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• 63

Herr Schieberich im „Wilhelm Tell"

(2. Akt, 2. Szene, Rütlischwur)

Rösselmann (auf der Bühne)

„Wir ivollen sein ein einzig Volk von Brüdern ..

Schieberich (in der Loge)

Nanu? Es soll wohl kein Unterschied sein zwischen den Lenken,
die den ersten Rang bezahlen, und denen auf dein Juchhe?

Rösselmann

.. Wir wollen frei sein ivie die Väter waren. ..

Schieberich

Soll das etwa eine unzarte Änspieluna auf meine Vorstrafen
sein??

Rösselmann

„•.. Eher den Tod, als in der Knechtschaft leben. ..
Schieberich

Der scheint.keine Schlemmerlokale zu kennen; sonst tat'er anders
reden.

Rösselmann

.. Wir ivollen trauen auf den höchsten Gott..."

Schieberich

Aha! Jetzt meint er den Dollar. Recht hat er. Nur nicht ver-
zagen!

Rösselmann

„... Und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen ..."
Schieberich

Und der Staatsanwälte, haha. Bravo, Schiller! Autor vor!!

Krausens Osterhase

Herr Krause hatte zu Weihnachten
nur einen Wunsch gehabt: eine Gans
sollte unter dem Tannenbaum, besser
gesagt in der Pfanne liegen. Das
ganze Jahr über hatte' er seinen Ap-
petit aufgespart. Aber Knecht Ru-
precht ist ein alter Mann und hatte
Krausens Adresse vergessen.

„Das passiert mir nicht wieder!"
sagte der Familienvater so energisch
wie möglich, ich schaffe mir Kanin-
chen an, da haben wir zu Ostern we-
nigstens Hase (weniger „der Eier we-
gen, welche diese Tiere legen"). Auf
diese rechnete nur der Neunjährige.
DerZwölfjährige hatte bereits einen
Aufklärungskurs hinter sich und stritt
dem Osterhasen alle Fähigkeiten ab.
„EsgibtüberhauptkeineOsterhasen,"
sagte er. Und er hatte recht.

Schon acht Tage vor der Marter-
woche hatte irgendein zweibeiniger
Marder seine im großen Kriege ge-
lernten Requirierkünste noch einmal
praktisch erprobt. Nun konnten Krau-
sens ihr Uagoüt tin aus Brotrinden
und Kohlblättern selber essen, aber
dafür waren Hase, Muff und Boa
entschwunden.

Frau und Kinder heulten in holdem
Verein. „Da muß ein anderer Oster-
hase bestellt werden," sagte Fritzl.

„Jawohl," tröstete ihn der Vater;

„das war schon zu meiner aktiven
Dienstzeit so, da versteckte der Feld-
webel für die ganze Kompagnie Eier."

Er traute aber doch der Sache nicht
recht und fuhr darum zum Landvetter
nach Dingsda. Der glaubte längst
nicht mehr an den Osterhasen, der
glaubte nur, daß sieben Liter Kuh-
milch acht Liter Stadtmilch geben,
und lamentierte, daß, wenn die Eier
am teuersten sind, die Hühner am
wenigsten legen.

Infolgedessen kosteten in der fröh-
lichen, seligen Osterzeit sechs Eier
einschließlich Fahrgeld 6000 Mark,
eine Summe, vor der vor zehn Jah-
ren jeder Eiergroßhändler Respekt
gehabt hätte.

Als Krause nach Hause kam, gab
es eine neue ltberraschung für ihn. Minna, die
Älteste, die in der Stadt war, konnte zu den
Feiertagen nicht nach Hause kommen. Fritzl war
dies recht; er kalkulierte rasch, daß dadurch
der Familie ein Ei erhalten bliebe.

Warum Minna nicht kommen konnte? Nun,
die kurze Märchenzeit, wo der Mensch auf
Ruprecht und Osterhase ettvas hält, war für
Minna vorüber, aber leider mußte sie an das
dritte Märchentier glauben, das war der
Storch. „Auch ein schöner Vogel!" knurrte
Krause, „nur immer so weiter!"

Ostern kam, und da mußte auch etwas in
die Pfanne. „Also, weil der Osterhase keine
Eier legen wollte, haben wir ihn gefangen,"
sagte der Vater nach beendeter Festmahlzeit,
als mit dem Gefühl der Sättigung ein ge-
wisses Wohlbehagen über ihn kam. Fritzl war,
wie immer, unartig und fragte urplötzlich, ob
denn der Osterhase gar keinen Kopf habe.

„Dummer Junge, natürlich! Der liegt mit
im Hasenklein."

Die Kinder suchten danach, und der Zwölf-
jährige meinte, das sei ein sehr alter Hase
gewesen, weil er sich die beiden Vorderzähne
schon abgenagt habe. Er verstand etwas von

Die teuren Ostereier

„Mama, hat der Osterhase dabei den Wieder-
beschafsungspreis eingerechnet?

der Sache; denn es waren ihnen im
Schulmuseum Schädelpräparate vor-
geführt worden.

Der Vater brummte: „überhaupt
braucht niemand zu wissen, daß wir
zu Ostern Hase gegessen haben, sonst
heißt's gleich wieder: Krausens geht's
zu wohl."

Es kam aber doch heraus, weil
bald darauf in der Nachbarschaft ein
sehr bekanntes nützliches Haustier
fehlte, das bei den Frühlingskonzer-
ten auf den Dächern schmerzlich ver-
mißt wurde. ^ A.v.

Politische Ehemoral

Das Zentrum wehrt sich mit Hän-
den und Füßen gegen die beabsich-
tigte Reform des Ehescheidungs-
rechts. Zwar werden die Ehen im
Himmel geschlossen, aber damit ist
nicht gesagt, daß die irdischen vor-
her gelöst werden dürfen. Die höhere
Moral fordert hier durchaus Festig-
keit und eine eherne Stabilisierung
der Liebe.

Beständigkeit ist das Charakteristi-
kum guter Eheleute — und darum
zeichnen sich auch die politischen Ehen
des Zentrums durch unwandelbare
Treue aus. Heut verlebt es rosige
Flitterwochen mit den Demokraten —
aus idealer Liebe; morgen schließt
es die Volksparteiler inbrünstig ans
Herz, weil die gemeinsamen Haus-
haltsinteressen es fordern, und über-
morgen kehrt es reumütig in die
geöffneten Arme seiner ältesten Ge
liebten, der deutschnationalen Tante
vom schwarzblauen Schnapsblock,
zurück - aus angeborener Seelen-
harmonie.

Nur auf den ersten Blick erscheint
der Wechsel inkonsequent. In Wahr
heit sehen wir hier die liebevolle
Moral auf ihrem höchsten Gipfel:
Trenne dich auf Zeit, wenn du es
nicht mehr aushalten kannst, aber
scheide nicht für immer. Verheirate
dich rechts und verheirate dich links,
aber laß dir stets ein Loch zur Rück
kehr offen. ^ __ p-

Der rasende Adolf

„Wenn die Regierung das Volk in einen Zustand na-
tionaler Raserei versetzen würde, würde England sich

mit Deutschland verbinden_Ich war kürzlich tnRord-

deütschland. Alles wartet auf mich." «Litler.)

Cuno, schmettre die Trompete,

Streif' die Ärmel hoch geschwind.

Zeig' die Muskeln als Athlete,

Wenn sie auch von Gummi sind.

Künd' mit schrecklicher Visage:

Alles setze sich in Rage!

Ging erst der Verstand zum Teufel,
Ist der Sieg auch schon gepflückt;
Denn Britannien ohne Zweifel
Wird sofort mit uns verrückt.

Gegen Frankreich ziehen forsch
Litler, Bonar Law und George.

Ach, der Cuno, dieser Rauke,

Kriegt ja keinen Sonnenstich.

Darum bummre ich die Pauke,

Ich, der Adolf fürchterlich!

Vorwärts! Lilles wartet schon.

(Ja. In Dalldorf, lieber Sohn!) Cec.
 
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