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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 14.1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.6610#0284

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—2626 -

Der rechte Ort.
Gemeindediener: Aber Sepp, was wachst Du dem:
heute für einen Skandal im Wirthshause?
Sepp: Raufen macht' i!
Gemeindediener: Dees derfst doch hier nit! Laß'
Dich iit den österreichischen Reich stath wählen, nach-
her derfst raufen grad gnua!

Immer dieselben.
A. : Daß die Freisinnigen unbedingte Anhänger der
freien Konkurrenz sind, haben sie bei der Wahl in Plön
wieder bewiesen.
B. : Wie so?
A.: Sie stellten dort zwei Kandidaten auf, welche
miteinander im Durchfällen frei konkurriren
mußten.

Galgenhumor.
„Der reene Schunkclwalzer", sagten die Sachsen,
da machte sich im dortigen Voigtlandc fortgesetzt ein polizei-
lich nicht angemeldetes Erdbeben bemerkbar.

Bild aus der Zeit. Die Angeklagte, Marie Müller, Scheuerfrau dahier, wird
der Majestätsbeleidigung schuldig befunden und auf Grund des H 95 des R.St.G.B. zu
sechs Monaten Gcfängniß verurtheilt.



Wie, Hunger hast Du? — Das Arbeitervolk muß doch recht herzlos und barbarisch
sein, sonst würde es seine Kinder nicht hungern und frieren lassen und gar noch betteln schicken!

Eisend alp:-Idyll.

„Nun ist der Dienst bald überwunden
Nach sechzehn langen schweren Stunden.
Bald leuchtet der Zug aus dem Wald hervor,
Dann geht es heim über Haide und Moor,
Dann ruh' ich fünf Stunden in der Klause
Daheim im kleinen lieben Hause.
Wetter noch einmal, ist das ein Wind!
Da wird nur schier vor den Augen blind.
Nur Muth, wir haben's so oft ja geschafft;
Nun feste drauf mit der letzten Kraft!
Und doch, ivie putzig! Ist es mir nicht,
Als säh ich doppelt, nein, dreifach ein Licht?
Nein, nein, nur Ruhe. Wohl bin ich schlapp,
Ja, schlapp zum Sinken, so daß ich knapp
Mich auf den müden Beinen noch halte.
Doch nur nichts merken lassen, sonst schallte
Mir bald entgegen das böse Wort:
Der Kerl ist unbrauchbar, der Kerl muß fort.
Nein, nein, die Stunde geht auch vorüber!
Potz Wetter! Mir ist, als hätt' ich Fieber.
Bei meinen Sechzig, die alten Augen
Wollen wirklich so recht nicht mehr taugen;
Der kraftlose Arm, die Hand, sie zittert,
Doch stille, mein Herz, denn wenn man's wittert...
So . .. Nun ist's Zeit, jetzt muß ich spähen,
Die Weiche richtig einzudrehen,
Den Hebel scharf an die Kante gepreßt,
Doch ist mir's, als wenn mich die Kraft verläßt;
Es tanzt mir vor Augen des Irrlichts Trug,
Und nun, o Schrecken, jetzt kommt der Zug..."
Der Alte schwenkt voll Angst die Laterne
Und schreit halb sinnlos ein Halt! in die Ferne.
Doch fährt der Zug in rasender Schnelle
Die scheinbar stark gefährdete Stelle.
Dann hält er; natürlich ging's nicht ab
Ohn' etwas Spektakel, denn warum gab
Der Mann das Zeichen von naher Gefahr,
Wo alles in bester Ordnung doch mar?
„Gewiß ist der Kerl mal wieder besoffen!"
Doch diesmal hat ihn der Tod getroffen.
Man fand auf den Schienen zusammengcballt,
Des Weichenstellers zerfetzte Gestalt.
Treu stand er bis zur letzten Sekunde,
An seiner Treue ging er zu Grunde.
Und weiter raste der nächtliche Zug,
Mit Pfeifen und Fauchen in wildem Flug.

Verantwortlich für die Redaktion Georg Vaßler in Stuttgart. — Druck nnd Verlag von I. H. W. Dietz Nachs. (G. m. b. H.) in Stuttgart.
 
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