2612
Römische Ztudien.
Gez. von R. Hansche.
Vvr der Schlacht.
Line lustige Lpisode aus dem deutsch-französischen Rriege. !
_ !
Die Heere standen sich kampfbereit gegenüber.
Schon tauschten die Kanonen ihre donnernden
Grütze. Die Infanterie war anfmarschirt, nm
auf Befehl in den Tod zu gehen für's Vaterland.
Es hieß, >vie in Schillers Gedicht von der Schlacht:
„An die Nippen pocht das Männerhcrz"; das
heißt, wenn nicht gerade „Stillgestanden!" kom-
mandirt worden war.
Der Korporal Knifslich musterte noch einmal
feine Leute. Sie standen wie aus Erz gegossen.
Plötzlich aber zuckte über das Antlitz des Korporals
ein jäher Schreck.
„Gemeiner Schnuppe!" rief er entsetzt. „Sie
Unglücksmensch, wo haben Sie Ihren Verstand!
Sie haben ja den zweiten Knopf vom Kragen
abwärts nicht geputzt! Was soll denn der Feind
denken, wenn wir ihm mit blinden Knöpfen ent-
gcgentrcten? Ich muß Sic sofort melden."
Schnuppe erschrak. Er hatte vor der Schlacht
schnell noch ein paar Zeilen an seine Liebste
geschrieben und darüber den ungcputztcn Knopf
Ruhig und zuversichtlich trat Schnuppe vor.
Seine Knöpfe strahlten in tadellosem Glanze!
Er hatte den beanstandeten Knopf nachträglich
blank geputzt.
„Die Sache ist in Ordnung", wurde dem
Oberst gemeldet. Dieser sandte freudestrahlend
die Meldung weiter. „Die vierte Kompagnie ist
schlagfertig."
So ging der Rapport bis zn Moltke. Nach-
dem derselbe die ungeduldig erwartete Nachricht
empfangen hatte, kommandirte er zum Angriff,
die Schlacht wurde gewonnen, das Vaterland
war gerettet — Dank dem Soldaten Schnuppe,
der noch rechtzeitig seinen Knopf geputzt hatte.
Jesus als Gast.
Line Phantasie von Rudolf Peters.
„Komm, Herr Iesns, sei unser East
Und segne, was du uns bescheret hast",
Zo schallt es von Rinderstimmen frisch
Im Thor an des Tagelöhners Tisch.
Die Blicke sind andachtsvoll verklärt
ganz vergessen. > Auf die dampfende Zchüssel gekehrt.
Der Korporal machte ungesäumt dem Licute- „Mutter, gieb mir den großen Rlosi!"
nant Mittheilung. Der Kanonendonner wurde Bricht ungestüm der Rleinste los.
stärker. Was soll mit dem Gemeinen Schnuppe LH' noch das „Amen" gesprochen war.
Der Lieutenant wußte es nicht und Und sie versorgt die hungrige Lchaar,
geschehen?
machte dem Hauptmann Meldung. Von da ging
es weiter an den Regiments-Kommandeur und
immer höher hinauf bis zum Gcneralstab. Moltke
wollte gerade den Befehl zum Angriff geben, als
er erfuhr, daß in der vierten Kompagnie im
ersten Bataillon des 96. Regiments etwas nicht
in Ordnung sei.
Der alte Gamaschenknopf war darüber höch-
lich verwundert und entsandte einen Adjutanten
mit dem gemessenen Befehl, die bestehenden Un-
regelmäßigkeiten müßten sofort gehoben werden,
denn das Bataillon sei unbedingt für die Aktion
nöthig.
Der Adjutant sprengte im rasenden Galopp
davon und meldete dem betreffenden Obersten,
die Entscheidung des Tages hänge von seinen
Truppen ab, die wankende Kompagnie müsse so-
fort zur Raison gebracht werden.
Der Oberst war wüthend. Er ließ dem Haupt-
mann der Unglücks-Kompagnie sagen, alle Offi-
ziere derselben würden standrechtlich erschossen,
wenn die Schlacht verloren gehe.
Als der Lieutenant, welcher die erste Meldung
gemacht hatte, dies hörte, stürzte er schreckens-
bleich auf den Korporal Knifflich los und schrie:
„Alles ist verloren — und Sie allein tragen
die Schuld!"
Knifflich besann sich eine Weile. „Ja so, der
Knopf!" sagte er. „Gemeiner Schnuppe! Vor-
treten!"
Da tritt zur Chüre herein ein Mann:
„Enten Tag! Lchmeckt's euch?"—„„Ja, setz' dich
Fritz, weil du noch junge Beine hast, fheran!
Zieh auf!"" spricht der Vater, und der East,
Lin kräftiger Mann in grobem Rittel,
Ltellt in dir Lcke den derben Rnüttel,
Dankt nicht groß, rückt gleich in den Rreis,
Langt tüchtig zn nach der mageren Lpeis.
„Ihr seht mich fragend an, wer ich bin?"
Lo spricht der Fremde, „und wurde vorhin
Doch eingeladen von euch zum Lssen.
Habt ihr denn das schon wieder vergessen?
Ich bin Iesns, gerufen von euch Allen",
vor Zchreck läßt der Vater den Löffel fallen.
„Ihr habt euch, wenn ihr an mich gedacht,
i von mir wohl ein ander Bild gemacht?
Ich mar einst ein Arbeitsmann wie du
And gönnt' auch hernach mir keine Buh'.
Zwar faßt' ich dis Axt nur noch selten an.
Blieb doch ein kerniger Zimmermann.
Die Reichen, die das Volk belogen.
Die traf ich so, daß die Lpähne flogen. —
Aber nun will von euch ich hören,
Vb sie auch euch noch mit Morten bethören.
Ich kann mir's denken, die Rost ist schlecht."
And der Vater spricht: „„Lin Ackerknecht
Rann sie leider nicht besser verlangen.
Dir ist es ja einst noch schlimmer ergangen.""—
„Mensch, rede nicht thöricht!" braust Jener auf,
„Ich nahm wohl sorglos meinen Lauf,
Dieweil ich mich thät an der Hoffnung laben,
Ihr möchtet es einstmals besser haben.
Lrzähle mir jetzt, wie die Arbeiter leben.
Und was für Lohn euch die Herren geben!"
Der Vater erzählt nun ungesäumt.
Während die Mutter den Tisch abräumt;
Lr erzählt treuherzig von seiner Plage,
Und wie ihm freudlos vergehn die Tage, -
Auch von dem Herrn einen häßlichen Zug,
And der Fremde brummt einen derben Fluch.
„„Fromm sind der Herr und die gnädige Frau,
Lis tragen ihr Ehristenthum stolz zur Lchau,
Für die Rirche opfern selbst Geld sie gern.
And wer fromm thut, steht gut mit dem Herrn.
Ihn rührt zwar nicht unser Lorgen und Analen,
Wir müssen ihn doch in den Reichstag wählen
Zum Dank für seine Habgier und Tücken;
Dort hilft er uns gänzlich unterdrücken."" —
Dis Mutter hat sich herangesetzt.
Lie erzählt, wie der Verwalter sie hetzt.
And wie der junge Herr Baron
Ter Leutnant, des Eutsherrn einziger Lohn,
Ihrer großen Tochter nachgesiellt.
Roch gestern erst draußen auf dem Feld. . . .
Da springt von dem Litze Jesus wild.
And die Ader auf seiner Ztirne schwillt.
Die Fausts geballt und zuckend die Glieder,
Eeht er im Zimmer auf und nieder.
Zis folgen ihm mit verstörten Blicken,
Die Rinder sich ängstlich zusammendrücken.
Das dauert so eins Weile fort.
Und Riemand wagt ein einzig Wort.
Zuletzt spricht der Vater: „„Lieber Herr!""
Da fährt er herum: „Wer ist dein Herr?
Der Teufel ist es!" Lie schrecken zusammen
vor seiner Augen sprühenden Flammen.
Lr aber geht wieder hin und her.
And wie er kommt durch die Ltubs quer.
Da hat er das jüngste Mädchen gesehn.
Bleibt vor dem herzigen Rärrchen stehn
Und streichelt ihr sinnend das blonde Haar.
Bald leuchtet sein Auge mild und klar,
Wie die Lonne durchbricht des Gewitters Bann.
Lr rückt den Ztnhl an den Tisch heran
Und hebt die Rleine auf seinen Lchoß.
Lie schaut mit fragenden Blicken groß
Zu ihm auf und lehnt sich in seinen Arm
Und nun spricht zu den Litern er eindringlich,
warm:
„Als ich gründen wollte mein Eottesreich,
Da hofft' ich, es käme alsogleich.
Jetzt aber weiß ich, es naht die Ltund',
Da ihr schließt den großen Bruderbund.
Lind auch herzlos die Reichen noch heute
Und jagen mit gleicher Eier nach Bente,
Zo wird doch eines die Zeit bald bringen.
Was meinem Ansturm nicht macht' gelingen:
Römische Ztudien.
Gez. von R. Hansche.
Vvr der Schlacht.
Line lustige Lpisode aus dem deutsch-französischen Rriege. !
_ !
Die Heere standen sich kampfbereit gegenüber.
Schon tauschten die Kanonen ihre donnernden
Grütze. Die Infanterie war anfmarschirt, nm
auf Befehl in den Tod zu gehen für's Vaterland.
Es hieß, >vie in Schillers Gedicht von der Schlacht:
„An die Nippen pocht das Männerhcrz"; das
heißt, wenn nicht gerade „Stillgestanden!" kom-
mandirt worden war.
Der Korporal Knifslich musterte noch einmal
feine Leute. Sie standen wie aus Erz gegossen.
Plötzlich aber zuckte über das Antlitz des Korporals
ein jäher Schreck.
„Gemeiner Schnuppe!" rief er entsetzt. „Sie
Unglücksmensch, wo haben Sie Ihren Verstand!
Sie haben ja den zweiten Knopf vom Kragen
abwärts nicht geputzt! Was soll denn der Feind
denken, wenn wir ihm mit blinden Knöpfen ent-
gcgentrcten? Ich muß Sic sofort melden."
Schnuppe erschrak. Er hatte vor der Schlacht
schnell noch ein paar Zeilen an seine Liebste
geschrieben und darüber den ungcputztcn Knopf
Ruhig und zuversichtlich trat Schnuppe vor.
Seine Knöpfe strahlten in tadellosem Glanze!
Er hatte den beanstandeten Knopf nachträglich
blank geputzt.
„Die Sache ist in Ordnung", wurde dem
Oberst gemeldet. Dieser sandte freudestrahlend
die Meldung weiter. „Die vierte Kompagnie ist
schlagfertig."
So ging der Rapport bis zn Moltke. Nach-
dem derselbe die ungeduldig erwartete Nachricht
empfangen hatte, kommandirte er zum Angriff,
die Schlacht wurde gewonnen, das Vaterland
war gerettet — Dank dem Soldaten Schnuppe,
der noch rechtzeitig seinen Knopf geputzt hatte.
Jesus als Gast.
Line Phantasie von Rudolf Peters.
„Komm, Herr Iesns, sei unser East
Und segne, was du uns bescheret hast",
Zo schallt es von Rinderstimmen frisch
Im Thor an des Tagelöhners Tisch.
Die Blicke sind andachtsvoll verklärt
ganz vergessen. > Auf die dampfende Zchüssel gekehrt.
Der Korporal machte ungesäumt dem Licute- „Mutter, gieb mir den großen Rlosi!"
nant Mittheilung. Der Kanonendonner wurde Bricht ungestüm der Rleinste los.
stärker. Was soll mit dem Gemeinen Schnuppe LH' noch das „Amen" gesprochen war.
Der Lieutenant wußte es nicht und Und sie versorgt die hungrige Lchaar,
geschehen?
machte dem Hauptmann Meldung. Von da ging
es weiter an den Regiments-Kommandeur und
immer höher hinauf bis zum Gcneralstab. Moltke
wollte gerade den Befehl zum Angriff geben, als
er erfuhr, daß in der vierten Kompagnie im
ersten Bataillon des 96. Regiments etwas nicht
in Ordnung sei.
Der alte Gamaschenknopf war darüber höch-
lich verwundert und entsandte einen Adjutanten
mit dem gemessenen Befehl, die bestehenden Un-
regelmäßigkeiten müßten sofort gehoben werden,
denn das Bataillon sei unbedingt für die Aktion
nöthig.
Der Adjutant sprengte im rasenden Galopp
davon und meldete dem betreffenden Obersten,
die Entscheidung des Tages hänge von seinen
Truppen ab, die wankende Kompagnie müsse so-
fort zur Raison gebracht werden.
Der Oberst war wüthend. Er ließ dem Haupt-
mann der Unglücks-Kompagnie sagen, alle Offi-
ziere derselben würden standrechtlich erschossen,
wenn die Schlacht verloren gehe.
Als der Lieutenant, welcher die erste Meldung
gemacht hatte, dies hörte, stürzte er schreckens-
bleich auf den Korporal Knifflich los und schrie:
„Alles ist verloren — und Sie allein tragen
die Schuld!"
Knifflich besann sich eine Weile. „Ja so, der
Knopf!" sagte er. „Gemeiner Schnuppe! Vor-
treten!"
Da tritt zur Chüre herein ein Mann:
„Enten Tag! Lchmeckt's euch?"—„„Ja, setz' dich
Fritz, weil du noch junge Beine hast, fheran!
Zieh auf!"" spricht der Vater, und der East,
Lin kräftiger Mann in grobem Rittel,
Ltellt in dir Lcke den derben Rnüttel,
Dankt nicht groß, rückt gleich in den Rreis,
Langt tüchtig zn nach der mageren Lpeis.
„Ihr seht mich fragend an, wer ich bin?"
Lo spricht der Fremde, „und wurde vorhin
Doch eingeladen von euch zum Lssen.
Habt ihr denn das schon wieder vergessen?
Ich bin Iesns, gerufen von euch Allen",
vor Zchreck läßt der Vater den Löffel fallen.
„Ihr habt euch, wenn ihr an mich gedacht,
i von mir wohl ein ander Bild gemacht?
Ich mar einst ein Arbeitsmann wie du
And gönnt' auch hernach mir keine Buh'.
Zwar faßt' ich dis Axt nur noch selten an.
Blieb doch ein kerniger Zimmermann.
Die Reichen, die das Volk belogen.
Die traf ich so, daß die Lpähne flogen. —
Aber nun will von euch ich hören,
Vb sie auch euch noch mit Morten bethören.
Ich kann mir's denken, die Rost ist schlecht."
And der Vater spricht: „„Lin Ackerknecht
Rann sie leider nicht besser verlangen.
Dir ist es ja einst noch schlimmer ergangen.""—
„Mensch, rede nicht thöricht!" braust Jener auf,
„Ich nahm wohl sorglos meinen Lauf,
Dieweil ich mich thät an der Hoffnung laben,
Ihr möchtet es einstmals besser haben.
Lrzähle mir jetzt, wie die Arbeiter leben.
Und was für Lohn euch die Herren geben!"
Der Vater erzählt nun ungesäumt.
Während die Mutter den Tisch abräumt;
Lr erzählt treuherzig von seiner Plage,
Und wie ihm freudlos vergehn die Tage, -
Auch von dem Herrn einen häßlichen Zug,
And der Fremde brummt einen derben Fluch.
„„Fromm sind der Herr und die gnädige Frau,
Lis tragen ihr Ehristenthum stolz zur Lchau,
Für die Rirche opfern selbst Geld sie gern.
And wer fromm thut, steht gut mit dem Herrn.
Ihn rührt zwar nicht unser Lorgen und Analen,
Wir müssen ihn doch in den Reichstag wählen
Zum Dank für seine Habgier und Tücken;
Dort hilft er uns gänzlich unterdrücken."" —
Dis Mutter hat sich herangesetzt.
Lie erzählt, wie der Verwalter sie hetzt.
And wie der junge Herr Baron
Ter Leutnant, des Eutsherrn einziger Lohn,
Ihrer großen Tochter nachgesiellt.
Roch gestern erst draußen auf dem Feld. . . .
Da springt von dem Litze Jesus wild.
And die Ader auf seiner Ztirne schwillt.
Die Fausts geballt und zuckend die Glieder,
Eeht er im Zimmer auf und nieder.
Zis folgen ihm mit verstörten Blicken,
Die Rinder sich ängstlich zusammendrücken.
Das dauert so eins Weile fort.
Und Riemand wagt ein einzig Wort.
Zuletzt spricht der Vater: „„Lieber Herr!""
Da fährt er herum: „Wer ist dein Herr?
Der Teufel ist es!" Lie schrecken zusammen
vor seiner Augen sprühenden Flammen.
Lr aber geht wieder hin und her.
And wie er kommt durch die Ltubs quer.
Da hat er das jüngste Mädchen gesehn.
Bleibt vor dem herzigen Rärrchen stehn
Und streichelt ihr sinnend das blonde Haar.
Bald leuchtet sein Auge mild und klar,
Wie die Lonne durchbricht des Gewitters Bann.
Lr rückt den Ztnhl an den Tisch heran
Und hebt die Rleine auf seinen Lchoß.
Lie schaut mit fragenden Blicken groß
Zu ihm auf und lehnt sich in seinen Arm
Und nun spricht zu den Litern er eindringlich,
warm:
„Als ich gründen wollte mein Eottesreich,
Da hofft' ich, es käme alsogleich.
Jetzt aber weiß ich, es naht die Ltund',
Da ihr schließt den großen Bruderbund.
Lind auch herzlos die Reichen noch heute
Und jagen mit gleicher Eier nach Bente,
Zo wird doch eines die Zeit bald bringen.
Was meinem Ansturm nicht macht' gelingen: