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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 5.1931

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Nr. 25 (21. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44978#0294
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2

DIE WELTKUNST

Jahrg. V, Nr. 25 vom 21. Juni 19fJ:

Werk des Giovanni Domenico Tiepolo
„Christus und die Ehebrecherin“, ist nicht in
Worten zu fassen.
Diese wenigen Erwähnungen' mögen die
Bedeutung einer Ausstellung bezeichnen, die

München, 18. Juni 1931
Der Versteigerung des Nachlasses Marczell
von Nemes durch das Konsortium der Firmen
F. Muller & Co., P. C a s s i r e r und
H. Helbing in München mußte unter den
augenblicklichen wirtschaftlichen Verhältnissen
mit allergrößter Spannung, gemischt mit einem
reichlichen Maße von Skepsis, entgegenge-
sehen werden. Und so waren denn auch die
Voraussagen und Vermutungen, die bis zum
Auktionsbeginn in den Kreisen des Kunst-
handels und Sammlertums eifrig diskutiert
wurden, von einer Uneinheitlichkeit wie noch
selten bei einem Auktionsereignis. Wenn man
nun das Ereignis der ersten drei Versteige-
rungstage übersieht, so darf man unter den
jeßigen Verhältnissen, in einem Augenblick, wo
auch der Verkauf eines Einzelwerks im freien
Handel nur unter großen Schwierigkeiten
möglich ist, das Resultat als ein überraschend
günstiges bezeichnen,. Daß die Menge des
hier angebotenen Materials, von verhältnis-
mäßig wenigen Stücken abgesehen, überhaupt
und teilweise zu recht beachtenswerten, wenn
auch nicht an Ergebnissen wie denen der
Auktionen Spirid'on oder Figdor zu messen-
den Preisen abgeseßf werden konnte, ohne
daß die versteigernden Firmen zu dem Mittel
der Verschleierungstaktik oder der Ver-
schleuderung greifen mußten, darf mit einiger
Zuversicht für die weitere Entwicklung des
Kunstmarkts erfüllen. Diese Tatsache beweist
auch wiederum die Zugkraft, die München
entgegen anderslautenden Prognosen noch
immer als Kunsthandelszentrum besißt. Ge-
wiß, selten wurde auf einer Auktion von
Seiten der Versteigerer wie der Käufer so
vorsichtig zu Werke gegangen, wurde jedes
Einzelstück so lange und behutsam „gewertet“
wie hier, so daß, bei der sich immerhin be-
merkbar machenden fehlenden Konkurrenz
für die größeren Wertobjekfe, von Sensa-
tionspreisen keine Rede sein konnte und das
Versteigerungstempo, zur Enttäuschung der
zahlreich anwesenden unbeteiligten Zu-

Inhalt Nr. 2 5
Alt, venezianische Meister (m. 3 Abb.)
Ausstellung bei Julius Böhler, München ... 1
Dr. W. R. D e us ch :
Die Versteigerung Nemes. . 2
Ernst Collin:
Die Weltschau, zur internationalen Buchkunst-
Ausstellung 1931, Paris. 9
Auktionsvorberichte (m. Abb.) . . . 4, 7
Auktionsnachberichte,
Sammlung Homberg . 4
Auktionskalender . 5
Preisberichte: Sammlung Nemes, I. Teil 6/7
Literatur — Die Kunst im Rund¬
funk . 7
Ausstellungen der Woche .... 7
Der Numismatiker:
Dr. A. Rossmann: Die Weltrevolution im
Geldwesen des Neuen Ostens (m. Abb.) . . 8
Dr. B. P e u s : Brakteaten (in. 2 Abb.) ... 8
Münzauktions-Vor- und Nachberichte .... 9
Ausstellungen:
Niederländische Landschaftsmalerei, P. de
Boer, Amsterdam . 9
Englische und französische Bilder, Galerie
Westfeld, Elberfeld (m. Abb.). 9
Rahmen, Karl Pfefferle, München. 9
'Nachrichten vonüberall.10
Unter Kollegen. 10

mif ebenso großem künstlerischen Qualitäts-
sinn wie wissenschaftlicher Beschlagenheit zu-
stande gebracht wurde und einen hohen Rang
in den Veranstaltungen des Münchener
Kunstsommers einnimmt. W. R. D.

schauer, ein ziemlich ruhiges und zurück-
haltendes war. Die Sauberkeit und Klarheit,
mit der die Auktion von den Herren Direktor
Men sing, Geheimrat Helbing, Dr.
Feilchenfeldi und Th. Neustätter
durchgeführt wurde, läßt ein gutes und ex-
aktes Bild der gegenwärtigen Lage auf dem
Kunstmarkf entstehen.
Der Massenandrang,
der an den leßten
Besichfigungstagen im
Hause des verstorbe¬
nen Sammlers herrsch¬
te, seßfe sich an den
Versfeigerungstagen
fort, so daß der statt-
liche Raum der Mün-
chener Tonhalle bis auf
den leßten Plaß von
einem prominenten und
gesellschaftlichen Publi-
kum gefüllt war. Man
traf unter den Mu-
seumsleuten beinahe
alle Vertreter der deut-
schen Sammlungen wie
Geheimrat Fried-
länder, Dornhöf-
fe r und Zimmer¬
mann, Direktor
D e m m 1 e r , Prof.
Waldmann, Direktor
Posse und Vertreter
aus Leipzig, Elberfeld,
Stuttgart, Wien u. a.
neben ausländischen
Museumsdirektoren,
wie Schmidt-De-
ge n e r (Amsterdam),
Martin (Haag), Pe-
tr o v i c s (Budapest),
Sir en (Stockholm),
Parsens (für Cleve¬
land und Kansas City,
U. S. A.), daneben be¬
kannte Sammler wie
A b e g g - Schweiz,
Reinhardt - Winter¬
thur, C a mb ö - Barce¬
lona, Feist- Berlin,
Lehman-New York,
Bondy- Wien, Baron
Herzog - Budapest,
ferner Gelehrte wie L.
Venturi, Longhi,
Gronau, Graul,
H e v e s y , Lugt u. a.
m. Neben dem voll-
zählig vertretenen Mün-
chener und den Spißen
des übrigen deutschen
Kunsthandels (u. a.
Haberstock, Dr.
P 1 i e t z s c h , Dr. Be-
nedict, Ball, Graupe, Hinri chsen,
Lindpaintner, ]. & S. Goldschmidt,
Rosenbaum, Heilbronner, Hacken-
broch, Abt) waren von ausländischen
Händlern erschienen der Direktor der New
Yorker American Art Association
Anderson Galleries, Mr. Davey von
Knoedler, Fischer-Luzern, Pollak-Rom,
L o e w i - Venedig, Hoogendijk- Amster-
dam, K 1 e i n b e r g e r - Paris, Lang ton
D o u g 1 a s-London, L e i t n e r-Wien u. v. a.,
— kurz, es herrschte das übliche, von großen

Auktionsereignissen bekannte Bild internatio-
naler Prominenz.
I. Tag
Der erste Tag war ausschließlich den Ge-
mälden vorbehalten. Die frühen Italiener
wurden glatt und zu durchaus normalen
Preisen aufgenommen: die Verkündigung von
Agnolo Gaddi (Nr. 1, 44 : 18,5 cm) zu 6000 M.,
— Nardo di Ciones Polyptychon (Nr. 2,
75 : 220 cm) zu 8000 M. (A. S. Brey), — Gio-
vanni del Biondös „Engel mit Heiligen“ (Nr. 5,
90 :54 cm) zu 6900 M., — die Kreuzigung von
Gerini (Nr. 7, 33 : 16,5 cm) zu 5300 M.
Der erste große Preis fiel auf die zauber-
haft schöne „Anbetung der Könige“ von Fra
Angelico (Nr. 10, 63 : 54 cm, Abb. in Nr. 23
der „Weltkunst“) für die Mensing jr. in aus-
ländischen Auftrage 100 000 M. bezahlte. —
Mit 98 000 M. blieb nur wenig dahinter zurück
die von uns in Nr. 21 als ein Frühwerk Botti-
cellis bestimmte, im Katalog Filippo Lippi ge-

nannte Madonna (Nr. 13, 87 :65 cm, Abb. in
Nr. 21), die von Jacgues Weil-München er-
worben wurde. Ein Vergleich mit den 250 000
Mark, die Nemes selbst auf der Versteigerung
Spiridon 1928 für dieses schöne Bild angelegt
hatte, zeigt am deutlichsten die heutigen
Möglichkeiten.
Hoogendijk bezahlte für Macchiavellis
Altartafel (Nr. 15, 241 :209 cm) 9500 M., —
Dr. Meller-München für die Madonnen des
Girolamo di Giovanni da Camerino (Nr. 16,
83 : 58 cm) und des Meisters der Madonna

Die Versteigerung Nemes

Von unserem nach München entsandten Redaktions-Mitglied


Pietro Longhi {?), Musikalische Unterhaltung
Entretien musical — Musical entertainement
Leinwand — toile — canvas, 51:34,3 cm — Kat. Nr. 29
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Altvenezianische Malerei
Julius Böhler, München

della Nativitä di Castello (Nr. 17, 70 : 49 cm’
. 10 000 und 16 000 M., — Kleinberger für Sell3''
jos Anbetung der Könige (Nr. 20, 90 : 170 cm'
28 000 M. Direktor Mensing nahm bei 208 000 M-
Bellinis Dogenbildnis zurück. Helbing erwarb
dagegen für einen amerikanischen Sammler
Tizians Gonzaga-Bildnis (Nr. 31, 132 : 96 cm,
Abb. in Nr. 20) für 91 000 M., während d,c
„Venus im Spiegel“ und die „Danae“ kein,e
Liebhaber fanden. Tinioret.tos eines Männer'
bildnis (Nr. 35, 115:93 cm) ging für 16 500 M-
in eine ungarische Privatsammlung, das an'
dere (Nr. 36, 120:102 cm) für 32 000 M. 311
Kleinberger. Sehr gut bewertet waren d;,e
Venezianer des 18. Jahrhunderts: Tiepolo5
Deckenenfwurf (Nr. 40, 71 :51 cm, Abb. 111
Nr. 21) stieg von 38 000 M. auf 57 000 M"
G. D. Tiepolos „Bes-senen-Heilung“ konnte
19 500 M., Guardis „Bankett“ (Nr. 43, 65 : 90 erm
Abb. in Nr. 18) 32 000 M. erzielen.
Vielleicht den einzigen wirklichen Sens3'
tionspreis hatte unter atemloser Spannunfl
des Publikums das Engelskonzerf von
Greco zu verzeichnen (Nr. 44, 108 : 200 cm,
Abb. in Nr. 17): es wurde von dem Museum 111
Athen für die Summe von 275 000 M. er'
worben!
Abgesehen von recht beachtlichen Preisen,
die für niederländische Kleinimeisfe1'
bezahlt wurden, brachte der Nachmittag einifle
hohe Ergebnisse: Rembrandts „Fabius MaX>'
mus“ (Nr. 58, 179 : 197 cm, Abb. in Nr. 22’-
desselben Meisters „Saskia“ (Nr. 59,
137:116 cm, Abb. in Nr. 19) und Frans Ha’s
Männerbildnis (Nr. 49, 84 :68 cm, Abb. ir!
Nr. 16) wurden in amerikanischem Auftrag b®1
335 000, 80 000 und 86 000 M. zugeschlagen. l*’r
die Landschaft von Ruisdael (Nr. 60,
138: 173 cm, Abb. in Nr. 23) konnten nur
16 000 M. erzielt werden, während die M3'
donna von Joos van Cleve (Nr. 65, 22,5 : 18 cm'
mit 22 000 M. (Dr. Hirsch-Genf), die Pieta vojj
Jan Provost (Nr. 69, 80 : 58 cm) sogar m11
27 500 M. (Schweizer Privatbesiß) bezahlt wiK'
den. Das riesenhafte Gemälde von Ruben5
(Nr. 70, 180 : 157 cm) brachte 31 000 M., Dürer5
Männerkopf (Nr. 73, 26 : 21 cm, Abb. in Nr. 21'
— in freier Preisentfaltung durch das Au5'
fuhrverbof behindert und. im Objekt wenifle'
ansprechend — nur 23 000 M., das Männer'
bildnis von Cranach (Nr. 72, 50 :36,5 cm, Abb'
in Nr. 24) 16 200 M.
Die modernen französischen
mälde und Zeichnungen verkauften sich rech
gut: Courbets Landschaft (Nr. 88, 73 : 92 cm,
mit 8600 M., Pissarros „Kai in Pontoise
(Nr. 90, 34 : 51 cm) mit 10 000 M., die großen
Zeichnungen von Degas zwischen 1100 nn
3800 M.
Das Gesamtergebnis des erste
Tages, mit annähernd 2 Millionen beziffer ’
beweist immerhin ein starkes Maß von Am'
nahmefähigkeit für eine Materie, die heute z,
den schwierigeren Handelsobjekten gerechte
werden darf.

II. T a g
Der zweite Tag brachte insofern eine dfff,
Überraschung, als sich herausstellte, y8'
hinter den alten Stoffen und T e x t i 111 e z
ein fester Kreis von Liebhabern aus Samml®^'
und Händlerkreisen steht, der imstande >se'
auch eine so umfangreiche Sammlung wie 31 f
Marczell von Nemes’, allerdings gegenüb®
den Gemälden ausgezeichnet durch gle*£\
bleibend hohe Qualität und einwandfreien j
haltungszustand, glatt aufzunehmen. So 3
dieser Tag gegenüber dem vorhergehende
ein bedeutend lebhafteres Bild, bei einzelne
Spißenstücken überflügelten sich in ras,
Folge die Angebote, an denen sich vor al’3
Bernheimer, Böhler und A. S. Drey-Münche/
Loewi-Venedig und Mr. Parsens, der amel
kanische Museumsvertreter, beteiligten. A3
Mr. Philip Lehman, dessen Sammlung zu 3e„
gepflegtesten und besten Kunsfbesißen Ne
Yorks gehört, soll einige Stücke erworbe
haben. n
Da es unmöglich ist, an Hand von bloß®
herausgegriffenen Zahlen ein Bild dm5
Tages zu entwerfen, und da wir außerdem 3

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