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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 5.1931

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Nr. 6 (8. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44978#0063
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W E L T K U N S T

3



und

be-

einige wenige frühe deut-
nennen, darunter eine schöne
ein

'cht bearbeitet oder in der Literatur berück-
lchtigt worden. Ein besonderes Interesse
^Winnen diese Zeichnungen dadurch, daß ein
g’ofser Teil gerade der kostbarsten Blätter
^°n Katharina II. schon 1768 und 1769 durch
r,en Ankauf der Sammlungen des Grafen
ruhl und der Sammlung Cobenzl erworben
i Urde, und Katharinas Nachfolger, Zar Paul I.,
?* noch im 18. Jahrhundert durch Zusammen-
‘ellung der umfänglichen Ankäufe der Zarin
j.a$ Handzeichnungs-Kabinett der Eremitage
11 Leningrad begründet.
■ Has Hauptgewicht dieser Zeichnungen liegt
)p französischen Blättern des
J?'.Jahrhunderts. Von den großen
p.c'istern ist Watteau mit einer entzückenden
ofel-Arabeske, von Hucquier gestochen,
p’d mit einer schönen Studie einer stehenden
9rne zu dem Potsdamer Bild „L’amour
aisible“ vertreten. Von Boucher gibt es eine
mnze Anzahl bedeutender, zum Teil farbiger
Jafter, und aus der berühmten Sammlung von
j.eiehnungen des Greuze, die nach dem
^!.lege aus der Akademie der bildenden
Unste an die Eremitage in Leningrad kamen,
'erden etwa 20 schöne Blätter zum Verkauf
aLstellt, die zum Teil publiziert waren,. Fra-
^aaard und Hubert Robert sind jeder mit
innreren Zeichnungen vertreten. Von Lancret
L .' es eine schöne Röfelstudie. Eine Selten-
l'''\ ist .ein datiertes und signiertes Blaff von
' l>. Moreau. Aus einem berühmten und sehr
I^Mührlich von Dimier und Moreau-Nelafon
v 'hren umfangreichen Werken publizierten
I He französischer Porträtzeichnungen des
p Jahrhunderts in der Eremitage sind ein
ußend feiner Blätter zum Verkauf frei-
e9eben worden, die z. T. dem Clouet sehr
„gestehen und an Qualität die hie und da
den Namen Dumoutier und Lagneau
^kommenden Blätter meist weit überragen.
I as Museum der bildenden Künste in Moskau
n f schöne niederländische Zeich-
r Un9en aus der Sammlung Massaloff bei-
^Meuerf. Die Universitäts-Sammlung in
Aarkow aus einem alten Legat der bekannten
arnmlung Alferoff 1872 wertvolle Blätter ver-
miedener Art. Von den anderen Künstler-
ölen sind
Blätter zu ..._,_
^Verzeichnung des Urs Graf
K'zzenblatt Hirschvogels, von dem nur
Zeichnungen bekannt sind, die sich
j. M alle in dem Museum in Budapest
Pden. Zu nennen wären noch zwei publi-
y’.’Je Zeichnungen des Rubens und mehrere
|e’chnungen von Rembrandt. Die italienische
..c"Ule ist eigentlich nur mit einigen, aller-
sehr schönen Zeichnungen des Giovanni
Ij^ttista und Domenico T i e p o 1 o vertreten,
ij'ter den etwa 250 Nummern dieses Kata-
^latf ^findet sich kaum ein qualitätloses
s; Zu diesen kostbaren Sammlungen gesellt
noch ein vierter kleiner Auktionskatalog
(j!* Originalzeichnungen und Ra-
ffungen der besten deutschen

Die Kokoschka-Ausstellung
in Mannheim

Die durch ihre vorbildlichen Ausstellungen
neuer Kunst rühmlichst bekannte Mannheimer
Kunsthalle hat sich durch diese, unter der
Leitung ihres Direktors Dr. Hartlaub zu-
sammengetragene Schau des „Gesammelten
Werks" von Kokoschka ein ganz besonderes

Verdienst erworben. Anfangs als eine der
heftigst umstrittenen und später als eine der
größten Künstlerpersönlichkeiten unserer Zeit
anerkannt, ist Kokoschka dem Namen nach
weithin bekannt. Sein Werk kennt man nur
aus Einzelstücken in Museen und Ausstellun-
gen, noch nie hat man Gelegenheit gehabt,
den Künstler in seiner ganzen Entwicklung
und vollen Ausdehnung zu begreifen. Diesem

Analytikers bis in die verborgensten Hinter-
gründe der Darstellungsgegenstände vor-
dringt, sie ist auch in der Ausbildung der
künstlerischen Mittel die Zeit vielfältigen
Suchens. „Die Frau mit großen Augen", das
„Bildnis einer Italienerin“ und nicht zuleist das
„Bildnis Forel“, jenes
erste Werk von Ko-
koschka aus dem Jahre
1908, das in Museums-
besiß (damals für
200 Kronen in die
Mannheimer Kunsthalle)
kam, sind Stenogramme
eines Psychologen,
Äußerungen einer an-
gespanntesten Geistig-
keit. Die geistige Durch-
dringung der Motive,
ausschließlich Bildnisse,
fast eine literarisch-
intellektuelle Zergliede-
rung, ist hier auf
die äußerste Spiße ge-
trieben, immer aber mit
einer unerhörten Mal-
technik im Bereich des
sinnlich Begreifbaren
gehalten. Gleichzeitig,
schon in dieser frühe-
sten Zeit, entstehen
Arbeiten, welche, wie
„Ritter, Tod und
Engel“ (1910), „Spie-
lende Kinder" (1909)
oder das Bildnis Dir-
stay“ in klaren, un-
gebrochenen Farben
eine unerhörte Kraft-
fülle des Malers auf-
zeigen. Sie zeichnen
den Weg vor, der
den sensiblen Psycho-
logen zu einer Ver-
bindung mit dem sin-
nenhaftenNaturerlebnis
führt. — Die Jahre 1914
bis 1918 sind hier durch
Arbeiten von fast ton.ig
spachtelnder Manier
vertreten, eine Periode vorläufigen Ab-
schlusses, die durch das Berliner Bild „Die
Freunde“, das „Selbstbildnis“ aus der Samm-
lung v. d. Heydt, das Bildnis der Fürstin
Lichnowsky und das „Liebespaar mit Kaße“
mit Werken von einer wundervollen Frühreife
aufgezeigt wird. Die Farbigkeit ist ruhig.
Fast ein trauriges, verhaltenes Ruhen ist es,
das in Einzelheiten die überlegene Reife des
Künstlers nur andeutet. Diese Arbeiten zählen


Willem van Mieris, Kniebild einer Dame
Portrait de dame — Portrait of a lady
Sign., dat. 1686 — Kat.-Nr. 247
Versteigerung — Vente — Sale:
Internationales Kunst- und Auktionshaus, Berlin, 24. Februar 1931

dieser unbändigen Temperamenisäußerungen.
Drei Bilder aus Schottland wieder, ent-
standen im Jahre 1929, zeigen eine dieser
Landschaft angepaßte, fast romantisch düstere
Farbe, die in den im gleichen Jahre entstan-
denen südlichen Landschaften „Konstanti-
nopel“ und „Pyramiden“ wieder zu leuchten-
den Farbenakkorden mit jener unerhört kulti-
vierten Bändigung sich belebt.
F. C. Valentien

Jakob 3mits

Gedächtnisausstellung
im Palais des Beaux-Arts, Brüssel
Jakob Smits wurde im Jahre 1856 zu Rottter-
dam als Sohn jüdischer Eltern geboren; und
etwas von der Tragik dieses Volkes mußte
auch er auf seine Schultern nehmen. Sein
ganzes Leben blieb er ein Grübler, unzufrie-
den und nie sich selbst genug, und er wäre
derselbe geblieben, hätte er den Talmud stu-


Zwei Stühle, weiß-gold. Signiert: Jacob
Paris, um 1770
Deux sifeges, dores. EstampilKs de Jacob. Paris
vers 1770
Two chairs, stamped Jacob. Paris about 1770
Kat.-Nr. 162
Versteigerung — Vente — Sale:
Internationales Kunst- und Auktionshaus
Berlin, 24. Februar 1931


Rosenholz-Kommode mit Marketerie. Signiert: F. L. — Frankreich, um 1750
Commode en bois de rosier avec de marqueterie. Estampillee: F. L. — France, vers 1750
Inlaid rose-wood commode. Stamped: F. L. — French, about 1750
Kat.-Nr. 164
Versteigerung — Vente — Sale:
Internationales Kunst- und Auktionshaus, Berlin, 24. Februar 1931

K ii
h„ n s 11 e r aus dem Anfang des 19. Jahr-
pßderts. Hervorzuheben ist unter den
e'ne fe*n zusammengestellte Menzel-
iw. Chodowiecki-Sammlung, die sich früher
s. ßesiß des bekannten großen Graphik-
s^'LJers Paul Davidsohn befand, eine Bürg-
^"Qft für ihre ausgewählte Qualität. Aus dem
q s’k des Erhard- und Klein-Biographen
Jahn stammen nicht nur zwei sehr voll-
n<Jige Werke der Radierungen dieser bei-
Itj/1 Künstler, sondern reichhaltige Samm-
dic9en ihrer Originalzeichnungen. Besonders
ltA, Sammlung der Erhard-Zeichnungen ent-
richt Wur|derschöne Blätter. Eine Ludwig
9Ust’*er-Sammlung besteht neben der Graphik
Vlt1' einem Dußend der feinsten Zeichnungen
^duarelle. Unter den anderen deutschen
X'ji'? ern sind ungewöhnliche Blätter von
'dm von Kobell, Veit, Schnorr u, a. zu
öen-
gPu-.le Kataloge sind für Mitte März an-
ekundigt.

lange empfundenen Bedürfnis kommt nun
diese großzügige Ausstellung von 90 Öl-
gemälden und 120 Zeichnungen und Aquarellen
auf das beste entgegen.
Die Problematik der allgemeinen Zeitein-
flüsse, die bei Kokoschka wohl eine äußerst
empfindliche Reaktion hervorrufen, wird durch
eine überlegene Färb- und Malkultur und mit
Hilfe einer bewunderungswürdigen Be-
herrschung der Technik über jegliche Frag-
würdigkeit hinausgehoben. Es ist immer wie-
der die überragende Persönlichkeit, frei von
Theorie oder Richtungsgebundenheit, die ohne
gewollte oder erzwungene Tendenz die ner-
vöse Vielfalt zu künstlerischer Einheit bindet.
Bei Kokoschka ist jeder Strich der unmittel-
bare Niederschlag eines Temperamentaus-
bruchs. Vielleicht ist er der leßte der von
Überlegung unabhängigen, nur eigengeseß-
lichen Künstler.
Die Frühzeit bis 1914 ist nicht nur geistig
die zerseßendste, die mit der Schärfe des


zu den bedeutendsten der ganzen Entwick-
lung. Sie sind die leßte Stufe vor einem fast
gewalttätigen Durchbruch der Nachkriegszeit
der mit leuchtender Farbigkeit in reiner
Fleckenwirkung einem sinnenhaften Natur-
erlebnis Ausdruck gibt. Die Landschaft und
das Gruppenbild überwiegen in dieser an
Nolde und Schmidt-Rottluff erinnernden Pro-
duktion. — Die Zeit um 1924 — 26 gilt einer
Verfeinerung des Details. Troß aller Kühnheit
der bewährten großen Form und der fast
brutalen Farben kündigen sich delikate
malerische Feinheiten an, wie etwa in der
„Genfer See“-Land-
schaft (1924) von Ulm
oder der „Tower¬
bridge", die der Kunst¬
halle in Hamburg ge¬
hört. Allmählich münden
diese Detailsfeinheifen
in eine flüssige, wie in
der Frühzeit oft zart
hingehauchte Malerei
der leßten Jahre. Visio¬
när geisterhafte Bilder,
wie etwa die „Kaße"
(1926), der „Mandrill",
zeigen Durchbrüche des
Psychologen, nervös
und aufregend troß
des sinnlichen Farben¬
rausches ihrer Darstel¬
lung. Die Grenzstücke
dieses Kampfes zweier
Gegensäße, Bilder, in
denen die Sinnenfreude
des Malers und die
nervöse Geistesschärfe
des Psychologen deut¬
lich überlagert sind,
stellen wahre Glanz¬
stücke dieser vielge¬
staltigen Entwicklung
dar. Mannheim besißf
aus dieser Periode den
„Kloveniersburgwall
Amsterdam“ (1925), in
Frankfurter Besiß befin¬
den sich zwei Blumen¬
stilleben und in Berliner
Privatbesiß die Land¬
schaft „Lyon", die alle
mit einer malerischen
Delikatesse ohneglei¬
chen eine künstlerisch
darum nicht weniger
heftige Erregbarkeit
zeigen. Die Verfeinerung der Palette und des
Strichs, die zeichnend und dünner werdende
Malerei, von 1928 an, wird zeitweise begleitet
von einer grenzenlosen Vitalität. Die Samm-
lung Nemes besißt mit den „Arabermädchen“
und dem „Marabout von Temacine“ Zeugen

dierf, oder, wie er es tat, die verschiedenen
Techniken der Malerei.
Seine ersten Studien machte er an der
Akademie von Rotterdam, im geistigen
Schatten Josef Israels, der damals der wider-
willig aufhorchenden Welt zu verkünden be-
gann, wer ein gewisser Rembrandt von Rhjin
eigentlich gewesen war. Smits saugte alle
diese Eindrücke in sich auf, die ihm der große
Leidener vermittelte; jeßt noch nicht, sondern
viele Jahre später, nach einer entbehrungs-

reichen Wanderschaft durch halb Europa,
sollten sie in seinen Werken widerhallen.
Weitgehende Zusammenhänge, die manche
Biographen zwischen ihm und dem großen
Holländer zu konstruieren versuchen, sind un-
(Fortseßung auf Seife 8)

Damenschreibtisch, Neuwied, um 1745
Bureau —- Writing-table
Roentgen-Werkstatt(?) — Atelier de Roentgen(?) — Roentgen studio(?)
Collection Frederick Rozendaal, Berlin — Kat. Nr. 572
Versteigerung — Vente — Sale:
A. Wertheim, Berlin, 4. und 5. März 1931
 
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