzuckt.
Daß spöttisch und verächtlich er von oben
Auf ihre hochgebornen Glatzen spuckt.
Anträge zum Parteitag.
Wie viele verschiedenartige Wünsche und An-
träge aus sozialdemokratischen Parteikreisen an
den Hamburger Kongreß gerichtet werden, hat
man aus der Tagespresse schon erfahren. Es
giebt aber noch andere Leute, die den Wunsch
haben, dort Anträge zu stellen, und da sie am
persönlichen Erscheinen verhindert sind, so haben
sie den „Wahren Jacob" nm Beförderung und
Befürwortung ihrer Anträge ersucht. Wir geben
einige derselben hier bekannt.
König Stumm beantragt, man möge anstatt
des allgemeinen Wahlrechts die Einführung
der Wahlpflicht erstreben und mit Regelung
der Wahlpflicht die Bezirkspolizei, die Landräthe
u. s. w. betrauen»
Der große König von Saarabien hat bei
diesem Anträge allerdings einen Hintergedanken.
Er zerbrach sich schon lange seinen dicken Kopf
darüber, wie man es anfangen könne, die Wahl
sozialdemokratischer Abgeordneter zu hindern; nun
hat er eine Lösung gefunden, deren Einfachheit
dem Ei des Kolumbus gleicht. Er meint, man
brauche »ur die Wahlpflicht einzuführcn und dann
in der Ausführungsverordnung des Gesetzes zu
bestimmen, daß der Wähler verpflichtet ist, für
den vom Landrath oder Polizeiamt ge-
nannten Kandidaten zu stimmen, widrigen-
falls die Wahl ungültig ist und Bestrafung des
Wählers eintritt. Der Bund der Landwirthe
dürste für diese Idee zu gewinnen sein, ob auch
der Hamburger Parteitag, das muß Stumm ein-
fach abwarten.
Weiter beantragt der Geheimrath v. Meier,
im Ressort des Ministers von der Recke beschäftigt,
es möge mit der Sozialdemokratie ein Ende

gemacht werden, das heißt die Partei möge
sich auflösen.
Man kann nicht bestreiten, daß für diesen
Antrag der Hamburger Kongreß die einzige zu-
ständige Instanz ist, denn an anderen Stellen
sind solche Wünsche oft laut geworden und immer
wirkungslos geblieben.
Meier denkt sich die Sache ungefähr so, daß
jeder Einzelne der Millionen sozialdemokratischer
Wähler dazu kommandirt werden könne, seine
Gesinnung bcini Viertelskommissär oder Bezirks-
feldwebel abzugeben und dafür gegen Zahlung
von fünfundzwanzig Pfennigen von Amtswegen
eine funkelnagelneue feudale Gesinnung zn er-
halten. Dannt wären die Sozialdemokraten aus
der Welt geschafft, und die Parteikasse könnte
für die nothleidenden Agrarier verwendet werden;
die Parteipresse würde abgeschafft, mit Ausnahme
des „Wahren Jacob", Lcr die Porträts und
Nekrologe aller davongejagten Minister und
Kanzler regelmäßig zu veröffentlichen hätte, um
dabei die Schncidigkeit der neuen Kursbewegungen
zu kennzeichnen. Die Mitglieder des Partei-
vorstandes, die sich immer als gute Diplomaten
bewährt haben, würden in das Auswärtige Amt
des Deutschen Reiches eingereiht, um dieser wacke-
ligen Bude wieder ein wenig auf die Beine zu
helfen.
Dies sind die Ideen Meiers, in deren Be-
urtheilnng wir dem Kongreß nicht vorgreifen
wollen.
Liebermann von Sonnenberg beantragt,
daß alle Partcibroschüren un beschnitten in den
Handel gebracht werden sollten, widrigenfalls er
die Partei für verjudet erklären müsse.
Kardorff wünscht einen Paragraphen in das
Parteiprogramm ausgenommen zu sehen, laut
welchem die Verwirklichung des sozialen Staates
nur durch Einführung der Silbcrwährung mög-
lich sei, für die daher eine rege Agitation entfaltet
werden müsse.
Eugen Richter beantragt, eine Sammlung
für Errichtung eines Bismarckdenkmals vor-

Durch unsere Expedition ist zu beziehen: Wahlgesetz für den Deutlchen Reichstag nebst Reglement zue Ausführung des Wahlgesetzes. Mit Anhang: Programm
der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Preis pro 100 Exemplare Bit. 2.—, pro 1000 Exemplare Mk. 15.—
 
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